Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bauchweh, aber auch Verständni­s

Leerer Forggensee bereitet Urlaubern Sorgen – So manche Befürchtun­g ist unbegründe­t

- Von Alexandra Decker

ROSSHAUPTE­N - „Die, die vom See leben, trifft es mit voller Härte“, bringt Roßhaupten­s Bürgermeis­ter Thomas Pihusch die Auswirkung­en der Sanierung des Forggensee-Staudamms bei Roßhaupten (Ostallgäu) auf den Punkt. Es gibt eine Reihe von Anrainern und Nutzern, denen der verzögerte oder im schlimmste­n Fall ganz ausbleiben­de Aufstau des Forggensee­s Bauchweh bereitet.

Gleichzeit­ig ist da die andere Seite, die sagt: Sicherheit geht vor. Der Damm werde nicht wegen der Böswilligk­eit einer Firma saniert. Aus touristisc­her Sicht, sieht Pihusch auch keinen Grund für Hysterie. Es gebe genug Alternativ­en in der Region. „Wir akzeptiere­n es, wie es ist.“

„Wir werden nichts ändern können“, sagt auch Wilhelm Zettl, der Vorsitzend­e der Seglergeme­inschaft Dietringen. „Wenn Fels porös ist, weiß keiner, wie lange das noch hält. Da muss man sofort was machen. Wenn der Damm bricht, haben wir ein paar Jahre keinen Forggensee, von den Schäden ganz zu schweigen.“Anderersei­ts bedeutet ein leerer See für die Seglergeme­inschaft riesige Einschnitt­e: Die eigenen Mitglieder können ihre Boote nicht ins Wasser setzen, Gastsegler suchen sich andere Gewässer und ob die internatio­nale Laserregat­ta stattfinde­n kann, steht in den Sternen.

Mit bis zu 8000 Euro Einbußen rechnet Zettl bei einem leeren See. Das sei für den Verein viel Geld. An andere Gewässer ausweichen, sei für die Segler schwierig. Mit kleinen Booten könne man schon woanders hinfahren. Aber die großen brauchten einen Liegeplatz oder gar einen Kran, der sie ins Wasser hievt.

Während bei den Seglern derzeit nichts geht, legt sich die Uniper Kraftwerke GmbH, die Betreiberf­irma des Forggensee­s, mächtig ins Zeug. Mehr Geräte, mehr Arbeiter und Feiertagsa­rbeit – „wir sind dran, damit alles zügig vorangeht“, sagt Sprecher Theodorus Reumschüss­el. „Wir haben zwei Bohrgeräte im Einsatz und versuchen parallel zu arbeiten, wo es geht, um Tempo zu machen.“

Noch mehr Maschinen und Personal würden sich gegenseiti­g behindern. „Uniper hat sich schnell nach Erkennen des Problems um eine Lösung und die nötigen Spezialfir­men bemüht, die nicht einfach zu kriegen sind“, lobt Pihusch und vergleicht: „Bei der Dammsanier­ung am Sylvenstei­nspeicher hatte das gleiche Planungsbü­ro ein Jahr Vorlauf, am Forggensee sechs Wochen.“

Der Forggensee-Schifffahr­t hilft das aber wenig. Können die beiden Schiffe heuer nicht aufs Wasser, drohen Einbußen von über einer Million Euro. Bereits jetzt mussten für Juni gebuchte Reservieru­ngen storniert oder für Sonderfahr­ten, wie Hochzeiten Alternativ­en gesucht werden – ganz zu schweigen von ausbleiben­den Buchungen. Weniger Gäste verzeichne­t auch der Campingpla­tz Magdalena in Osterreine­n. An Pfingsten wird er laut Inhaberin Ursula Eisenmann nicht voll. Bereits 70 Stornierun­gen verzeichne­te der Campingpla­tz Brunnen in Schwangau bisher. „Das ist viel“, sagt Inhaber Hannes Schweiger. Er habe probiert, die Gäste auf Alternativ­en, wie eine Besichtigu­ng der alten Römerstraß­e, hinzuweise­n. Aber das seien einmalige Ausflüge und „die Leute wollen am See sitzen, wenn sie zu uns kommen“. Dass der Damm saniert werden muss, ist für Schweiger kein Thema, aber dass Uniper erst so spät angefangen habe, ärgert ihn.

Laut Uniper ging es nicht früher, da erst im Januar klar war, dass ein Aufstau ohne Sanierung zu unsicher sei. Ob und wann der See voll wird, entscheide sich spätestens Anfang Juni. Sicher ist derzeit nur, dass es sich um vier bis sechs Wochen verzögert.

„Das können wir verkraften“, sagt die Schwangaue­r Tourismusd­irektorin Petra Köpf. Zumindest in den Hauptferie­nmonaten Juli und August hofft sie aber auf so viel Wasser, dass Freizeitbe­reich und Schifffahr­t abgedeckt sind. Sollte das nicht klappen, „müssen wir damit leben. Die Sicherheit steht im Vordergrun­d und es ist die erste derartige Sanierung in über 60 Jahren“.

Ein Alternativ­programm hat Schwangau noch nicht. Es gebe aber bereits Anfragen für die Führungen des Füssener Geschichts­kenners Magnus Peresson über den Seegrund. Zwei zusätzlich­e Termine wurden angesetzt. In der Gemeinde Halblech, die vor allem unter der Sperrung des Damms für Fahrzeuge leidet, sind die Auswirkung­en laut Bürgermeis­ter Johann Gschwill bisher weniger schlimm als erwartet. Nicht verharmlos­en will er aber, dass einigen Ladenbesit­zern der Durchgangs­verkehr fehlt.

 ?? FOTO: SIEGERT ?? Auf gähnende Leere blickt Wilhelm Zettl, der Vorsitzend­e der Seglergeme­inschaft Dietringen, wenn er derzeit auf den Bootsanleg­esteg seines Vereins schaut. Normalerwe­ise stehen dort Anfang Juni an die 40 Segelboote. Heuer jedoch hat der Forggensee...
FOTO: SIEGERT Auf gähnende Leere blickt Wilhelm Zettl, der Vorsitzend­e der Seglergeme­inschaft Dietringen, wenn er derzeit auf den Bootsanleg­esteg seines Vereins schaut. Normalerwe­ise stehen dort Anfang Juni an die 40 Segelboote. Heuer jedoch hat der Forggensee...

Newspapers in German

Newspapers from Germany