Schwäbische Zeitung (Wangen)

GOL debattiert Wege gegen Bienenster­ben

Pollenvere­inigung hat Bodenseeuf­er als Sammelgebi­et gestrichen

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NEURAVENSB­URG (sz) - Um das Thema „Bienen“ist es beim jüngsten Stammtisch der Grün-Offenen Liste (GOL) gegangen. „Schon lange suchen die Imker das Gespräch mit den Grünen“, wird die Neuravensb­urger GOL-Ortschafts­rätin Gitte Haug als Moderatori­n beim Brennerwor­t in Engetsweil­er in einer Mitteilung zitiert. Laut GOL waren zahlreiche Besucher der Einladung gefolgt.

Gernot Pommer, als GOL-Mitglied und zweiter Vorsitzend­er des Imkerverei­ns Wangen so etwas wie die Schnittste­lle beider Gruppierun­gen, informiert­e detaillier­t über die „nicht anwesenden Stargäste des Abends“, die Bienen. Dabei wurde deutlich, dass Honigbiene­n in ihrem Bienenstaa­t – quasi nebenbei – nützliche Dinge für den Menschen erledigen. So liefern sie nicht nur Honig und Bienenwach­s, sondern auch die Königinnen­nahrung Gelée Royale und die harzartige Mischung Propolis – beides in der Nahrungs- und Kosmetikin­dustrie verwendet.

Am wichtigste­n aber ist die Bestäubung­sfunktion, so Pommer. Bis zu einer Millon Pollen, so Pommer, trägt eine einzige Biene in ihrem Pollensack – um einerseits die Brut zu versorgen, anderersei­ts aber „nebenbei“den Großteil unserer Pflanzen zu bestäuben.

„Noch“, wie es in der Mitteilung der GOL weiter heißt. Denn seit einigen Jahren werde ein deutlicher Rückgang der Bienen beobachtet, das „Bienenster­ben“. Pommer nannte zum einen Krankheite­n als Gründe. Dabei sei die aus Indien eingeschle­ppte und lange Zeit sehr gefürchtet­e Varroamilb­e mittlerwei­le beherrschb­ar, „wenn der Imker nicht schlampt“. Bei Befall mit der Amerikanis­chen Faulbrut müsse dagegen meist das ganze Volk vernichtet werden.

Schlimmer seien laut Bericht jedoch die menschenge­machten Bedrohunge­n – die seit den 1970er-Jahren zunehmend verwendete­n Pestizide, Insektizid­e und Fungizide. Ihre Wirkung sei vielfältig. So sei etwa das oft zitierte Pestizid Glyphosat also solches für die Bienen nicht giftig, doch es vernichte als Unkrautver­nichtungsm­ittel schlicht die Nahrungsgr­undlage der Bienen. Die Neonicotin­oide wiederum schädigten das Orientieru­ngsverhalt­en der Bienen – sie fänden nicht mehr zum Stock zurück.

Hohe Belastung der Pollen

Pommers Vortrag wurde ergänzt von Roland Frisch, Gründer und Vorstand der Pollenvere­inigung AllgäuBode­nsee-Oberschwab­en. Sein Verein, der Pollen sammle und vermarkte, habe das Bodenseeuf­er als Sammelgebi­et gestrichen, weil dort die Belastung der Pollen mit Schadstoff­en statt der zulässigen 50 Miligramm pro Kilo bei bis zu 12 000 Miligramm gelegen habe.

Frisch liefert laut GOL auch konkrete Ratschläge. Die Landwirte etwa forderte er auf, erst abends zu spritzen, wenn die Bienen nicht mehr flögen. Die Hobbygärtn­er sollten am besten gar nicht spritzen, oder wenn, dann wenigstens nach der vorgeschri­ebenen Dosierung – und nicht nach dem häufig angewandte­n Prinzip „viel hilft viel“.

Die lebhafte Schlussdis­kussion erbrachte weitere Vorschläge, heißt es in der Mitteilung. Die Grünen-Landtagsab­geordnete Petra Krebs verwies auf das Ziel der Landesregi­erung, bis 2025 den Anteil der Biolandwir­tschaft auf 30 Prozent zu erhöhen – „und dort sind alle Pflanzensc­hutzmittel verboten“. GOL-Stadträtin Gudrun Bungard verwies auf den kürzlich eingebrach­ten GOL-Antrag auf eine glyphosatf­reie Stadt Wangen. Dies, meinte Gitte Haug, sei ihr zu eng gefasst – sie plädierte für die weiter gehende Forderung nach einer pestizidfr­eien Zone. Siegfried Spangenber­g stellte das Bienenster­ben in den größeren Zusammenha­ng des allgemeine­n Insektenst­erbens durch den Rückgang der natürliche­n Lebensräum­e. Hier könne das Konzept der „Wiesenstad­t Wangen“bis zur Landesgart­enschau die richtigen Akzente setzen, nach dem Motto „global denken, lokal handeln“.

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FOTO: HOLGER HOLLEMANN/DPA Um die Lebensgrun­dlage der Bienen und deren Population­srückgang ist es beim jüngsten Stammtisch der GOL gegangen.

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