Leutkircherin ist Kreis-Behindertenbeauftragte
Selda Arslantekin setzt sich künftig im Landkreis für die Rechte von Menschen mit Einschränkungen ein
LEUTKIRCH - In einer Sitzung des Kreistages ist die aus Leutkirch stammende Selda Arslantekin neben ihrem Kollegen Jürgen Malcher zur neuen ehrenamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten für den Landkreis Ravensburg gewählt worden. Unsere Mitarbeiterin Gisela Sgier erkundigte sich bei der Sehbehinderten über ihr künftige Aufgaben.
Aus welchem Grund haben Sie sich dazu entschlossen als Selbstbetroffene, das Amt der kommunalen Behindertenbeauftragten, ehrenamtlich zu übernehmen?
Ich bin davon überzeugt, dass nur Menschen, die eine Behinderung haben, zum Ausdruck bringen können, was sie benötigen, um ihre Lebensqualität zu steigern. Ich halte das Mitspracherecht als ein unumgängliches „Muss“, um die Lebensräume den Bedürfnissen der Betroffenen anzupassen. Auf Anraten von Freunden habe ich mich für dieses Amt beworben, um mein
Wissen sowie meine Erfahrungen als Migrant und als Mensch im Kreis Ravensburg bewusst mit- gestalten zu kön- nen.
Welche Aufgaben kommen künftig auf Sie zu?
Den Landkreis in politischen Fragen beraten, die Menschen mit Behinderung betreffen und dies mit gegenseitigem Respekt. Des Weiteren möchte ich mich für Betroffene einsetzen. Außerdem gehört die Koordination der Behindertenbeauftragten sowie der Behindertenbeiräte dazu.
Für wie viele Gemeinden sind Sie künftig im Einsatz?
Für den Allgäuer Raum. Das Gebiet Schussental übernimmt mein Kollege Jürgen Malcher.
Was wünschen Sie sich künftig, als Leutkircherin, für die Menschen mit Behinderung in Leutkirch?
Ich wünsche mir, dass Änderungen, wie zum Beispiel Treppenmarkierungen an öffentlichen Gebäuden und Parkplätzen umgehend verwirklicht werden. Des Weiteren muss das Kopfsteinpflaster in der Innenstadt, durch das ich selber schon Verletzungen erlitten habe, wie in anderen Städten durch eine Bahn großer Platten ersetzt werden. Außerdem sollte Barrierefreiheit keine bloße Idee, son- dern eine Selbstverständlichkeit sein. Für ältere, gehbehinderte und seheingeschränkte Menschen sowie für psychisch Erkrankte sollte barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, um ihnen die Möglichkeit zu einem selbstständigen und selbstbestimmen Wohnen und Leben zu ermöglichen. Wichtig ist auch, mit den Betroffenen gemeinsam zu entscheiden und nicht einfach nur über diese zu bestimmen.
Gibt es Ihres Erachtens für Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen in Leutkirch genügend Möglichkeiten? Wenn ja, welche?
Laut Information des Behindertenbeirates Leutkirch gibt es jeden dritten Samstag im Monat einen offenen Behindertentreff im Carl-Joseph-Seniorenzentrum. Wöchentlich, dienstags einen Behinderten- und Rehasport in der Turnhalle am Oberen Graben. Im Jugendhaus gibt es für Mädchen und junge Frauen immer montags einen Mädchentreff. Außerdem bietet die Lebenshilfe regelmäßig verschiedene Veranstaltungen an.
Auch in Leutkirch stehen im Herbst wieder Wahlen für den Behindertenbeirat an. Dabei sind Menschen mit Behinderung aufgerufen sich zu beteiligen. Können Sie mir sagen, warum sich eine Mitarbeit im Gremium lohnt?
Es lohnt sich immer, dass wir uns aktiv an der Umgestaltung unserer Stadt beteiligen. Denn nur der Betroffene kann sagen, worin die Schwierigkeiten liegen, und maßgeblich dazu beitragen, diese schnellstens zu beheben, um Autonomie zu erlangen. Ich bitte und ermutige alle Betroffenen und deren Angehörigen, sich zu engagieren. Denn ihre Erfahrungen und Erkenntnisse sind enorm wichtig, um Veränderungen zu erzielen. Ihre Mitarbeit ist erforderlich, um auf die Vielfalt der Bedürfnisse aufmerksam zu machen.
Was bedeutet es für Sie, trotz Ihrer Behinderung so ein Amt auszuführen?
Dass ich aktiv mitwirken, mitgestalten und verändern kann. Dass ich zeigen kann, wie selbstbestimmtes Leben umgesetzt werden und aussehen kann. Außerdem möchte ich erreichen, dass die Barrieren in den Köpfen abgebaut werden, indem ich darüber berichte, rede und mich stark mache für Menschen mit Behinderung oder Einschränkung und den individuellen Herausforderungen im Alltag.