Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sie erfüllen sich den Traum vom Fliegen

Friedrichs­hafener „Drachen- und Gleitschir­mfliegercl­ub“trägt die „BaWü Open 2018“aus

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Den Traum vom Fliegen haben sie sich mit ihrem wunderschö­nen und abenteuerl­ichen Hobby schon selbst erfüllt. Doch jetzt geht für die Mitglieder des Vereins „Drachen- und Gleitschir­mfliegercl­ub Friedrichs­hafen“(DGF) ein weiterer Traum in Erfüllung. Der Verein ist Austräger der Internatio­nalen Baden-Württember­gischen Landesmeis­terschaft „BaWü Open 2018“im Gleitschir­mfliegen, die vom 5. bis zum 8. April in Pfronten rund um den Breitenber­g über die Bühne gehen.

Mit von der Partie sein werden mehr als 120 Piloten aus dem In- und Ausland – darunter internatio­nale Spitzenpil­oten und Mitglieder der deutschen Nationalma­nnschaft. Ein Ort im bayerische­n Allgäu als Austragung­sort von baden-württember­gischen Meistersch­aften? Dieser scheinbare Widerspruc­h ist schnell geklärt. „Die Wahl fiel auf Pfronten, weil in Baden-Württember­g die örtlichen Gegebenhei­ten nicht das Potential bieten, wie es das Fluggebiet um den Breitenber­g kann“, erklärt der Vereinsvor­sitzende Josef Hausknecht.

Piloten werden von 40 dünnen Leinen getragen

Die Geschichte des Drachen- und Gleitschir­mfliegens begann in Friedrichs­hafen – wie in vielen anderen Regionen auch – mit der Pioniertat des Amerikaner­s Mike Harker, der 1973 als Erster mit einem Drachen von der Zugspitze geflogen ist. Daraufhin wurde auch im Luftsportc­lub (LSC) schnell eine Sparte Drachenfli­egen ins Leben gerufen. 1979 dann die Herauslösu­ng aus dem Hauptverei­n und die Gründung eines eigenständ­igen Vereins. Zeiten, an die sich der damalige Gründungsv­orsitzende Walter Fritzsch noch gut erinnert. Von 1976 an ist der heute 75-Jährige mehr als 35 Jahre lang selbst geflogen und weiß davon zu berichten, dass sich über die Jahre das Verhältnis der Drachen zu Gleitschir­men im DGF immer mehr zu Gunsten der Gleitschir­mflieger verändert hat, was auf die Handlichke­it beim Transport und die Einfachhei­t in der Handhabung, sowie auf die günstigere­n Flugeigens­chaften zurückzufü­hren sei.

Fünf bis sieben Kilogramm schwer ist der aus Nylonmater­ial bestehende Gleitschir­m, etwa 22 bis 32 Quadratmet­er groß. Die Verbindung zum Piloten wird über rund 40 dünne Leinen aufrechter­halten. Die Steuerung erfolgt über zwei Leinen. Das Gurtzeug erlaubt eine bequeme aufrechte bis halbliegen­de Sitzpositi­on mit Integratio­n von Protektore­n zum Schutz von Rücken und Becken.

Zur Sicherheit­sausrüstun­g gehören ein Rettungsfa­llschirm, der im Falle eines seltenen echten Notfalls den Piloten sicher zu Erde bringt, geprüfte Sturzhelme, feste Schuhe, spezielle Fliegerkle­idung und Handschuhe. Eine komplette Gleitschir­mflugausrü­stung liegt zwischen 4000 und 6000 Euro – hinzu kommen jährliche Wartungsko­sten von etwa 500 Euro. Eine Ausbildung ist gesetzlich nur in Zusammenar­beit mit einer Flugschule – die nächsten sind in Scheidegg, Andelsbuch und Oberstaufe­n – möglich.

Zu den 64 Mitglieder­n in einer Altersspan­ne von 24 bis 80 Jahren, die derzeit im DGF ihrem Sport – in der Regel „Just for fun“- frönen, gehört auch Nicolas Weber. „Ich bin seit 2010 dem Gleitschir­mfliegen verfallen“, gibt der 41-jährige zweifache Familienva­ter gerne zu. Bei rund 30 Flügen im Jahr, die durchschni­ttlich 90 Minuten, manchmal aber auch mehrere Stunden dauern, kann schon ein zeitlicher Rahmen von bis zu 200 Stunden zusammenko­mmen, wie Weber erklärt.

Dass sich der Aufwand lohnt, steht für ihn allerdings außer Frage. „Man lernt immer dazu, kann immer besser werden“, sagt er. „Das Gefühl beim Fliegen ist einfach unglaublic­h. Man kann entspannen, abschalten, dahingleit­en und mit allen Sinnen genießen – und das nahezu geräuschlo­s“, so auch die Erfahrung von Josef Hausknecht. „Und es ist im Grunde keine gefährlich­e Sportart, auch wenn das für Fußgänger so aussehen mag.“

Dass man die „BaWü Open“nicht als einmaliges, sondern als langfristi­ges Objekt sieht, daran lassen die Vorstandsm­itglieder des DGF keinen Zweifel. Vor allem aber wünscht sich der Verein eine stärkere öffentlich­e Wahrnehmun­g und Würdigung. „Dass Bürgermeis­ter Andreas Köster die Schirmherr­schaft der Großverans­taltung übernommen hat“, ist für uns natürlich eine große Ehre“, freut sich Josef Hausknecht. Co2-neutraler fliegen und mit Hilfe eines Seils mit Winde oder elektrisch­en Antriebs auch auf Häfler Boden abheben zu können, das würde sich der Verein wünschen. „Doch dazu brauchen wir ein geeignetes Wiesengrun­dstück“, sagt Josef Hausknecht – wohlwissen­d, dass es Konfliktpo­tentiale mit Landwirten oder dem Flughafen geben könnte. „Aber diese Probleme könnte man lösen“, ist er sich sicher.

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FOTO: Sie beherrsche­n die hohe Kunst der Fliegens: Häfler Gleitschir­mflieger präsentier­en ihr Equipment.

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