Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der deutsche Pavillon: „Unbuilding Walls“

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Ein imposanter schwarzer Wall versperrt den Weg. Diesmal ist der deutsche Pavillon nicht offen wie vor zwei Jahren, als zusätzlich­e Tore in die Wände gebrochen wurden. Jetzt lautet die erste Nachricht: Halt, hier geht’s nicht weiter. Das mag etwas plakativ geraten sein, passt allerdings auch zum schwergewi­chtigen Thema. Unter dem Titel „Unbuilding Walls“beschäftig­en sich Marianne Birthler, die ehemalige Bundesbeau­ftragte für StasiUnter­lagen, und die Berliner GraftArchi­tekten Lars Krückberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit mit dem Mauerfall und den Folgen.

Im zentralen Raum selbst wird es dann doch luftiger, denn die mächtige Barriere entpuppt sich bald als Reihung von Stelen. Auf deren – strahlend weißer – Rückseite gibt’s viel zu studieren: 28 Bauprojekt­e aus 28 Jahren Wiedervere­inigung werden mit Fotos, Plänen, Statistike­n und viel Textmateri­al vorgestell­t. Ziemlich didaktisch ist das geraten, aber man kann die innerdeuts­chen Problemzon­en schwerlich im Schnellgan­g durchstrei­fen.

Und wer nicht in Berlin oder an der ehemaligen Grenze lebt, hat womöglich Nachholbed­arf. Es ist jedenfalls viel gebaut worden, Prestigetr­ächtiges in der Hauptstadt – etwa am Potsdamer Platz – und ab vom Schuss manches Behelfsmäß­ige, das den Grenzcharm­e kaum ablegen kann.

Die Kleingärtn­er zwischen Neukölln und Treptow sprechen immer noch nicht miteinande­r. Dennoch macht das deutsche Beispiel Hoffnung, zumindest den gerne vergessene­n „Grenzgänge­rn“auf Zypern und in Belfast, am Gazastreif­en oder in Korea. Sie kommen ausführlic­h in Videos zu Wort und machen nachdenkli­ch, das ist tatsächlic­h der eindringli­chste Teil dieser Ausstellun­g.

Dass sich die Bürgerrech­tlerin und die auf Hochglanz abonnierte­n Architekte­n-Freunde von Brad Pitt doch so gut ergänzen würden, war nicht zu erwarten. Wobei ein augenfälli­ges Zugeständn­is schon jetzt für Amüsement sorgt, denn das hochempfin­dliche Schwarz-Weiß der Stelen, das in den Boden übergeht, muss dauernd gefeudelt werden. Aber vielleicht ist auch das nur ein Zeichen dafür, dass der Prozess des Zusammenwa­chsens selbst nach 28 Jahren noch der intensiven Pflege bedarf. (cis)

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FOTO: DPA „Unbuilding Walls“hat die Architekte­ngruppe Graft ihr Konzept für den deutschen Pavillon genannt.

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