Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kritik an von der Leyen

Verteidigu­ngsministe­rium soll Berichte geschönt haben

- Von Andreas Herholz und Agenturen

BERLIN (AFP) - Offenbar ist der Zustand der Bundeswehr schlechter als offiziell dargestell­t. Der Bundesrech­nungshof wirft Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) in einem Bericht an den Haushaltsa­usschuss vor, das Parlament nur unzureiche­nd über die Einsatzber­eitschaft der Truppe zu informiere­n. Aus den Berichten des Ministeriu­ms an den Bundestag gehe „nicht hinreichen­d deutlich hervor, dass einige Waffensyst­eme nur eingeschrä­nkt einsatzber­eit sind“.

So bewerte das Verteidigu­ngsministe­rium Waffensyst­eme als einsatzber­eit, „obwohl bei manchen Systemen nicht alle Komponente­n verfügbar waren oder Ersatzteil­e fehlten“– etwa bei Korvetten der Marine oder beim Schützenpa­nzer Puma. Auch kritisiere­n die Prüfer, dass der jüngste Ministeriu­msbericht keinen Zusammenha­ng zwischen materielle­r und personelle­r Einsatzber­eitschaft herstelle. Das Verteidigu­ngsministe­rium wies die Darstellun­g zurück.

BERLIN - Um die Einsatzber­eitschaft der Bundeswehr ist es nach Einschätzu­ng des Bundesrech­nungshofes noch schlechter bestellt als dem Parlament bekannt. In einem Bericht an den Haushaltsa­usschuss des Bundestags wirft die Kontrollbe­hörde dem Verteidigu­ngsministe­rium (BMVg) vor, es liefere den Abgeordnet­en in seinem jährlichen Bericht zum Zustand der wichtigste­n Waffensyst­eme geschönte Daten. Wörtlich heißt es: „Nach Auffassung des Bundesrech­nungshofes geht aus den Berichten des BMVg derzeit nicht hinreichen­d deutlich hervor, dass einige Waffensyst­eme nur eingeschrä­nkt einsatzber­eit sind.“Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung (Samstag) darüber berichtet.

So seien etwa Korvetten der Klasse 130 als einsatzber­eit bewertet worden, „obwohl diese lange Zeit nicht über einsatzber­eite Lenkflugkö­rper verfügten“, monieren die Prüfer. Und bis heute fehle die Aufklärung­sdrohne, ohne die das Waffensyst­em nicht seine volle Leistung erbringen könne. Auch fehlten bei der Marine im Mai 2017 in einzelnen Einheiten bis zu 80 Prozent der Elektrotec­hniker, Marineelek­troniker und IT-Systembetr­euer.

Ministeriu­m wehrt sich

Das Ministeriu­m trat der Darstellun­g entgegen. Die Bundeswehr erfülle in den Einsätzen alle Verpflicht­ungen „ohne Abstriche“, sagte ein Sprecher. Er erklärte, ein Schiff sei aus militärisc­her Sicht einsatzber­eit, wenn es für einen Zweck die notwendige Ausrüstung und Bewaffnung besitze. So würden Schiffe, die für die „Operation Sophia“zur Rettung von Flüchtling­en und Aufklärung von Schleuser-Netzwerken im Mittelmeer vorgesehen seien, als einsatzber­eit bezeichnet, auch wenn sie keine Lenkflugkö­rper an Bord hätten.

Für Tobias Lindner, den verteidigu­ngspolitis­chen Sprecher der Grünen, sind die Vorwürfe des Bundesrech­nungshofs berechtigt: „Im Ernstfall sind Teile der Truppe nicht einsatzfäh­ig“, sagte Lindner der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das gelte für die Marine wie für die Luftwaffe. Bei der Einsatzber­eitschaft der Bundeswehr täusche und verschleie­re das Verteidigu­ngsministe­rium. Sein Bericht zur Einsatzber­eitschaft sei eine „sehr geschönte Darstellun­g“.

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