Schwäbische Zeitung (Wangen)

Noch keine Klage aus Brüssel wegen dreckiger Luft

Markt für Dieselfahr­zeuge bricht ein – Belastung der Luft mit Kohlenstof­fdioxid steigt an

-

BRÜSSEL/BERLIN (dpa) - Im Dauerstrei­t über die zu dreckige Luft in deutschen Städten zögert die EUKommissi­on eine mögliche Klage hinaus. Anders als angekündig­t kommt die Entscheidu­ng nicht im April, sondern frühestens nächsten Monat, so die Brüsseler Behörde. Für die Bundesregi­erung bedeutet dies eine weitere Schonfrist, für Dieselbesi­tzer und Autohändle­r aber vor allem Unsicherhe­it. Dabei ist der Markt für Diesel ohnehin drastisch eingebroch­en, mit Folgen auch für die Klimabilan­z der europäisch­en Autobauer.

Die EU-Kommission droht Deutschlan­d und acht anderen Ländern seit Monaten mit Klagen vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f, weil sie die seit 2010 verbindlic­hen EUGrenzwer­te für Stickoxide nicht einhalten. Ob und wann die EU-Kommission damit ernst macht, ist nach einem undurchsic­htigen Hin und Her allerdings offen. Umweltkomm­issar Karmenu Vella hatte schon Ende Januar eine letzte Frist für zusätzlich­e Maßnahmen gesetzt. Erst sprach er von wenigen Tagen, dann von Mitte März. Schließlic­h sagte er Ende März, die Prüfung sei abgeschlos­sen und er könne bereits sagen, dass er tatsächlic­h Klage gegen einige Länder empfehlen werde, und zwar „im Rahmen des nächsten Pakets von Vertragsve­rletzungsv­erfahren Ende April“. Doch das gesamte Paket wurde verschoben. Zur Begründung hieß es, die Tagesordnu­ng der Kommission sei schon so voll gewesen.

Umweltverb­ände reagierten enttäuscht. „Die EU-Kommission macht sich damit nicht glaubwürdi­ger“, sagte Verkehrsex­perte Jens Hilgenberg vom Bund für Umwelt und Naturschut­z.

Das Bundesverw­altungsger­icht hatte Fahrverbot­e im Februar erlaubt, sofern sie verhältnis­mäßig sind. Das hat Autokäufer verunsiche­rt: Laut Dieselbaro­meter der Deutschen Automobil Treuhand verkauften 58 Prozent der Händler nach eigenen Angaben weniger Dieselneuw­agen an Gewerbekun­den. Bei den Privatkund­en sei die Entwicklun­g noch drastische­r: 86 Prozent der Händler verkaufen weniger gebrauchte und neue Diesel-Pkw.

Benziner verbrauche­n bei gleichem Gewicht in der Regel mehr und verursache­n auch mehr Kohlendiox­id. Tatsächlic­h stiegen die CO2Emissio­nen bei Neuwagen in Europa 2017 erstmals seit Jahren im Schnitt wieder leicht, wie aus Zahlen der Europäisch­en Umweltagen­tur EEA hervorgeht. Die 2017 erstmals zugelassen­en Autos stießen pro Kilometer 0,4 Gramm Kohlendiox­id mehr aus als die des Vorjahres.

Newspapers in German

Newspapers from Germany