Weiter Streit über Abschiebungen
Kritik an CSU-Politiker Dobrindt – Steinmeier sieht kein Versagen des Rechtsstaats
BERLIN/ELLWANGEN - Der teils gewaltsame Widerstand gegen die Abschiebung eines Asylbewerbers in Ellwangen hat einen Streit über die Rechte von Flüchtlingen entfacht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt übte nun harsche Kritik an den Unterstützern. „Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Hierfür erntete er Widerspruch seitens der Opposition und der SPD.
Dobrindt sagte mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf der CSU daraufhin Populismus vor: „Da werden von Herrn Dobrindt dann mal eben grundsätzliche Elemente des Rechtsstaats infrage gestellt.“Und Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: „Mehr als 40 Prozent aller Klagen gegen die Ablehnung der Asylanträge und die Androhung der Abschiebung hatten im letzten Jahr vor Gericht Erfolg.“
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sieht in diesem Bereich den Bund in der Pflicht. Gefordert seien etwa verstärkte Anstrengungen bei der Passbeschaffung von abgelehnten Asylbewerbern aus afrikanischen Staaten. Notwendig sei eine „regelrechte Taskforce, die in schwierigen Fällen schnell hilft“, sagte der CDU-Vize der „Schwäbischen Zeitung“.
Hintergrund sind die Vorfälle in Ellwangen, wo gut 150 Flüchtlinge teils gewaltsam verhindert hatten, dass die Polizei einen abgelehnten Asylbewerber aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) abholte. Der Togolese wurde bei der späteren Razzia gefasst, sitzt in Abschiebehaft und soll nach Italien abgeschoben werden. Er wehrt sich mit rechtlichen Schritten. Sein Anwalt Engin Sanli kündigte bei „Focus Online“an, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Die Vorfälle in der LEA hatten eine bundesweite Diskussion über ein etwaiges Versagen des Rechtsstaats ausgelöst. Strobl nannte das Vorgehen der Polizei indes „klug und besonnen in der Nacht von Sonntag auf Montag, konsequent und unmissverständlich am Donnerstag“. Der CDU-Vize weiter: „Damit wurde klar und deutlich gemacht: Der Rechtsstaat und unsere Polizei weichen nicht vor dem Mob zurück, alle müssen sich an Recht und Gesetz halten.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte am Abend in der ARD, zwar sei die Polizei an der Erfüllung ihrer Aufgaben gehindert worden, „aber ich sehe nicht, dass wir vor einem Scheitern oder Versagen des Rechtsstaates stehen – und wir sollten das den Bürgern auch nicht täglich einreden“.