Radeln durch traumhafte Landschaft
SZ-Serie „Draußen unterwegs“: Mit dem Rad von Wangen nach Isny auf dem Martinusweg – Von Brunnen zu Brunnen mit Panoramablick
Auf Martinusweg fährt SZ-Autor Edgar Rohmert von Wangen nach Isny.
WANGEN/ARGENBÜHL - „Michel – wo gohsch na?“Diese Frage stellt sich der Schuhmichel (Michael Netzer) auf dem gleichnamigen Brunnen, der auf halbem Wege liegt zwischen Wangen und Isny, direkt im schönen Allgäu-Dorf Eglofs. Wir sind unterwegs auf dem Martinusweg und der Weg führt die Samstagpilger durch eine traumhafte Bilderbuchlandschaft. Der originelle „SchuhmichelBrunnen“im Ortszentrum von Eglofs lädt ein zu einer kleinen Rast. Seine originellen Sprüche laden die Theaterleute, Wanderer und Pilger immer wieder zum Sinnieren und Amüsieren ein: „…Drum gang i sell, dass i es kuim sage muss!“Neugierig geworden? Dann auf zum Martinusweg von Wangen über Eglofs und Eisenharz nach Isny.
Los geht’s! Die Turmglocke der St.-Martinskirche hat soeben 7 Uhr geschlagen. Ein strahlend sonniger Frühlingstag lädt ein zu einer Radtour. Der Weg ist eine Wohltat für Körper und Geist. Hier kann man eintauchen in die tiefste Seele des Westallgäus. An diesem frühen Morgen im April bin ich allein mit dem Rad unterwegs. Es ist noch recht frisch, doch die aufgehende Sonne verheißt einen wundervollen warmen Frühlingstag. Im vergangenen Jahr habe ich diesen Weg mehrmals mit anderen Samstagspilgern g bewältigt. Ein schönes Gemeinschaftserlebnis! Doch heute stehen mir das Fahrrad und eine Schar von Singvögeln als einzige „Begleiter“zur Seite. Und vielleicht Sie, liebe Leser, die ich jetzt mitnehme auf meine Reise durch die herrliche Allgäu-Landschaft. Los geht es am P 14 bei der „Allgäu-Trilogie“. Eine erste schöne Begegnung wartet bereits kurz nach dem Aufbruch auf uns: „Osterlämmer“auf einer kleinen Weide direkt hinter der Realschule. Morgenidylle pur. In flottem Tempo geht es weiter in Richtung Epplings und Schönenberg. In den „Jubelchor“der Singvögel mischt sich das Trommeln eines Spechts. Ansonsten: Stille.
Nach zwei Kilometern der erste kleine Anstieg. Der Puls geht hoch, und der Kreislauf kommt in Schwung. Spätestens beim nächsten steilen Anstieg von Schönenberg nach Hummelberg mit 15 Prozent Steigung ist jegliche Kälte aus dem Körper gewichen. Die Mühen des Anstiegs werden belohnt mit einer wundervollen Aussicht auf der Höhe. Der weite Horizont gibt den Blick frei auf die Schweizer Berge: Säntis und Altmann, mit Schnee überzuckert. Weiter links die ebenfalls mit Schnee bedeckten Gipfel der Nagelfluhkette, davor das malerische Kirchlein von Maria Thann. Von nun an sind wir unterwegs auf dem Martinusweg. Das Hinweisschild an der Wegkreuzung bei Hummelberg zeigt ein orangefarbenes Kreuz auf dunkelrotem Hintergrund. Dieser Pilgerweg wird uns bis nach Isny führen.
Nach wenigen Kilometern erreichen wir die Kapelle Bühl. Seit dem Ersten Weltkrieg steht sie da: Früher sollte sie die Schüler aus den umliegenden Dörfern zum Gottesdienst versammeln, heute bietet sie vielen heimatverbundenen Gläubigen und Urlaubern Ruhe und Rast auf ihrer Wanderung. Hinter Aschen weitet sich der Weg, es geht flott bergab in Richtung Eisenharz. Aber Halt! Wer noch einen Abstecher nach Eglofs nehmen will, muss auf halbem Wege nach rechts abbiegen, um dann den herrlichen Ausblick auf die Eglofser Martinus-Kirche zu bewundern – vor einem grandiosen Alpenpanorama.
Die nächste kleine Überraschung wartet in Eglofs: Der originelle „Schuhmichel-Brunnen“, der die Erinnerung wachhält an ein echtes Allgäuer Original: den „Schuhmichel von Megletz“(Michael Netzer: 1855 bis 1930), der selbst in schwierigen Zeiten seinen oft bezeugten Humor bewahrte, und zudem die Obrigkeit mächtig aufs Korn nahm.
Weiter geht es in Richtung Eisenharz. Nun weitet sich der Blick – bis hinüber zum Schwarzen Grat. In Eisenharz wartet ein weiterer Dorfbrunnen auf die Besucher: der von Helmut Maucher gestiftete runde Dorfbrunnen. Neben der reizvollen Landschaft hat Eisenharz auch andere Besonderheiten zu bieten, so zum Beispiel den „Aphorismen- und Zitate-Wanderweg Saint-Exupéry“: „Das, worauf es im Leben ankommt, können wir nicht voraussehen. Die schönsten Freuden erlebt man immer dann, wenn man sie am wenigsten erwartet.“An der St. Benedikt-Kirche vorbei geht es nun zum Ortsausgang in Richtung „Gründelsmoos“– Naturpfad Bodenmöser. Direkt am Ortsschild geht es scharf nach rechts über ein Gehöft steil bergauf, um dann schließlich auf einem Schotterweg sanft bergab rollend ins Gründelsmoos zu gelangen. Am Ende eines schattigen Waldwegs erreicht man die Bodenmühle.
Isnyer Kirchtürme in Sicht
Schon bald zeigen sich die zahlreichen Kirchtürme der Isnyer Altstadt: St. Nicolas, St. Georg und Jakobus… und die der Schlosskirche. Der Weg führt nun direkt am Narrenbrunnen und dem Schulzentrum vorbei in den Kurpark. Heiteres Frühlingserwachen: Da räkeln sich Katzen in der wärmenden Sonne, tummeln sich Enten im Weiher und brütet ein stolzer Schwan über seinem Nest. Am Springbrunnen und Kurhaus vorbeiradelnd erreichen wir die Innenstadt. Die evangelische Kirche St. Nicolas und die katholische Barockkirche St. Jakobus und St. Georg laden zum kurzen Besuch ein. Nebenan die Espresso-Bar: die wohlverdiente Stärkung nach 25 Kilometern auf dem Rad.
Das wäre auch die Antwort auf die Frage des „Schuhmichel“: „Ich bleib dann mal hier, im schönen Allgäu!“
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