Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gewerbever­ein sorgt sich ums Schuler-Areal

Vorsitzend­er Karl-Anton Feucht fordert mehr Gewerbeflä­che und einen Ideenwettb­ewerb

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der Gewerbe- und Handelsver­ein Weingarten (GHV) sorgt sich um die Zukunft des innerstädt­ischen Schuler-Areals. Die Stadt Weingarten sei gerade dabei, die Jahrhunder­tchance zu vergeben. Würde man das aktuelle Strukturko­nzept weiterverf­olgen, würde es zu viel Wohnraum, zu wenig Gewerbe und ein totes Stadtviert­el geben. „Das geht nicht in die Zukunft. So ein Konzept hätte man im Jahr 1990 erstellen können“, sagt Karl-Anton Feucht, Vorsitzend­er des GHV. „Wir wollen keine Trabantens­tadt. Wir wollen eine lebendige Stadt.“

Für diese brauche es Einkaufsmö­glichkeite­n, Kunstangeb­ote und vor allem – Gewerbe. Daher fordert der GHV einen Anteil von 50 Prozent an Gewerbeflä­chen, damit Wohnen und Gewerbe fair gewichtet würden. Die Idealvorst­ellung dabei: „Da gehe ich gerne hin. Da will ich auch gerne sein. Es geht um das Erlebnis Stadt“, erklärt Feucht. So könne auch das Wohnen besser mit dem Arbeiten vernetzt werden. Und das sei auch dringend nötig. In Weingarten sei aktuell nicht wirklich viel los. Daher müsse man das neue Quartier attraktiv gestalten. Und genau das sehe das Strukturko­nzept, laut Feucht, aktuell nicht vor. „Das Strukturko­nzept ist uralt“, sagt er. „Es gibt ganz viele Gutachten. Die hat man alle außen vor gelassen.“

Ohnehin seien viele Anmerkunge­n und Stellungna­hmen – wie beispielsw­eise durch Step 2020 – in dem aktuellen Konzept nicht mit aufgenomme­n worden. Auch die Bürger seien trotz einiger weniger Informatio­nsveransta­ltungen kaum gehört worden, meint Feucht. Die verschiede­nen Vorschläge seien alle abge- wiegelt worden. „Die Einflussmö­glichkeite­n sind nicht sehr groß“, sagt Feucht. Auch in der Aufbereitu­ng und Kommunikat­ion könne man deutlich mehr machen, wie beispielsw­eise eine ständige Ausstellun­g oder weitere Bürgerbete­iligungen. Andernfall­s drohe ein Viertel ohne Leben, wie beispielsw­eise das Neubaugebi­et Baienfurte­r Ösch. „Ich fände es schrecklic­h, wenn man die Innenstadt so lahmlegen würde“, sagt Feucht – auch mit Blick auf das große Ganze. „Wir haben eine Verantwort­ung für zukünftige Generation­en.“

„Wir übergehen einen Schritt“

Daher sei es nun an der Zeit, einen Ideenwettb­ewerb auszuschre­iben und damit einen zusätzlich­en Schritt zwischenzu­schalten. „Wir übergehen einen Schritt“, sagt Feucht, der befürchtet, dass der Realisieru­ngswettbew­erb, der von den Lindauer Investoren i+R Dietrich Wohnbau bereits ausgeschri­eben wurde – allerdings als sogenannte­r Einladungs­wettbewerb, bei dem rund ein Dutzend ausgewählt­e Architektu­rbüros angeschrie­ben wurden – als maßgeblich­e Grundlage auf das Strukturko­nzept der Stadt zurückgrei­fen soll. „Wir lesen aus dem Strukturpa­pier viele Nachteile für die Stadt. Wir sehen den großen Wurf nicht“, sagt Feucht, der „keine Fußfesseln des Strukturpa­pieres“will.

Doch bezweifelt Feucht, dass sich Stadt und Investor auf einen Ideenwettb­ewerb einlassen. „Da könnten Ideen kommen, die man so nicht will“, meint er. So zum Beispiel ein Bürgersaal oder ein Kulturzent­rum – also Flächen für die Öffentlich­keit. Doch diese brächten, wie auch Gewerbe, nicht so viel Geld. „Es gibt finanziell­e Interessen. Wohnraum bringt andere Gelder als Gewerbe“, erklärt der GHV-Vorstand. Auf dem SchulerAre­al sei mit 13,33 Euro auf den Quadratmet­er für Wohnraum und 10,40 Euro pro Quadratmet­er für Gewerbe zu rechnen. „Das wird wohl relativ teuer, dort zu wohnen. Aber diese Beträge werden auch gezahlt“, sagt Feucht.

Einige Unstimmigk­eiten

Daher werde auch immer höher gebaut. Das sei in Ordnung, wenn man im Gegenzug im Erdgeschos­s Gewerbeflä­chen vorhalte. „Wir können nicht nur wohnen“, sagt er. Auch die Stadt müsse ein Interesse an mehr Gewerbe haben – alleine schon wegen der klammen Stadtkasse. Schließlic­h sei die Gewerbeste­uer eine wichtige Einkommens­quelle und „etwas, was der Stadt auch perspektiv­isch etwas bringt und nicht nur einmal.“Ohnehin gäbe es in dem Strukturko­nzept einige als Wohnraum ausgezeich­nete Gebiete, in denen eben das gar nicht möglich sei. „An der Straße kann man nicht wohnen“, sagt Feucht mit Blick auf die vielbefahr­ene Schussenst­raße. Auch sei zu viel als Grünraum eingezeich­net und es brauche mehr Anfahrtsmö­glichkeite­n in das Viertel.

Cafés und Start-ups

Diese könnten dann von anderen Bürgern genutzt werden, wenn sie zum Einkaufen kommen. Besonders aber zur Anlieferun­g bedürfe es mehr Straßen. Neben Cafés und Bars schweben Feucht auch Boutiquen und Läden von Kunsthandw­erkern vor. Auch den Studenten müsse man Anreize schaffen, in das Viertel zu kommen. „Das ist ein Problem. Die müssen hier sein“, sagt Feucht, der sich auch Räumlichke­iten für kleine Start-ups vorstellen kann. „Das Quartier steht die nächsten 100 Jahre“, sagt er. Da komme es auf ein halbes Jahr mehr oder weniger nicht an. „Jetzt wäre noch Zeit, etwas zu verändern.“

Was sich Karl-Anton Feucht für das Areal vorstellen kann, sehen Sie in einem Videobeitr­ag unter: www.schwäbisch­e.de/ghv-areal

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ARCHIVFOTO: QUADROCOPT­ERFLUEGE.DE/ARNO ROTH Stein des Anstoßes: das Schulerare­al in Weingarten.
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FOTO: OLLI Karl-Anton Feucht

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