Bauchweh, aber auch Verständnis
Leerer Forggensee bereitet Urlaubern Sorgen – So manche Befürchtung ist unbegründet
ROSSHAUPTEN - „Die, die vom See leben, trifft es mit voller Härte“, bringt Roßhauptens Bürgermeister Thomas Pihusch die Auswirkungen der Sanierung des Forggensee-Staudamms bei Roßhaupten (Ostallgäu) auf den Punkt. Es gibt eine Reihe von Anrainern und Nutzern, denen der verzögerte oder im schlimmsten Fall ganz ausbleibende Aufstau des Forggensees Bauchweh bereitet.
Gleichzeitig ist da die andere Seite, die sagt: Sicherheit geht vor. Der Damm werde nicht wegen der Böswilligkeit einer Firma saniert. Aus touristischer Sicht, sieht Pihusch auch keinen Grund für Hysterie. Es gebe genug Alternativen in der Region. „Wir akzeptieren es, wie es ist.“
„Wir werden nichts ändern können“, sagt auch Wilhelm Zettl, der Vorsitzende der Seglergemeinschaft Dietringen. „Wenn Fels porös ist, weiß keiner, wie lange das noch hält. Da muss man sofort was machen. Wenn der Damm bricht, haben wir ein paar Jahre keinen Forggensee, von den Schäden ganz zu schweigen.“Andererseits bedeutet ein leerer See für die Seglergemeinschaft riesige Einschnitte: Die eigenen Mitglieder können ihre Boote nicht ins Wasser setzen, Gastsegler suchen sich andere Gewässer und ob die internationale Laserregatta stattfinden kann, steht in den Sternen.
Mit bis zu 8000 Euro Einbußen rechnet Zettl bei einem leeren See. Das sei für den Verein viel Geld. An andere Gewässer ausweichen, sei für die Segler schwierig. Mit kleinen Booten könne man schon woanders hinfahren. Aber die großen brauchten einen Liegeplatz oder gar einen Kran, der sie ins Wasser hievt.
Während bei den Seglern derzeit nichts geht, legt sich die Uniper Kraftwerke GmbH, die Betreiberfirma des Forggensees, mächtig ins Zeug. Mehr Geräte, mehr Arbeiter und Feiertagsarbeit – „wir sind dran, damit alles zügig vorangeht“, sagt Sprecher Theodorus Reumschüssel. „Wir haben zwei Bohrgeräte im Einsatz und versuchen parallel zu arbeiten, wo es geht, um Tempo zu machen.“
Noch mehr Maschinen und Personal würden sich gegenseitig behindern. „Uniper hat sich schnell nach Erkennen des Problems um eine Lösung und die nötigen Spezialfirmen bemüht, die nicht einfach zu kriegen sind“, lobt Pihusch und vergleicht: „Bei der Dammsanierung am Sylvensteinspeicher hatte das gleiche Planungsbüro ein Jahr Vorlauf, am Forggensee sechs Wochen.“
Der Forggensee-Schifffahrt hilft das aber wenig. Können die beiden Schiffe heuer nicht aufs Wasser, drohen Einbußen von über einer Million Euro. Bereits jetzt mussten für Juni gebuchte Reservierungen storniert oder für Sonderfahrten, wie Hochzeiten Alternativen gesucht werden – ganz zu schweigen von ausbleibenden Buchungen. Weniger Gäste verzeichnet auch der Campingplatz Magdalena in Osterreinen. An Pfingsten wird er laut Inhaberin Ursula Eisenmann nicht voll. Bereits 70 Stornierungen verzeichnete der Campingplatz Brunnen in Schwangau bisher. „Das ist viel“, sagt Inhaber Hannes Schweiger. Er habe probiert, die Gäste auf Alternativen, wie eine Besichtigung der alten Römerstraße, hinzuweisen. Aber das seien einmalige Ausflüge und „die Leute wollen am See sitzen, wenn sie zu uns kommen“. Dass der Damm saniert werden muss, ist für Schweiger kein Thema, aber dass Uniper erst so spät angefangen habe, ärgert ihn.
Laut Uniper ging es nicht früher, da erst im Januar klar war, dass ein Aufstau ohne Sanierung zu unsicher sei. Ob und wann der See voll wird, entscheide sich spätestens Anfang Juni. Sicher ist derzeit nur, dass es sich um vier bis sechs Wochen verzögert.
„Das können wir verkraften“, sagt die Schwangauer Tourismusdirektorin Petra Köpf. Zumindest in den Hauptferienmonaten Juli und August hofft sie aber auf so viel Wasser, dass Freizeitbereich und Schifffahrt abgedeckt sind. Sollte das nicht klappen, „müssen wir damit leben. Die Sicherheit steht im Vordergrund und es ist die erste derartige Sanierung in über 60 Jahren“.
Ein Alternativprogramm hat Schwangau noch nicht. Es gebe aber bereits Anfragen für die Führungen des Füssener Geschichtskenners Magnus Peresson über den Seegrund. Zwei zusätzliche Termine wurden angesetzt. In der Gemeinde Halblech, die vor allem unter der Sperrung des Damms für Fahrzeuge leidet, sind die Auswirkungen laut Bürgermeister Johann Gschwill bisher weniger schlimm als erwartet. Nicht verharmlosen will er aber, dass einigen Ladenbesitzern der Durchgangsverkehr fehlt.