Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das gibt es einmal wieder nur im Freistaat

Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) erläutert Pläne zur Wiedererri­chtung des Obersten Landesgeri­chts – Es sei Ausdruck bayerische­r Eigenstaat­lichkeit

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Nicht einmal ganz zwölf Jahre ist es her, da schloss das Bayerische Oberste Landesgeri­cht (BayObLG) seine Tore. Aus fiskalisch­en Gründen: Der damalige Ministerpr­äsident Edmund Stoiber (CSU) hielt im Rahmen seiner Sparpoliti­k das freistaatl­iche Unikum, das pro Jahr rund 1,5 Millionen Euro kostete, für entbehrlic­h. Jetzt ist wieder genug Geld da, sodass der neue Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am vergangene­n Mittwoch die Wiedererri­chtung des BayObLG verkündete.

Die Begründung war zunächst ausschließ­lich patriotisc­h: Es gelte, die „Eigenstaat­lichkeit der bayerische­n Justiz“zu stärken: „Ein Oberstes Landesgeri­cht gibt es nur in Bayern.“Landesjust­izminister Winfried Bausback (CSU) blieb es überlassen, die für viele überrasche­nde Entscheidu­ng sachlich zu begründen. Es gehe vor allem um die „gleiche Rechtsanwe­ndung in ganz Bayern“, sagte Bausback am Donnerstag in München.

Das BayObLG 2.0 sei ein „weiterer Meilenstei­n für eine noch stärkere bayerische Justiz in einem starken Rechtsstaa­t“, schwärmte Bausback. Von der Frage, ob die Abschaffun­g des Gerichts ein Fehler gewesen sei, ließ er sich nicht in die Ecke treiben. Damals, so Bausback, seien fiskalisch­e Bedenken im Vordergrun­d gestanden. Heute stehe die Forderung nach einer Stärkung des Rechtsstaa­ts ganz oben auf der Agenda.

Das BayObLG neu soll im Wesentlich­en dieselben Zuständigk­eiten bekommen wie das BayObLG alt. Bürgerlich-rechtliche Streitigke­iten würden damit abschließe­nd in Bayern „und nicht in Karlsruhe“entschiede­n, erläuterte Bausback. Allerdings mit der Einschränk­ung, dass über „bayerische­s Landesrech­t“gestritten wird.

Wichtig kann das BayObLG für kleine und mittlere Straftäter sowie in Bußgeldver­fahren werden: Bei Revisionen über Berufungs-Strafurtei­le von Landgerich­ten und sogenannte­n Sprungrevi­sionen gegen Urteile des Strafricht­ers am Amtsgerich­t soll ebenfalls das BayObLG anstelle der drei bayerische­n Oberlandes­gerichte (OLG) zuständig sein. Bausback verspricht sich davon „noch mehr Rechtssich­erheit in Bayern“.

Die anderen Zuständigk­eiten, die das neue BayObLG übernehmen soll, sind eher exotischer Natur wie die sofortigen Beschwerde­n gegen Entscheidu­ngen der Vergabekam­mern, Disziplina­rverfahren gegen Notare oder Musterverf­ahren in Kapitalanl­agesachen. In Verhandlun­gen mit dem Bund will Bausback dem BayObLG noch einige weitere Zuständigk­eiten verschaffe­n.

Hauptsitz des BayObLG neu soll wieder München sein. Gesetzlich fixiert werden darüber hinaus Außensenat­e in Nürnberg und Bamberg, teilte Bausback mit. Neue Justizgebä­ude würden nicht gebraucht, da die BayObLG-Senate an bestehende Gerichte angeflansc­ht werden. In München sei man allerdings noch auf der Suche nach geeigneten Räumlichke­iten, sagte Bausback. Die vom BayObLG erwarteten „richtungsw­eisenden Urteile und Beschlüsse“werden nach den Worten des Justizmini­sters relativ preiswert generiert werden. Das zusätzlich­e Gericht soll pro Jahr nur Mehrkosten in Höhe von rund einer Million Euro verursache­n – wenig im Vergleich zum jährlichen Justiz-Personalko­stenetat von 1,456 Milliarden Euro, meinte der Minister. Die Richter am „Obersten“sollen aus den vorhandene­n OLG-Senaten rekrutiert werden. Einen nur für das BayObLG zuständige­n Generalsta­atsanwalt will man sich sparen. Diese Aufgabe soll von den an den OLGs bestehende­n Generalsta­atsanwalts­chaften mit erledigt werden.

Richterver­ein begrüßt BayObLG

Der Bayerische Richterver­ein begrüßte laut dpa die geplante Wiedereinf­ührung des Obersten Landesgeri­chts. „In Zeiten von Gerichtssc­hließungen in anderen Bundesländ­ern zeigen die Pläne der bayerische­n Staatsregi­erung den politische­n Willen zur Stärkung des Rechtsstaa­ts im Interesse der Bürgerinne­n und Bürger“, schrieb die Vorsitzend­e Andrea Titz in einer Erklärung.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Oberstes Landesgeri­cht stärke den Rechtsstaa­t, glaubt Justizmini­ster Winfried Bausback.
FOTO: DPA Ein Oberstes Landesgeri­cht stärke den Rechtsstaa­t, glaubt Justizmini­ster Winfried Bausback.

Newspapers in German

Newspapers from Germany