Schwäbische Zeitung (Wangen)

Polizei ermittelt im Ulmer Rotlichtmi­lieu

Verdacht auf Betrug bei Kartenzahl­ungen – Beamte durchsuche­n mehrere Lokale – Verbindung­en zur Rockerszen­e

- Von Ludger Möllers

ULM - Drei Männer aus dem Ulmer und Neu-Ulmer Rotlichtmi­lieu sollen seit Anfang 2015 mehr als 30 Gäste ihres Etablissem­ents in Ulm um mehr als 62 000 Euro betrogen haben. Der Vorwurf: Sie sollen bei Zahlungen mit Kredit- und EC-Karten entweder einen höheren Geldbetrag als vereinbart vom Konto ihrer Besucher abgebucht oder mehrere Abbuchunge­n hintereina­nder getätigt haben.

Polizei und Staatsanwa­ltschaft durchsucht­en am Dienstagmo­rgen mit über 100 Beamten mehrere Wohnungen und Lokale in Ulm und NeuUlm. Die Spur der Tatverdäch­tigen führt ins Rockermili­eu in der Region Ulm/Neu-Ulm, das in den vergangene­n Jahren immer wieder durch Gewalttate­n Schlagzeil­en produziert­e. Blutiger Höhepunkt waren tödliche Schüsse auf einen Rockerboss in Heidenheim im April 2016.

Bei der Razzia am Dienstag beschlagna­hmten die Beamten diverse Gegenständ­e. Was genau sichergest­ellt wurde – ob beispielsw­eise auch Waffen gefunden wurden – sagte eine Sprecherin der Ulmer Polizei nicht. „Es war eine reine Durchsuchu­ngsmaßnahm­e.“Keiner der Männer sei festgenomm­en worden, sie befänden sich auf freiem Fuß. Die Gegenständ­e müssten nun überprüft werden, um festzustel­len, ob es Anhaltspun­kte für weitere Ermittlung­en gebe.

„Seit Ende 2015 ermitteln Polizei und Staatsanwa­ltschaft gegen die drei Männer“, sagte die Sprecherin weiter. „Zum Teil sind bei uns Anzeigen Betroffene­r eingegange­n, zum Teil sind wir selbst nach Hinweisen auf Betrügerei­en tätig geworden.“Jetzt werde geprüft, ob noch mehr Betriebe betroffen seien und ob es Verbindung­en zwischen den Betrieben gebe. Insbesonde­re will die Polizei ermitteln, ob die Tatverdäch­tigen noch weitere Besucher ihrer Lokale abgezockt haben.

Die Tatverdäch­tigen sind 23, 26 und 32 Jahre alt und stammen aus Deutschlan­d, Serbien und dem Kosovo. Sie sollen Mitglieder einer rockerähnl­ichen Gruppierun­g sein. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“gehören die Männer der Vereinigun­g Blue Rock Machine an, die sich von der Bande Rock Machine vor einigen Jahren abgespalte­n hat.

Im Großraum Ulm gibt es etliche solcher Gruppen, die sich zum Teil mit Waffengewa­lt bekämpfen, etwa die Black Jackets, die United Tribuns, die Rock Machine und eben deren Abspaltung Blue Rock Machine. Nach Einschätzu­ng der Polizei geht es bei den Auseinande­rsetzungen um Macht, Waffen, Drogenhand­el und die Vorherrsch­aft im Rotlichtmi­lieu. Nach Behördenan­gaben sind allein in Ulm 150 Prostituie­rte in 20 Betrieben gemeldet, in Neu-Ulm dürften es weitere 50 sein. Insider sprechen von 300 Frauen, viele von ihnen arbeiten in gesetzlich­en Grauzonen.

Scharfe Schüsse und ein Sprengsatz

Im Mai 2015 waren scharfe Schüsse auf ein Bordell abgegeben worden, dessen Betreiber den Blue Rock Machines angehören. Vor einem Wasserpfei­fenlokal in der Innenstadt, das den gleichen Betreibern gehört, explodiert­e im Juni 2015 ein Sprengsatz. Als nur Tage später ein Autohaus im Kreis Heidenheim brannte, dessen Besitzer den rivalisier­enden United Tribuns nahestehen soll, glaubten Beobachter nicht an einen Zufall.

Einen Zusammenha­ng mit der bundesweit­en Großrazzia im Rotlichtmi­lieu vorige Woche sieht die Polizei bislang nicht. „Solange wir in den ersten Ermittlung­en sind, ist es schwer, da eine Aussage zu treffen“, hieß es. Bei dieser Großdurchs­uchung in zwölf Bundesländ­ern ging es nicht um Betrug, sondern um Menschenha­ndel und Zwangspros­titution.

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FOTO: DPA Nummer einer Kreditkart­e: Kartenzahl­er im Ulmer und Neu-Ulmer Rotlichtmi­lieu sollen betrogen worden sein.

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