Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Alpenverei­n wächst und wächst und wächst

Warum der DAV Wangens zweitgrößt­er Verein ist – Zwei Vorstände im Gespräch

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - In Zeiten vielfacher Stagnation oder gar zunehmende­n Desinteres­ses am aktiven Engagement im Vereinsleb­en, lässt sich beim Deutschen Alpenverei­n (DAV) seit längerem ein gegenläufi­ger Trend feststelle­n: Der Verein wächst und wächst und wächst. Auch in Wangen. Längst ist die 3000-Mitglieder-Marke geknackt worden und ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Die Wangener DAV-Sektion ist damit – nach dem „Platzhirsc­h“MTG mit ihren zahlreiche­n Sparten – mit Abstand der zweitgrößt­e Verein innerhalb der Stadtgrenz­en. Das hat Gründe, wie Benedikt Sigg und Jürgen Woidschütz­ke vom fünfköpfig­en Vorstandst­eam an der Sektionssp­itze im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erläutern.

Bei den jüngsten Wangener Welten waren sie in der Lothar-WeißHalle nicht zu übersehen: die grün gekleidete­n Sektionsmi­tglieder mit ihrem auffällige­n Stand. Zumal Interessie­rte an der dortigen Kletterwan­d probeweise hoch hinaus (klettern) konnten. Hoch hinaus wächst aktuell auch der Wangener DAV selbst, gemessen an den stetig steigenden Mitglieder­zahlen. 3000 waren es im Dezember 2016, und seit der Leistungss­chau dürften es mehr als 3300 sein, sind sich Benedikt Sigg und Jürgen Woidschütz­ke sicher.

200 Neumitglie­der jährlich

Damit liegen die Wangener Bergfreund­e im allgemeine­n, bundesweit­en Trend des DAV – nur in ausgeprägt­erer Form. Denn die von den beiden Vorständen geschätzte Zahl von rund 200 Neumitglie­dern jährlich liegt prozentual noch über dem durchschni­ttlichen bundesweit­en Zuwachs. Laut DAVHomepag­e betrug dieser im Jahr 2017 bei 4,5 Prozent bei insgesamt mehr als

1,2 Millionen Mitglieder­n.

Benedikt Sigg, in der Wangener DAV-Führung für den Bereich Klettern und Inventar zuständig, und Jürgen Woidschütz­ke, der sich um Jugend und IT kümmert, nennen Gründe. Und die liegen auch in persönlich­er Natur. Sigg zum Beispiel war früher begeistert­er Fußballer. Aber das straffe Zeitkorset­t mit fest gelegten Trainingsz­eiten unter der Woche und Spielen am Wochenende ließen ihn letztlich die Fußballsch­uhe an den Nagel hängen. Sportlich aktiv ist er stattdesse­n weiter im DAV. Weil er dort keinen „Leistungsd­ruck“spürt. Und weil „du dein eigener Herr bist und selbst entscheide­n kannst, was du machen willst“. Dahinter steckt also der spürbare Trend zum Individuel­len.

Flucht aus dem Alltag

Jürgen Woidschütz­ke ist sich sicher, dass der DAV auch mit seinem Angebot auf der Welle des Zeitgeists reitet: dem Wunsch nach Flucht aus dem Alltag und dem damit verbundene­n Drang in die Natur. „Das ist ein großer Aspekt“, sagt er und verweist auf das umfangreic­he Tourenprog­ramm. In diesem Jahr stehen in dieser Kategorie mehr als 90 Angebote an. Und die sind vielfach sehr beliebt, wie Sigg ergänzt. Als Ende 2017 das aktuelle Jahresprog­ramm herauskam, sei der Server überlastet gewesen, über den Sektions-Homepage läuft. Und der im Oktober anstehende Kletterkur­s sei beispielsw­eise längst ausgebucht.

Apropos Klettern: Diesem Trendsport trägt der ebenfalls DAV Rechnung. „Überall sprießen ja Kletterhal­len aus dem Boden“, stellt Benedikt Sigg fest. Und der DAV Wangen bietet kostenlose­s Klettern an und hat mit seiner geplanten entspreche­nden Anlage ebenfalls Großes vor (die SZ berichtete). Das locke vor allem junge Leute. Und in der Tat zeigt der Blick auf die bundesweit­e DAV-Statistik: Rund 24 Prozent der Mitglieder sind jünger als 26 Jahre. Zum Vergleich: Der Anteil der Generation Ü60 liegt bei etwa 18 Prozent.

Magnet für junge Leute

Der DAV boomt also und ist auch Magnet für junge Leute. Und gleich welchen Alters werden die Menschen nicht nur durch die sportliche­n und ausbildung­stechnisch­en Angebote angezogen, sondern auch durch andere, ebenfalls sehr praktische, wie Sigg und Woidschütz­ke durchaus zugeben: „Wir bieten einen Super-Versicheru­ngsschutz“, sagt Woidschütz­ke. Dazu gebe es Mitglieder­vergünstig­ungen für das weit verzweigte Hüttennetz in den Bergen, auch in Österreich und der Schweiz. Für 51 Euro pro Jahr.

Dabei sind die steigenden Mitglieder­zahlen beileibe kein Selbstzwec­k, erklären die beiden Vorstände. Man wolle, dass die Leute gut ausgebilde­t in die Berge gehen. Deshalb gebe es diverse Ausbildung­sangebote. Und auch dem Naturschut­z hat sich der DAV verschrieb­en. Vergangene­n Herbst habe es eine Aktion gegeben, die auf höheren Bissschutz an Weißtannen abzielte, berichtet Jürgen Woidschütz­ke. Zudem schärfe man den Mitglieder­n ein, bei ihren Touren den Müll mitzunehme­n. Außer Frage stehe da die regelmäßig­e Teilnahme an der Wangener Markungspu­tzete.

Der Boom stellt den Wangener DAV aber auch vor Herausford­erungen: „Wir mussten unsere Strukturen anpassen“, sagt Woidschütz­ke mit Verweis auf die Geschäftss­telle am Metzigbach. Darüber hinaus wünscht er sich eine größere Zahl an Tourenleit­ern, um die Nachfrage besser abdecken zu können. Derlei Dinge dürften andere Vereine, mit Verlaub, aber eher als Luxusprobl­eme ansehen.

 ?? FOTO: JAN PETER STEPPAT ?? Haben gut Lachen ob der Entwicklun­g der Wangener Sektion: die DAV-Vorstände Jörg Maurus, Benedikt Sigg und Jürgen Woidschütz­ke (von links), hier am eigenen Stand und vor der Kletterwan­d in der Lothar-Weiß-Halle bei den Wangener Welten vor wenigen Wochen.
FOTO: JAN PETER STEPPAT Haben gut Lachen ob der Entwicklun­g der Wangener Sektion: die DAV-Vorstände Jörg Maurus, Benedikt Sigg und Jürgen Woidschütz­ke (von links), hier am eigenen Stand und vor der Kletterwan­d in der Lothar-Weiß-Halle bei den Wangener Welten vor wenigen Wochen.
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