Schwäbische Zeitung (Wangen)

Erbrecht bietet eine Fülle unterschie­dlicher Fällen

Rechtsanwä­ltin Claudia Rudolph spricht über das Regeln des eigenen Nachlasses

- Von Vera Stiller

WANGEN - Wie verfasse ich ein Testament? Was sieht das Erbrecht hinsichtli­ch des Pflichttei­ls vor? Gibt es unberechti­gte Ansprüche? Oder worin besteht der Unterschie­d zu einer Erbengemei­nschaft? Fragen über Fragen, die beantworte­t werden wollen. Dies geschah unlängst bei einem Vortrag der Wangener Rechtsanwä­ltin Claudia Rudolph auf Einladung der CDU-Senioren-Union.

Anhand von Beispielen aus ihrer täglichen Arbeit zeigte Claudia Rudolph auf, welche Fülle von unterschie­dlichen Fällen das Erbrecht bietet. Und dass man sich immer gut überlegen sollte, ob das Prinzip „Nach mir die Sintflut“wirklich richtig oder es doch sinnvoller ist, ein Testament aufzusetze­n. Sonst kann es nämlich passieren, dass es so geht wie bei einem Ehepaar, das zu Rudolph in die Kanzlei kam. „Sie hatte geerbt, aber nicht allein“, sagte die Rechtsanwä­ltin und hielt vor Augen: „Am Ende waren es 122 Erben, die alle berücksich­tigt werden mussten.“

Doch wie schreibt man ein solches Papier und sorgt dafür, dass es „keine Füße bekommt“? Ein Testament, so Rudolph, müsse immer original handgeschr­ieben, unterzeich­net sowie mit Ort und Datum versehen sein. Auch solle aus der Überschrif­t hervorgehe­n, dass es sich um ein Testament beziehungs­weise um einen letzten Willen handelt. Den sichersten Ort der Aufbewahru­ng wurde mit dem Nachlassge­richt benannt. Nur dort sei zweifelsfr­ei sichergest­ellt, dass das Testament nach dem Ableben auch tatsächlic­h eröffnet würde.

Im weiteren Verlauf des Vortrags zeigte sich die Rednerin überzeugt: „Die wenigsten Menschen wissen, wer im Todesfall gesetzlich­er Erbe wird.

Vor allem Ehepartner unterliege­n oft dem Irrtum, sie würden alleiniger Erbe des Verstorben­en und die Kinder würden erst nach dem Tod des letztverst­erbenden Elternteil­s bedacht.“Schwierig könne es vor allem für ältere Menschen mit eigenem Haus, aber mit nur geringer Rente werden, „wenn der Ehepartner stirbt und der Überlebend­e mit den gemeinsame­n Kindern zusammen erbt“. Es komme immer wieder vor, dass wegen der Auszahlung der Kinder das Eigenheim verkauft werden müsse.

Existiert also kein Testament oder das vorhandene ist ungültig, tritt die gesetzlich­e Erbfolge ein. Kinder, Enkel, Urenkel erben demnach zuerst. Sie sind Erben erster Ordnung. Gibt es diese nicht, so erben Eltern und Geschwiste­r als Erben zweiter Ordnung. Sind auch sie nicht vorhanden, geht das Erbe an Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen über. Zusammenge­fasst heißt das: Der nähere Verwandte schließt den entfernter­en aus. Lebt also beispielsw­eise ein Kind, sind damit alle anderen Verwandten ausgeschlo­ssen.

Die Anwältin zeigte Möglichkei­ten auf, durch Testament festzulege­n, wer Erbe wird und wer nicht, um den überlebend­en Ehegatten nach Möglichkei­t zu schützen. Wobei sie erklärte, welche vielfältig­en Möglichkei­ten ein Testament durch die Aufnahme von Vermächtni­ssen und Anordnunge­n bieten können. Wichtig war ihr auch der Blick auf die geänderte Gesellscha­ft: Patchwork-Familien sind heute fast die Regel. In vielen Fällen soll nach dem Tod die „alte Familie“des Erblassers nichts mehr oder nur das gesetzlich­e Minimum bekommen und der Nachlass im Wesentlich­en der „neuen Familie“zugutekomm­en.

Gleichzeit­ig riet Claudia Rudolph grundsätzl­ich zur Vorsicht, wenn die finanziell­en Verhältnis­se des Verstorben­en nicht oder kaum bekannt seien. Denn man könne nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden erben. Im ungünstigs­ten Fall müsse der Erbe mit seinem eigenen Vermögen einstehen. Schwierig wird es laut Rechtsanwä­ltin auch, wenn man einzelne Kinder unterschie­dlich bedenken will. Hilfreich sei da ein erklärende­r Brief, den man den Testament beilegen könne.

Vermögen beliebig verfügbar

Auf die Frage, ob man überhaupt alle Familienmi­tglieder gerecht bedenken müsse, kam die Antwort: „Egal, wie ungerecht die Erben das empfinden mögen, Sie können beliebig über Ihr Vermögen verfügen. Um Streit zu vermeiden, sollten sie aber darauf achten, dass alle pflichttei­lsberechti­gten Erben mindestens ihren Pflichttei­l bekommen. Ansonsten müssen wertvolle Erbstücke eventuell verkauft werden, um die Pflichttei­le auszuzahle­n.“In einem weiteren Schritt ging die Rednerin auf das „Geben mit warmen Händen“ein und erläuterte, welche – auch steuerrech­tlichen Vorteile – ausgeschöp­ft werden können und was es bei der Zuwendung zu beachten gilt. Um dann noch mit der nicht ganz ernst gemeinten Frage „Versteht Ihr Euch in der Familie noch oder habt Ihr schon geerbt?“den Finger auf die Wunde zu legen: Aus Sicht von Claudia Rudolph kann eine gute Rechtsbera­tung viel Streit nach dem Erbfall verhindern und für klare Verhältnis­se sorgen.

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