Die Hoffnung nach dem Sturm
Wiederaufbau auf der von Hurrikan Irma verwüsteten Karibikinsel Saint Martin läuft
MARIGOT/PHILIPSBURG (KNA) „Saint Martin will smile again“lautet das Motto der Insel, die durch Hurrikan Irma zerstört wurde. Die Bewohner haben den Lebensmut nicht verloren. Sie kämpfen sich zurück in den Alltag.
Ein kleines Eiland in der Karibik: Saint Martin und Sint Maarten. Die offizielle Bezeichnung von St. Martin lautet „französisches Überseegebiet“. Sint Maarten dagegen gehört zum Königreich der Niederlande, ist aber autonom. Offiziell gibt es 90 000 Bewohner, die alle europäische Pässe haben. Entweder besitzen sie die holländische oder die französische Staatsbürgerschaft. Ein kleines Europa mitten im Atlantik. Beliebt bei Touristen aus aller Welt sind die 37 öffentlichen Strände, die pastellfarbenen Holzhäuschen und die freundlichen Bewohner, die jeden Fremden willkommen heißen.
Vor rund einem Dreivierteljahr ging in diesem Paradies die Welt unter: Am 6. September 2017 raste Hurrikan Irma über die Insel hinweg und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Die Bewohner standen vor dem nichts. Acht Monate später ist der Wiederaufbau in vollem Gange.
„Ich hatte die Hölle vor Augen, als ich im Morgengrauen aus dem Fenster sah“, erinnert sich Stephen Wright an den Tag, als Irma kam. Dann krachte das Dach seines Hauses ein, eine Wand stürzte zusammen. Gemeinsam mit seiner Frau rannte er barfuß nach draußen. Seit 20 Jahren führt er das Grand Case Beach Hotel, aber einen Hurrikan wie diesen hat er noch nie erlebt. Der Wetterdienst hatte bereits eine Woche zuvor vor dem Hurrikan gewarnt; alles deutete auf einen Sturm ungeheuren Ausmaßes hin. Wright und sein Team waren gerüstet, doch Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern hatten sie nicht erwartet. „Es war pures Glück, dass wir alle überlebt haben“, sagt der gebürtige Engländer. Inzwischen ist die Renovierung im Gange, im Oktober soll wiedereröffnet werden.
Priester Marcin Karwot von den Steyler Missionaren kam kurz nach dem Orkan auf die Insel. „Es war ein fürchterliches Bild“, sagt der Pole. Die Menschen hätten sich aber nicht entmutigen lassen. Dabei habe der Glaube eine Rolle gespielt. Karwot predigt in drei Kirchen; täglich hält er mindestens eine Messe, sonntags bis zu vier. „Bei jedem Gottesdienst sind die Kirchen voll.“
Schlimmer als der Sturm selbst war für viele Menschen das, was danach kam: Plünderungen, oft begangen von den eigenen Nachbarn, mit denen man seit Jahren Seite an Seite lebte. „Noch heute muss viel aufgearbeitet werden“, sagt Karwot.
Hotels öffnen im Herbst wieder
Auch den Taxifahrer Philippe Richardson und seine Familie hat Irma mit voller Wucht getroffen. Die Zeit sei hart gewesen, das Katastrophenmanagement der Regierung jedoch gut. Trotz der Plünderungen habe es auch Zusammenhalt gegeben. Er deutet auf eine Bäckerei am Straßenrand. „Die Inhaber haben Mehl und weitere Zutaten vom Staat erhalten, Brot gebacken und es einen Monat lang kostenlos an alle verteilt.“
Einige Monate wird es noch dauern, aber dann werden auch die Touristen zurückkehren. Schon jetzt legen Kreuzfahrtschiffe aus aller Welt wieder auf der Insel an. Für einen Tag bringen sie Hunderte von Gästen, die einkaufen, einkehren und damit die Wirtschaft in Schwung bringen. Die meisten Hotels öffnen spätestens im Herbst erneut, viele davon renoviert und schöner als zuvor.