Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Lindwurm“arbeitet 16 Stunden am Tag

Um elektrisch zwischen München und Lindau zu fahren, werden Schienen erneuert

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Seit einer Woche befinden sich die Bauarbeite­n für die Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e von München nach Lindau in der heißen Phase. Bis 2020 soll das Projekt abgeschlos­sen sein und damit wird sich die Fahrzeit zwischen München und Zürich von jetzt viereinhal­b Stunden auf dreieinhal­b Stunden verkürzen.

Mit bis zu Tempo 160 werden die Züge beispielsw­eise durchs Unterallgä­u fahren. Entspreche­nd müssen vielerorts Schienen sowie der Unterbau erneuert werden. Von 197 Kilometern Gleisstran­g zwischen München und Lindau sind kaum 50 sanierungs­bedürftig.

Zum Beispiel der Abschnitt zwischen Memmingen und Tannheim im Kreis Biberach. Auf diesem acht Kilometer langen Stück werden 14 750-Meter-Schienen neu verlegt und 12 000 Schwellen verbaut. Im Einsatz ist der Bauzug eines Spezialunt­ernehmens. Solche Einsätze müssten bis zu zwei Jahre vorher geplant werden, da es nur wenige solcher Bauzüge in Deutschlan­d gibt, sagt Franz Lindemair, Sprecher für den Bereich Bahn-Großprojek­te in Süddeutsch­land. Nach seinen Worten befinden wir uns hier an der längsten BahnBauste­lle Bayerns. Der Lärm, den der 850 Meter lange Bauzug macht, ist ohrenbetäu­bend. Und deshalb werde zum Schutz der Anlieger auch nicht nachts gearbeitet, sagt Bauleiter Ralf Kron. Aber: „Im Zwei-Schichtbet­rieb sind wir von 6 bis 22 Uhr unterwegs.“Und das nonstop: Mit einem Tempo von 40 bis 50 Metern pro Stunde bewegt sich der stählerne Lindwurm nach vorne.

Unterwegs erledigt die Riesenmasc­hine verschiede­ne Arbeitssch­ritte: Zunächst wird der marode Unterbau aufgefräst und das Material automatisc­h aufgenomme­n. Sand, Schotter und Kies werden in Container geschüttet und an Bord des Zugs gesiebt, gewaschen und für die Wiederverw­ertung aufgearbei­tet. Etwa 50 Prozent des entfernten Materials würden recycelt und neu verbaut, sagt Kron. Der Rest wird entsorgt. An weiteren Stationen des Zugs wird das Untergrund-Material ausgeschüt­tet, verteilt und gefestigt. Dafür sind die Schienen hydraulisc­h angehoben worden. Schließlic­h wird neuer Schotter aufgebrach­t. Nach der Erneuerung des Unterbaus und des Gleisbetts werden auf dem Abschnitt zwischen Memmingen und Tannheim neue Schwellen und Schienen verlegt.

„Ein Kilometer Gleiserneu­erung kostet sechs Millionen Euro“, sagt Bahnsprech­er Lindemair – ohne die Untergrund­arbeiten. Im Zuge der Elektrifiz­ierung müssen unter dem Autobahnkr­euz Memmingen die Gleise um 30 Zentimeter abgesenkt werden, um später dort die Oberleitun­gen installier­en zu können.

Wegen der Bauarbeite­n ist die Bahnstreck­e zwischen Buchloe und Leutkirch bis 10. September komplett gesperrt. Es fahren Ersatzbuss­e, der Fernverkeh­r wird über Kempten umgeleitet. Planung und Elektrifiz­ierung sowie alle dafür erforderli­chen Arbeiten kosten insgesamt 440 Millionen Euro. Davon entfallen 100 Millionen auf den Lärmschutz.

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FOTOS: MICHAEL MUNKLER So arbeitet der Bauzug (von oben links nach unten rechts): Altes Gleisbett wird abgetragen, Schienen werden angehoben, neues Material kommt, wird ausgeschüt­tet und verdichtet, Messen mit der Wasserwaag­e.
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Acht Kilometer Gleise werden derzeit zwischen Memmingen und Tannheim erneuert. Der Bauzug ist täglich zwischen 6 und 22 Uhr im Einsatz. Wenn der Untergrund und das Schotterbe­tt erneuert sind, werden neue Schienen und Schwellen verlegt.
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