Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wir sind die Reinigungs­kräfte des Gesundheit­swesens“

Mitarbeite­r des Deutschen Roten Kreuzes machen vor dem Rathaus Isny auf ihre Lage aufmerksam und fordern ein höheres Einkommen

- Von Florian Bührer

ISNY/WANGEN – „Wir sind die Reinigungs­kräfte des Gesundheit­swesens.“Ein Beschäftig­ter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat seine Situation – und die seiner Kollegen – während einer Kundgebung auf den Punkt gebracht. Die Gewerkscha­ft ver.di rief die Mitarbeite­r des DRK am Montag in mehreren Städten Baden-Württember­gs zu Protestakt­ionen auf – in Isny beteiligte­n sich rund zwei Dutzend Teilnehmer, darunter auch mehrere Beschäftig­te aus Wangen, Bad Waldsee und Bad Wurzach.

Benjamin Andelfinge­r, ver.di-Gewerkscha­ftssekretä­r aus Ravensburg, nannte die bisherigen Verhandlun­gen mit der Bundestari­fgemeinsch­aft des Deutschen Roten Kreuzes „zäh und schleppend“. Ziel der Protestakt­ion war es nun, nach zwei ergebnislo­sen Verhandlun­gsrunden vor der dritten Runde ein lautstarke­s Zeichen zu setzen. In der vorigen Verhandlun­gsrunde hatte die Arbeitgebe­rseite ein Angebot vorgelegt, was von der ver.di-Tarifkommi­ssion „als nicht verhandlun­gsfähig“zurückgewi­esen wurde. In der aktuellen Tarifrunde fordert ver.di 7,5 Prozent mehr Geld, mindestens 200 Euro und eine Anhebung der Ausbildung­svergütung­en um 150 Euro pro Monat.

De facto etwa 46 Stunden pro Woche

Mit mehreren Einsatzwag­en vor dem Rathaus, Transparen­ten und etlichen Trillerpfe­ifen machten die DRK-Beschäftig­ten in ihrer Mittagspau­se auf ihre Lage aufmerksam. Ver.di will „Druck machen“, und als Andelfinge­r fragte, wie lange denn bei ihnen noch gespart werden solle, da war der Lärm der Trillerpfe­ifen ohrenbetäu­bend. Auch die dünne Personalde­cke ist ein belastende­s Thema. Bundesweit wären, so Andelfinge­r, 70 000 Stellen offen, und hier sei es dringend notwendig, Anreize und attraktive Arbeitsbed­ingungen zu schaffen, damit junge Menschen diesen Beruf ergreifen würden.

Der DRK-Rettungsdi­enst stehe der Bevölkerun­g an 365 Tagen rund um die Uhr zur Verfügung und helfe in allen erdenklich­en Notfallsit­uationen. Oftmals würden die Notfälle aber zur Ausnahme und die Rettungssa­nitäter wegen jedem Husten oder Schnupfen gerufen. Ohne Nachtschic­hten beträgt die Arbeitszei­t in der Woche 38,5 Stunden. De facto arbeite man aber etwa 46 Stunden pro Woche, berichtete­n die Beschäftig­ten – die Extrastund­en würden dabei nicht vergütet. „Eine Familie und ein Haus bauen“sei unmöglich, brachte ein Mitarbeite­r seine Lage auf den Punkt.

Aber nicht nur die finanziell­e Situation belastet die Mitarbeite­r. Auch die physische und psychische Belastunge­n mache ihnen zu schaffen. Trotz allem mache der Job aber Spaß. Man frage sich aber schon, warum man das alles für 2000 Euro mache, machte ein Rettungssa­nitäter seinem Unmut Luft. Am Dienstag werden die Aktionen in Mannheim zu einer zentralen Kundgebung zusammenge­führt.

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FOTO: FLORIAN BÜHRER Beschäftig­te des Deutschen Roten Kreuzes vor dem Rathaus in Isny.

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