Lotte sah Israel beim ESC nicht ganz vorn
Die Ravensburger Sängerin berichtet von ihren Erfahrungen als Teil der deutschen Jury
RAVENSBURG (jam) - Eine junge Ravensburgerin hatte besonderen Einfluss auf das Ergebnis des Eurovision Song Contests (ESC) in Lissabon: Musikerin Lotte war Teil der fünfköpfigen Jury, welche die Punkte aus Deutschland vergab. Deren Urteil floss zu 50 Prozent in das Gesamtergebnis aus Deutschland ein. Über die andere Hälfte entschieden die Zuschauer.
In der Punktejury saßen außerdem die Singer-Songwriter Max Giesinger und Mike Singer, SchlagerIkone Mary Roos und „Revolverheld”-Manager Sascha Stadler. In Hamburg gaben sie für das zweite Halbfinale am Donnerstag und das Finale am Samstag ihre Stimmen ab.
Für den deutschen Teilnehmer Michael Schulte durfte die deutsche Jury freilich nicht abstimmen. Umso mehr freut sich Lotte über das gute Abschneiden des Castingshow-Stars, der mit seinem Song „You Let Me Walk Alone“auf Platz vier landete. „Ich hab mich wahnsinnig gefreut. Wir sind alle stolz auf Michael Schulte, dass er so weit geschafft hat“, sagt Lotte. Sein Song sei riesig, seine Performance toll gewesen, und sehr gut gesungen habe er obendrein. „Weil ich ihn außerdem persönlich ein bisschen kenne, habe ich besonders mitgefiebert.“
Mit der Gewinnerin des diesjährigen Contests – Sängerin Netta aus Israel – hätte Lotte nicht gerechnet, gibt sie zu. „Ich habe sie nicht ganz oben angesiedelt, aber auch nicht ganz unten“, sagt die 22-Jährige. Die Wertungen abzugeben, sei schwierig gewesen, denn „man will den Song nach seinem persönlichen Geschmack bewerten, aber auch auf andere Kriterien eingehen: Wie singt der Interpret den Titel, singt er sauber, welchen Charakter hat seine Stimme, wie ist die Performance, gibt es eine coole Show, hat das Lied eine Botschaft.“
Über das Verfahren selbst dürfe sie nicht viel verraten, sagt Lotte – und tut es dann doch: Jedes Jurymitglied gibt seine Stimme in einem separaten Raum ab, sodass er von der Meinung der anderen nicht beeinflusst wird. Zum Schluss werden alle Punkte zusammengerechnet. Ihre Punkte gab die Jury allerdings nicht – wie das TV-Publikum – während der Finalshow ab, sondern bereits am Vortag nach der Generalprobe.
In Hamburg wurde der ESC am Samstag live übertragen, eingebettet in eine Bühnenshow. Der Finalabend sei auf der Reeperbahn in drei Teile unterteilt gewesen, beschreibt Lotte. Vor der eigentlichen ESC-Sendung gab es auf den Spielbudenplatz eine Countdown-Show. Dabei plauderte Moderatorin Barbara Schöneberger mit den Jurymitgliedern über das Halbfinale und die Chancen der Finalteilnehmer. Dann wurde die Sendung aus Lissabon live auf den Platz übertragen. Es folgte eine sogenannte Pre-Party mit mehreren Künstlern auf der Bühne, auch Lotte hatte einen Auftritt mit ihrer Band. „Das war eine super Erfahrung, das würde ich auf jeden Fall noch einmal machen“, schwärmt Lotte im Anschluss. Gefallen habe ihr zum einen die Gemeinschaft. „Man lernt die anderen Jurymitglieder und deren Geschichte kennen und kommt mit Menschen in Kontakt, die man sonst nicht getroffen hätte.“Eine Ausnahme bilde Max Giesinger, der laut Lotte „zur Musikerfamilie gehört“, unter anderem, weil die beiden das gleiche Management haben. Vor allem aber seit es etwas Besonderes gewesen, Punkte für Deutschland vergeben zu dürfen und „für seinen Musikgeschmack geschätzt zu werden und ein Künstler zu sein, dessen Meinung zählt“.