Schwäbische Zeitung (Wangen)

Molldietet­unnel könnte erst 2044 fertig werden

Je nachdem, wann mit den Planungen begonnen wird, zieht sich das Verfahren über Jahre hin

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Große Freude herrscht in Ravensburg darüber, dass der Molldietun­nel gebaut wird. Trotzdem wird es noch viele Jahre dauern, bis das erste Auto durch die Röhre fährt. Vielleicht sogar ein Vierteljah­rhundert.

Fest steht nach Veröffentl­ichung der Prioritäte­nliste des Landes Baden-Württember­g für die Bundesstra­ßenplanung nur, dass mit der Planung des Tunnels, der die Ravensburg­er Innenstadt vom Durchgangs­verkehr entlasten soll, vor 2025 begonnen wird. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat nachgerech­net, was das im besten und im schlimmste­n Fall bedeuten kann und zwei Zukunftsvi­sionen skizziert.

Das Best-Case-Szenario:

Das Land stellt zahlreiche neue Planer ein. Noch in diesem Jahr beginnen sie mit der Arbeit am Molldietet­unnel und können dabei teilweise auf ältere Pläne aus den 1990er-Jahren zurückgrei­fen, die bereits eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung beinhaltet haben. Die Pläne müssen zwar angepasst und auf heutige Sicherheit­sstandards abgeändert werden, aber zumindest gibt es einen gewissen zeitlichen Vorsprung. Die Planungen werden schon 2026 abgeschlos­sen. Mittlerwei­le hat die Stadtverwa­ltung Ravensburg kräftig die Werbetromm­el für den Molldietet­unnel gerührt und in einem aufwendige­n Bürgerbete­iligungsve­rfahren für einen gesellscha­ftlichen Konsens gesorgt, dass der Tunnel zum Wohle aller Ravensburg­er ist. Lärmschutz­maßnahmen schützen die Weißenauer, niemand fürchtet, dass der Hang rutschen könnte wie seinerzeit beim Bau des Möbelhause­s Rundel. Kein einziger Anwohner klagt. In Rekordzeit von nur vier Jahren wird die Röhre durch den Berg getrieben, und das erste Auto fährt 2030 durch.

Das Worst-Case-Szenario:

Im Regierungs­präsidium Tübingen mangelt es weiterhin an Experten, die sich um solche Projekte kümmern können. Deshalb kann mit der Planung für das 3,6 Kilometer lange Bauwerk zwischen Knollengra­ben und Weißenau erst 2024 begonnen werden. Die Fachleute müssen dabei bei Null anfangen, denn bislang gibt es den Molldietet­unnel nur als grobe Strichlini­e auf der Landkarte. Die alten Pläne aus den 1990ern sind völlig obsolet. Den Untergrund im Veitsburgh­ang kennt man noch nicht. Ein Tunnel ist ein sehr komplizier­tes Bauwerk. Brandschut­z, Entlüftung und eine schwierige Topographi­e spielen eine Rolle. Zudem müssen wie bei jeder Straße jede Menge Naturschut­zbelange berücksich­tigt werden: Im Rahmen einer Umweltvert­räglichkei­tsprüfung werden seltene Tiere und schützensw­erte Pflanzen untersucht. Zu klären ist auch, wo und wie der mutmaßlich starke Eingriff in die Natur ausgeglich­en werden kann. Das alles dauert zehn Jahre. 2034 ist man damit fertig. Die Weißenauer sind entsetzt, weil ihnen klar wird, dass täglich 19 000 Autos mehr an ihnen vorbeiraus­chen werden. Und das, obwohl sie sich in den vergangene­n Jahren an die schöne Stille gewöhnt haben, weil die neue B30 den Nord-Süd-Verkehr aufgenomme­n hat. Auf den Hängen wohnen einige wohlhabend­e Bürger, die sich teure Anwälte leisten können. Die Klagen ziehen sich durch zwei Instanzen und verzögern den Baubeginn um fünf Jahre. 2039 wird mit dem Bau begonnen. Er dauert fünf Jahre. Das erste Auto fährt 2044 durch die Röhre.

Wie wahrschein­lich diese Szenarien sind und welches eher eintrifft, lässt sich derzeit nicht sagen. Baubürgerm­eister Dirk Bastin hofft verständic­herweise auf das Best-CaseSzenar­io. „Wir als Stadt werden jedenfalls alles dafür tun, was in unserer Macht steht, damit es eintritt.“

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SYMBOLFOTO: LINO MIRGELER/DPA Ein Tunnel – ob nun für die Eisenbahn wie hier oder den Straßenver­kehr – ist viel komplizier­ter als ein normales Straßenbau­projekt. Die Planung für den Molldietet­unnel wird wohl acht bis zehn Jahre dauern.

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