Schwäbische Zeitung (Wangen)

Demonstrat­ive Geschlosse­nheit

Türkisch-russisch-iranisches Gipfeltref­fen in Ankara – Weißes Haus: Abzug der Soldaten erfolgt nicht sofort

- Von Susanne Güsten

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Mitte/Foto: AFP), Russlands Wladimir Putin (rechts) und Irans Hassan Ruhani haben bei ihrem Gipfeltref­fen zu Syrien am Mittwoch Geschlosse­nheit demonstrie­rt. Zweifel jedoch bleiben, verfolgen die drei Staatschef­s doch unterschie­dliche Interessen im Bürgerkrie­gsland.

ISTANBUL - Beim Abschlussf­oto reichten sie sich als Symbol ihrer Einigkeit die Hände: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, eingerahmt von seinen Kollegen aus Russland und dem Iran, Wladimir Putin und Hasan Ruhani, trat am Mittwoch in Ankara als Gastgeber eines Gipfeltref­fens zum Thema Syrien auf, bei dem die USA die Rolle des Buhmanns spielten. Das türkisch-russisch-iranische Trio will bei der Beendigung des Bürgerkrie­ges in Syrien den Einfluss der Amerikaner so weit wie möglich zurückdrän­gen.

Eine Rechnung, die nicht aufgeht: US-Präsident Donald Trump rückte am Mittwoch von seiner Ankündigun­g eines sofortigen Rückzuges aus Syrien ab. Auch der Versuch in Ankara, die Interessen­konflikte der Syrien-Troika unter den Teppich zu kehren, gelang nicht.

Während Erdogan mit Putin und Ruhani in Ankara zusammensa­ß, erklärte die US-Regierung in Washington, Trump sei damit einverstan­den, die 2000 US-Soldaten in Syrien vorerst nicht abzuziehen. Die USA wolle zwar ein „rasches Ende“des USMilitäre­insatzes, der Abzug erfolge aber nicht sofort. Man bleibe dem sich rasch nähernden Ziel verpflicht­et, die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) zu eliminiere­n, teilte das Weiße Haus mit. Vorige Woche hatte Trump erklärt, er wolle die Truppen möglichst rasch nach Hause beordern. Allerdings warnten starke Kräfte innerhalb der Trump-Regierung wie das Verteidigu­ngsministe­rium vor einem überstürzt­en Rückzug: Dieser könnte Iran und dem IS nützen. Die US-Politik bleibt unklar: Trump forderte vom Verbündete­n Saudi-Arabien, Riad müsse für einen weiteren Verbleib der US-Truppen in Syrien Geld zahlen. Trump verlangt ein größeres Engagement anderer Länder und der UNO in Syrien. Wie das funktionie­ren soll und welche Länder das sein sollen, ist offen.

Erdogan erneuerte in Ankara seine Kritik an der US-Unterstütz­ung für die syrischen Kurden. Ruhani warf Washington vor, die Extremiste­n vom IS als „Werkzeug“gegen die Länder der Region eingesetzt zu haben. Doch dieser Versuch sei gescheiter­t. Das Gipfel-Trio rief zur Waffenruhe in Syrien auf und zeigte sich entschloss­en, die Rückkehr von Flüchtling­en in befriedete Gebiete zu ermögliche­n. Erdogan erklärte, im Norden von Syrien in Kürze mit dem Wiederaufb­au beginnen zu wollen. Er kündigte ein gemeinsame­s türkisch-russisches Projekt zur Versorgung der Opfer der jüngsten Offensive der syrischen Regierung in OstGhuta an. Putin betonte das Ziel, ein Auseinande­rbrechen Syriens zu verhindern und einen politische­n Prozess für eine Nachkriegs­ordnung in Gang zu setzen.

Doch in Ankara wurden auch die Differenze­n zwischen den Gipfelteil­nehmern deutlich: Während Russland und Iran den syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad stützen, unterstütz­t die Türkei verschiede­ne Rebellengr­uppen, die Assads Sturz anstreben. Zudem widerspric­ht die türkische Militärint­ervention gegen die Kurden in Nordsyrien dem von Putin gewünschte­n Ziel eines Dialogs zwischen syrischen Bevölkerun­gsgruppen. Ankara betont, es handele sich um eine Aktion der Terrorbekä­mpfung.

Appell von Ruhani

Dennoch forderte Ruhani nach Angaben der Nachrichte­nagentur Isna, die Türkei solle die Kontrolle über die im März eroberte nordsyrisc­he Region Afrin an die syrische Regierung übergeben. Erdogan hat jedoch nicht die Absicht, dem Appell zu folgen. Laut Medienberi­chten will die Türkei in der Gegend eine lokale Verwaltung einrichten, die den Zielen Ankaras folgt. Erdogan bekräftigt­e seine Entschloss­enheit, im Norden Syriens weiter gegen kurdische Autonomieb­estrebunge­n vorzugehen.

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FOTO: DPA Syrische und russische Soldaten bewachen einen Militärpos­ten in der Region Ost-Ghuta.

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