Wortklaubereien lassen schmunzeln
80 Zuhörer wollen mit Rolf Waldvogel auf des „Pudels Kern“kommen
WANGEN - Seit Jahren schreibt der ehemalige Feuilletonchef der „Schwäbischen Zeitung“jede Woche eine „Sprachplauderei“auf der Kulturseite, die sich bei den Lesern großer Beliebtheit erfreut. Mit „Des Pudels Kern“hat Rolf Waldvogel jetzt erneut eine Sammlung seiner Sprachglossen vorgelegt. 80 Personen waren es, die in der Stadtbücherei Wangen die Texte aus diesem Buch vom Autor selbst vorgestellt bekommen wollten.
Wenn so viele Menschen kommen, um etwas über die bedrohte deutsche Sprache zu erfahren, dann kann es eigentlich nicht so schlecht um sie bestellt sein, oder? Doch Rolf Waldvogel machte bei der Vorstellung seines neuen Buches unmissverständlich klar: „Die Medien ziehen Energie ab. Eine andere Sprache hält Einzug. Um Rechtschreibung, Grammatik und Stil wird sich nicht mehr geschert.“
Damit ist eigentlich schon die oft an Waldvogel gestellte Frage geklärt, ob ihm „eigentlich nie der Stoff ausgeht“. Weil er neugierig ist, weil er wissen will, was beispielsweise hinter so manchen Redewendungen steckt. Nicht umsonst hat er das 2017 erschienene und mit Illustrationen seines Sohnes Tilmann geschmückte Buch „Des Pudels Kern“genannt. „Die Themen werden einem durch die tägliche Lektüre, durch Beiträge im Radio und Fernsehen automatisch zugespielt“, sagt Rolf Waldvogel und erntet von den Zuhörern im Saal zustimmendes Kopfnicken.
Eineinhalb Stunden Zeit haben die Besucher dann, einen umfassenden Blick auf das sprachliche Sündenregister zu werfen. Wobei der Sprachplauderer niemanden schont. Auch nicht die Verkäuferin im Supermarkt, die „Cherrytomaten“und „Kirschtomaten“für zwei unterschiedliche Sorten hält. Oder Waldvogel stochert in den Auswüchsen der deutschen Rechtschreibung herum, die den „grünen Star“ebenso kennt wie die „Grüne Woche“und in Verbindung mit der „Welle“beide Schreibweisen zulässt: „grüne“und „Grüne“.
Nachname des US-Präsidenten wird zerpflückt
Unter der Überschrift „Politisch gefärbte Glossen“nimmt sich Waldvogel dem Nachnamen des US-Präsidenten an und zerpflückt ihn in „englisch trump, also Trompete“oder „to trump für auftrumpfen“und zieht den Schluss: „Trump ist ein Fabulant in eigener Sache.“Und bei den „Wortwurzeln quer Beet“fällt Waldvogel die Blindschleiche ein, „die gar nicht blind ist“. Interessant auch der Gebrauch von Anglizismen wie beim Griff zu den „Pocket-Taschentüchern im Drogerie-Regal“. Nicht minder amüsant die Fehler, die im Zusammenhang mit den Todesanzeigen passieren. Da wird „nach langer Krankheit Abschied vom Vater genommen“oder mit 99 Jahren „unverhofft gestorben“. Ebenso ist laut Waldvogel die „Ich“-Form anzutreffen. Besonders ergreifend der kurze Satz: „Ich bin tot“.
Im weiteren Verlauf des Abends lässt der nach dem Kern des Pudels Forschende Bekanntschaft mit besonderen Redensarten schließen und kündigt „Sportseite liefert Steilvorlage“ an. Er löst beim Dialektwort „Bräschtling“(Erdbeere) Rätselraten aus, er ordnet den Begrüßungssatz „So, hat man ein neues Auto bekommen?“zur Gattung „Eröffnungsrituale als reiner Selbstzweck“ein und ist sich sicher, dass das Modewort „Gemengelage“inflationär gebraucht wird.
„Der Herr schuf die Fliege, hat aber vergessen, warum!“ist von Rolf Waldvogel als „Rausschmeißer“gedacht. Um dann unter dem Lachen der Zuhörer noch anzufügen: „Die Fliege macht die Fliege – und ich auch!“Das Bedauern über das viel zu schnelle Ende der Lesung wird mit dem Vorhaben, sich das Buch baldmöglichst zu besorgen, kompensiert.