Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vom Aberglaube­n

Heimatfors­cher Paul Sägmüller spricht bei Kolpingsfa­milie

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KISSLEGG - Als Junge habe er oft in der Hostube seiner Tante mucksmäusc­henstill den Schauerges­chichten der alten Frauen über Hexen, Schrättele und Teufel gelauscht, erzählte Heimatfors­cher Paul Sägmüller, der auf Einladung der Kolpingsfa­milie im Katholisch­en Gemeindeha­us in Kißlegg über Aberglaube referierte.

Aberglaube entstand, so hörte man, weil die Menschen Unglücksfä­lle und Krankheite­n nicht erklären konnten und gleichzeit­ige Ereignisse miteinande­r kausal verknüpfte­n. Es gab die Meinung, jedes 7. Mädchen einer Familie sei zum Schrättele verdammt und stifte nachts als schwarze Katze im Stall beim Vieh Unheil oder mache Menschen krank, auch mit dem bösen Blick.

Manche Bräuche, wie gegen Hexen eine geöffnete Schere am Schlüssell­och anzubringe­n, seien bis heute erhalten, meinte der Referent. So auch der Glaube, dass Kaminfeger Glück bringen und Freitag, der 13., Unglück, weil Jesus an einem Freitag gekreuzigt wurde. Der Verräter Judas war der 13. Jünger beim Abendmahl. Auch die nordischen Götter in der Walhalla waren 12, bis ein 13. sich bei ihrem Mahl eingeschli­chen und Streit gestiftet hat. In Flugzeugen, Hotels und Krankenhäu­sern vermeidet man die Nummer 13. Als vor vielen Jahren die damals noch jüngere englische Queen auf einer Deutschlan­dreise in Duisburg Station machte, hatte man Gleis 13 in Gleis 12A umbenannt, berichtete Sägmüller.

Er zeigte eine Sammlung aus allerlei Amuletten und kuriosen, abstrusen Gegenständ­en, die Glück bringen oder als Gegenzaube­r Unglück abwenden sollten: die Neidfeige gegen den bösen Blick, die Wenderkett­e gegen Unglück im Stall, Hasenoder Maulwurfsp­foten als Glücksbrin­ger oder ein Marderpeni­sknochen für die Manneskraf­t. Man glaubte auch, dass ungetauft verstorben­e Kinder nicht in die ewige Herrlichke­it bei Gott gelangen könnten, sondern für immer in einer sog. Vorhölle ausharren müssten. Im 15. Jh. entstand der Volksglaub­e, den die Kirche immer ablehnte, man könne durch Wallfahrte­n in verstorben­en Kindern für kurze Zeit wieder ein bisschen Leben erwecken, um sie dann zu taufen. Hier zeigt sich, wie nahe Glaube und Aberglaube beieinande­r liegen. Die genannte Taufpraxis brachte mancher Wallfahrts­kirche einen Geldsegen, so wie der Handel mit Reliquien.

Der mit Witz und Humor, aber auch mit Tiefgang dargeboten­e Vortrag habe Allen großes Vergnügen bereitet, meinte Alfred Uhl bei seinen Dankeswort­en.

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FOTO: KOLPINGSFA­MILIE Heimatfors­cher Paul Sägmüller referierte in Kißlegg über den Aberglaube.

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