Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ein Veto wäre eine schlechte Option“

-

BERLIN - Alexander Graf Lambsdorff, stellvertr­etender Vorsitzend­er der FDP-Bundestags­fraktion für Internatio­nale

Politik, sieht die Bundesregi­erung in einem Dilemma. Für die Menschen in Katalonien, sagt Graf Lambsdorff im Gespräch mit Andreas Herholz, sei Deutschlan­d jetzt Partei, nachdem die Generalsta­atsanwalts­chaft Schleswig-Holstein den katalanisc­hen Separatist­enführer Carles Puigdemont ausliefern will.

Die Generalsta­atsanwalts­chaft Schleswig-Holstein will Carles Puigdemont an Spanien ausliefern. Ist damit für Sie in dem Fall eine klare Vorentsche­idung gefallen?

Die Voraussetz­ungen des Europäisch­en Haftbefehl­s sind erfüllt, die Verhaftung war daher rechtlich einwandfre­i. Ob das aber auch für die Auslieferu­ng gilt, muss jetzt das Gericht entscheide­n. Die Staatsanwa­ltschaft jedenfalls ist dieser Auffassung. Es spricht also einiges dafür.

Bringt das die Bundesregi­erung nicht in ein politische­s Dilemma?

Doch, denn für die Menschen in Katalonien ist Deutschlan­d jetzt Partei. Sie nehmen die Lage so wahr, dass Deutschlan­d in ihrem Kampf um die Unabhängig­keit nicht auf ihrer Seite steht. Direkt nach der Inhaftieru­ng Puigdemont­s in Deutschlan­d sind dort ja Zehntausen­de auf die Straße gegangen und haben demonstrie­rt, auch vor dem deutschen Generalkon­sulat in Barcelona.

In Spanien drohen Puigdemont 30 Jahre Haft. Könnte die Bundesregi­erung nicht doch mit einem Veto eingreifen und die Auslieferu­ng verhindern?

Das ist ja genau das Dilemma: Ein Veto der Bundesregi­erung würde die spanische Regierung in Madrid massiv vor den Kopf stoßen. Das wäre eine direkte Konfrontat­ion mit einem ganz besonders eng befreundet­en Land, einem Freund und Partner. Ein Veto wäre also eine ganz schlechte Option, noch schlechter als eine Auslieferu­ng.

Es gibt aber Zweifel daran, dass die Straftatbe­stände wie Rebellion und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder hier erfüllt sind …

Das Wesen des Europäisch­en Haftbefehl­s ist ja, dass er auf dem Vertrauen der EU-Mitglieder zueinander beruht. Das hat sich in vielen Tausend Fällen normaler Strafverfo­lgung auch bestens bewährt. Die Lage ist in diesem Fall durch die politische Dimension allerdings ganz anders. Ob Hochverrat nach Paragraph 81 unseres Strafgeset­zbuches dem Straftatbe­stand der Rebellion in Spanien ähnelt, muss das Oberlandes­gericht beurteilen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany