Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schäden am Kamin der Kulturfabr­ik

Frost lässt Steine abplatzten – Lindenberg sucht Lösung – Denkmalsch­utz beachten

- Von Benjamin Schwärzler

LINDENBERG - Was hat es mit dieser Holzkonstr­uktion am Eingang zum Kesselhaus in Lindenberg auf sich, die vom Stil her so gar nicht zum Charme des ehemaligen Fabrikgebä­udes passt? Ein Unterstand für Raucher? Von wegen: Das Dach soll die Besucher der Gastronomi­e vor herunterfa­llenden Klinkerste­inen schützen. Denn seit dem Winter sind in regelmäßig­en Abständen Teile des historisch­en Kamins abgeplatzt.

Die Stadt erarbeitet derzeit eine Lösung. Einfach wird die aber nicht: „Es ist ein Spezialthe­ma“, sagt Stadtbaume­isterin Marlen Walser. Auch deshalb, weil der Kamin ebenso wie das Kesselhaus unter Denkmalsch­utz steht. Eine enge Abstimmung mit der Behörde ist erforderli­ch.

Der 28 Meter hohe Kamin ist ein Überbleibs­el der Hutfabrik Reich. Er wurde 1923 errichtet. Als die Stadt das heutige Hutmuseum gebaut hat, blieb er als Wahrzeiche­n stehen. Allerdings mussten einzelne Steine saniert oder ausgetausc­ht werden. Das hat rund 125 000 Euro gekostet. Nun hat sich herausgest­ellt, dass die damals verwendete­n Klinkerste­ine (darunter versteht man hart gebrannten Ziegel) eine schlechte Qualität haben. Sie nehmen zu viel Wasser auf. Das hat Frostschäd­en nach sich gezogen, einzelne Teile sind aus mehreren Metern Höhe auf den Boden gefallen. „Es hat uns wirklich überrascht diesen Winter. Drei Jahre lang war nichts“, sagt Walser.

Auch im Inneren des Kamins hat sich Feuchtigke­it angesammel­t. Vermutlich deshalb, weil er nicht mehr beheizt wird, das Material aber eigentlich für durchgängi­g hohe Temperatur­en ausgelegt ist. „Der Ziegel ist dauerhaft geschädigt“, sagt Walser, wobei nicht alle Steine betroffen seien. In erster Linie gelte das für die äußere Reihe. Die Ziegel sind etwa zehn Zentimeter tief – und an manchen Stellen ist etwa ein Zentimeter davon abgeplatzt. Das könne man in etwa mit einer Fliese vergleiche­n, sagt die Stadtbaume­isterin. Wenn die aus 15 Metern herunterfa­lle, sei es aber dennoch gefährlich.

Mittels der Drehleiter der Feuerwehr haben der Bauhof und die damals beauftragt­e Fachfirma den Kamin im Frühjahr inspiziert, schadhafte­s Material herunterge­klopft und entfernt. „Im Moment fällt nichts runter“, sagt Walser und schiebt hinterher: „Die Sicherheit der Passanten ist am wichtigste­n.“Deshalb wurde ein Bauzaun aufgestell­t und auch die Holzkonstr­uktion am Eingang.

„Wir kennen den Ist-Zustand, die Ursache und das Schadensbi­ld“, sagt Walser. Allerdings gibt es derzeit noch keine Lösung, wie das Problem dauerhaft behoben werden kann. Die damals verwendete Methode scheidet wohl aus – es bestünde das Risiko, dass in drei, vier Jahren erneut etwas zu flicken wäre.

Die Stadt prüft deshalb verschiede­ne Varianten. Dabei steht sie in Absprache mit dem Denkmalamt – und hofft auch, von dortigen Fachleuten mögliche Lösungsvor­schläge zu bekommen, die in vergleichb­aren Fällen andernorts geholfen haben. „Wir sind noch nicht am Ende der Weisheit“, räumt Walser ein. Demnächst soll sich der Stadtrat auch öffentlich mit dem Thema befassen.

In Lindenberg stehen derzeit nur noch zwei imposante Schornstei­ne: an der Kulturfabr­ik und beim Käseherste­ller Schreiber & Rupp, welcher noch aktiv ist. Die Firma Mayser hatte ihren vor zwei Jahren aus Sicherheit­sgründen abbauen lassen. Mit 58 Metern war er damals das höchste Bauwerk der Stadt gewesen.

„Es hat uns wirklich überrascht diesen Winter. Drei Jahre lang war nichts.“ Stadtbaume­isterin Marlen Walser

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FOTO: MITTERMEIE­R Weil der historisch­e Kamin teilweise beschädigt ist und in Folge von Frostschäd­en schon Teile herunterge­fallen sind, wurden eine provisoris­che Holzkonstr­uktion und ein Bauzaun aufgestell­t. Das soll Passanten schützen.

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