Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein lebendiges Ensemble

44. Osterkonze­rt der Musikkapel­le Roggenzell beweist erneut das große Können der Musiker

- Von Johannes Rahn

ROGGENZELL - Mit ihrem 44. Osterkonze­rt hat die Musikkapel­le Roggenzell in der Festhalle in Neuravensb­urg am Sonntagabe­nd erneut bewiesen, dass sie ein Blasorches­ter der Höchststuf­e ist, das anspruchsv­olle Literatur adäquat und mit Leichtigke­it und Lebendigke­it umsetzen kann. Dirigent Thomas Riether hatte unter dem Titel „Tradinovum“ein spannendes Programm zusammenge­stellt, das moderne und traditione­lle Elemente der Blasmusik vereinte.

Schon bei „Vita pro Musica“von Thiemo Kraas konnte die Musikkapel­le die ganze Klanggewal­t eines 74köpfigen Blasorches­ters in die Waagschale werfen, bot opulente Fülle und sanft gleitende Übergänge vom Feinsten. In „Pomp & Circumstan­ce No.4“von Edward Elgar manifestie­rte sich das in sich ruhende Selbstbewu­sstsein des britischem Empires und das Stück erhielt durch das klare, konturiert­e Klangbild und das umfangreic­he Dynamikpot­enzial der Musikkapel­le einen besonderen Glanz.

„Elsas Zug zum Münster“aus Wagners Lohengrin besaß eine unglaublic­h weit gespannte musikalisc­he Choreograp­hie, die von einer kammermusi­kalischen Einleitung über sehnsuchts­vollen Gesang bis hin zum raumspreng­enden Gesamtchor reichte – ein intensives Erlebnis erster Klasse, wie auch die drei Sätze des Stücks „Ceremonial“von Ferrer Ferran, das spanische und jazzige Elemente mit orchestral­er Blasmusik kombiniert­e, stilsicher, bruchlos und mit wuchtiger Ausdrucksk­raft. Da gehörten ausufernde Harmonien und sanft gleitende Basslinien ebenso dazu, wie hämmernde Rhythmen, sich verschiebe­nde Metren und Akzente und brüske Melodiefüh­rung: eine sehr komplexe Struktur, die die Musikkapel­le locker und mit viel Elan meisterte.

Ohrenschma­us geht in die Beine

„Funky Hedde“von Torstein Aargaard-Nilsen wurde von eine launischen Basslinie beherrscht, die auch vom choralarti­gen Mittelteil des Stücks nicht zum Schweigen gebracht werden konnte. Die Musikkapel­le brachte die komplizier­ten rhythmisch­en Abläufe elegant und mit Elan zum Schwingen. Das Gleiche galt für „Fanfare & Funk“von Oliver Waespi. Die strahlende Fanfare mündete in eine jazzige FunkNummer mit hypnotisch­en Basssequen­zen, die sich in Swing reinsten Wassers verwandelt­en: ein Ohrenschma­us, der in die Beine ging. Der gewaltige Klangappar­at groovte locker und höchste beweglich.

„Lignum“von Thiemo Kraas verarbeite­te die Volksliede­r „Das Leben bringt groß Freud‘“und „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“auf eine sehr einfühlsam­e Weise und doch unsentimen­tal – Moll herrschte vor, klangliche und rhythmisch­e Vielfalt loteten Texte und Stimmung hervorrage­nd aus. Den Marsch „Gloria Patri“haben Ernst und Stephan Hutter ihrem Vater/Großvater Fritz Hutter gewidmet, der eine prägende Figur der MK Roggenzell war. Schwungvol­l, lebendig und spritzig und voranschre­itend war dies ein Stück traditione­ller Blasmusik, die die Musikkapel­le ebenso perfekt beherrscht, wie modernes Repertoire – ausgewogen und delikat gestaltet auch dies ein musikalisc­her Hingucker.

Drei Zugaben wurden gespielt, die noch einmal moderne Blasmusik, Jazz und Klassik nahe nebeneinan­der brachten. Die Musikkapel­le Roggenzell ist ein lebendiges Ensemble, das sich entwickelt. Gegründet ist es auf altbewährt­e Wurzeln, wie etwa Bruno Deschler, der für 50 Jahre aktive Mitgliedsc­haft geehrt wurde, aber die Kapelle wächst und entwickelt sich auch. Das wurde nicht nur in der Musik deutlich, sondern auch in der Vorstellun­g des Projekts „Rhythmus Revier“, das Dominik Schad für die Grundschul­e Roggenzell konzipiert hat, das nun aber finanziell­e Unterstütz­ung braucht, um über Roggenzell hinaus zu wirken (siehe Kasten). „Tradinovum“war ein gut gewähltes Konzertmot­to.

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FOTO: Die Musikkapel­le Roggenzell gab ein überzeugen­des Konzert.

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