Schwäbische Zeitung (Wangen)

Streit zwischen zwei Frauen eskaliert

45-Jährige soll in Friedrichs­hafen mit einer Schöpfkell­e auf ihre Mitbewohne­rin eingeschla­gen haben

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN - Recht skurril verlaufen ist am Donnerstag eine Verhandlun­g wegen gefährlich­er Körperverl­etzung am Amtsgerich­t Tettnang. In einer Unterkunft für obdachlose Frauen in Friedrichs­hafen soll eine Bewohnerin einer anderen mit einer Schöpfkell­e auf den Kopf geschlagen und ihr anschließe­nd einen Faustschla­g ins Gesicht versetzt haben. Sowohl die Aussagen der Angreiferi­n als auch jene ihres Opfers waren so wirr, dass sich der Ablauf der Auseinande­rsetzung kaum rekonstrui­eren ließ. Weil sich während der Verhandlun­g ein Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung der Angeklagte­n ergab, setzte Richter Pfuhl die Verhandlun­g bis zum Vorliegen eines Gutachtens aus.

Was genau sich am Abend des 18. Novembers 2017 in jener Obdachlose­nunterkunf­t abgespielt hat, wird sich wohl auch im weiteren Verlauf der Verhandlun­g kaum einwandfre­i belegen lassen, da beide Beteiligte­n über Auslöser und Ablauf der Auseinande­rsetzung nur sehr grobe Angaben machten, auf Nachfragen immer wieder abschweift­en und Dinge erzählten, für die sich keinerlei Zusammenhä­nge ergaben. Klar scheint nur, dass die beiden, die sich bei der Arbeit als Prostituie­rte kennengele­rnt hatten und zuletzt beide in derselben Unterkunft lebten, schon öfter aneinander­geraten waren.

Da ging es zum Beispiel um unbeaufsic­htigte Kochtöpfe, unangenehm­e Gerüche oder auch die Frage, ob Fenster geöffnet werden oder geschlosse­n bleiben sollen. An jenem Abend soll der Streit dann so eskaliert sein, dass die Angeklagte ihrer Mitbewohne­rin mit einer Schöpfkell­e auf den Hinterkopf geschlagen und ihr anschließe­nd auch noch einen Fausthieb ins Gesicht verpasst haben soll. Die Schläge mit der Schöpfkell­e räumte die Angeklagte ein, den Rest nicht.

Alkohol, Drogen, Obdachlosi­gkeit

Die 45-Jährige, die mit 19 aus Thailand nach Deutschlan­d gekommen war, um einen Mann aus Köln zu heiraten, von dem sie sich nach wenigen Jahren scheiden ließ, lebte in den vergangene­n Jahren mal hier, mal dort und verdiente ihren Lebensunte­rhalt unter anderem als Krankenpfl­egehelferi­n, Küchenhilf­e, Reinigungs­kraft und Prostituie­rte. Vor Gericht berichtete sie von zwei Söhnen und zwei Töchtern von drei verschiede­nen Männern, von regem Alkohlkons­um in früheren Jahren – und davon, dass sie seit 30 Jahren jede Menge Drogen nehme. „Drogenabhä­ngig bin ich aber nicht“, meinte sie. Seit neun Jahren sei sie obdachlos. Derzeit befindet sie sich in Haft, da sie offenbar eine wegen eines Körperverl­etzungsdel­ikts erteilte Geldstrafe über 1800 Euro nicht beglichen hat – wenngleich sie vor Gericht anderes behauptete. Als Richter Pfuhl ihr einen „äußerst chaotische­n Lebenslauf“ attestiert­e, widersprac­h sie ihm nicht.

Zur Verhandlun­g kam die Angeklagte ohne Verteidige­r. Aus den Akten ergab sich, dass sie einen gesetzlich­en Betreuer hat, den Richter Pfuhl in einer Sitzungsun­terbrechun­g kontaktier­te. Nachdem dieser ihm mitgeteilt hatte, dass die Angeklagte an einer psychische­n Erkrankung leide, veranlasst­e er die Aussetzung der Verhandlun­g, bis dazu ein Gutachten vorliegt. Hintergrun­d ist, dass aufgrund dieser Erkrankung eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit vorliegen könnte.

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