„Viele würden Abkehr von G8 gerne sehen“
Michael Roth, Schulleiter am Rupert-Neß-Gymnasium, spricht über seine Erfahrungen mit dem Abitur nach acht und neun Jahren
WANGEN - Die Debatte um das achtjährige Gymnasium entflammt neu – auch und gerade in der Region. Auslöser ist die landesweit angelegte Initiative „G9 jetzt! BW“, in der Corinna Fellner aus Amtzell maßgeblich mitarbeitet. Ende März haben sie und ihre Mitstreiter eine OnlinePetition ins Leben gerufen mit dem Ziel, G8 auch in Baden-Württemberg wieder abzuschaffen. Michael Roth, Schulleiter am Rupert-Neß-Gymnasium, beantwortet Fragen von SZ-Redakteur Bernd Treffler zur Situation vor Ort.
Demnächst macht schon der siebte Jahrgang des achtjährigen Gymnasiums sein Abitur. Sie haben als Lehrer und Schulleiter beides erlebt, G8 und G9. Was sind die Hauptunterschiede, zum Beispiel bezüglich des Lehrplans, der Stunden und anderem?
Damit das Abitur nach acht Jahren abgelegt werden kann, mussten Bildungsinhalte gestrichen werden. Da nicht Inhalte eines ganzen Schuljahrs weichen konnten, bedeutet dies eine größere Wochenstundenzahl für die Schülerinnen und Schüler.
Gibt es am RNG einen Vergleich zwischen den Abi-Schnitten in sechs Jahren G8 und den sechs Jahren G9 davor?
Wenn wir die Abiturschnitte betrachten, liegen wir konstant zwischen 2,2 und 2,4 was den Gesamtschnitt anbelangt. Da hat sich im Vergleich zu G9 nichts geändert. Auch die Absolventen mit Traumschnitt 1,0 gibt es noch.
In welcher Klassenstufe ist quantitativ die Belastung in puncto Wochenstunden/Nachmittagsunterricht am RNG am größten?
In Klasse 10. Das liegt daran, dass wir unseren Schülern in der letzten Klasse vor der Kursstufe (11. und 12. Klasse) Unterricht in allen Fächern geben wollen. Da danach durch Fächerwahlen Schwerpunkte gesetzt werden müssen, ist es wichtig, dass die Schüler wissen, wofür sie sich entscheiden.
Wie soll die höhere Belastung des G8 gegenüber G9 am RNG kompensiert werden? Stichwort Förderstunden beziegungsweise Poolstunden...
Das Kultusministerium hat durch die Einführung von Poolstunden versucht, den Gymnasien ein Instrument zur differenzierten und auch individuellen Förderung an die Hand zu geben. Poolstunden sind meist nicht für die ganze Klasse vorgesehen, so dass in kleineren Gruppen gelernt aber auch intensiver gefördert werden kann.
Die Übertrittsquote zu den beruflichen Gymnasien nach Klasse 9 (G8) beziehungsweise 10 (G9) ist am RNG mit insgesamt 20 Prozent vergleichsweise hoch. Was sind die Gründe hierfür? Ist das nur ein Wangener Standort-Problem, und wie wirkt sich dies auf den RNGSchulbetrieb aus?
Berufliche Gymnasien sind eine wichtige Säule unseres Bildungssystems. Schüler mit mittlerer Reife haben durch sie die Möglichkeit, die allgemeine Hochschulreife zu erreichen. Und Schüler, die sich für das entsprechende Profil, zum Beispiel Wirtschaft oder Technik in Wangen, interessieren, sind gut beraten, dorthin zu wechseln. Leider gehen aufgrund der räumlichen Nähe auch andere. Sie versprechen sich oft einen leichteren Weg zum Abitur.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie als Schulleiter zum Thema G8/G9, kommt von Schülern oder Eltern(vertretern) regelmäßig oder eher selten Kritik – positiv wie negativ?
Ich wurde schon gefragt, wann das RNG endlich wieder G9 einführt (lacht). Aber ich bin nicht die Kultusministerin. In der Tat würden viele eine Abkehr vom G8 gerne sehen.
Wie stehen Sie persönlich zum achtjährigen Gymnasium?
Meine Position ist klar: Wir haben G8 und wir müssen versuchen, unsere Schülerinnen und Schüler in diesem System so erfolgreich wie möglich zum Abitur zu führen. Das Kultusministerium gibt den Rahmen vor und innerhalb diesem geben wir unser Bestes.
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