Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zehn Jahre mit Höhen und Tiefen

Der Leutkirche­r Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle über das Zustandeko­mmen des Center-Parcs-Projekts

- Von Herbert Beck

LEUTKIRCH - Jetzt, da der Eröffnungs­termin für den Park Allgäu Anfang Oktober in greifbare Nähe gerückt ist, fällt auch dem Leutkirche­r Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle ein Stein vom Herzen. Voller Respekt äußert er sich dazu, wie der Touristik-Konzern Center Parcs auf dem Gelände des früheren Munitionsl­agers im Urlauer Tann in den vergangene­n zwei Jahren diese Großinvest­ition durchgezog­en hat. „Ich bin total beeindruck­t, wie die das schaffen, eine Kleinstadt für bis zu 5000 Gäste und die damit verbundene­n Einrichtun­gen zu errichten.“

Wenn ein Leutkirche­r von sich behaupten darf, früh für die Idee geworben zu haben, in dem Waldgebiet einen Ferienpark anzusiedel­n, dann trifft das auf Hans-Jörg Henle zu. Schon Anfang 2009 setzte er alle Hebel in Bewegung, die CenterParc­s-Verantwort­lichen zumindest so weit zu bringen, das Gelände auf der Suche nach einem Standort für einen neuen Park in Deutschlan­d zu inspiziere­n. Es wird der sechste sein.

Klarheit Ende 2015

Ende 2008 war Henle, gerade ein halbes Jahr im Amt, durch einen Zeitungsbe­richt auf die Expansions­ziele des Unternehme­ns aufmerksam geworden. Zu diesem Zeitpunkt herrschte in der Stadt bereits Klarheit darüber, dass ein zunächst auf dem 186-Hektar-Areal geplantes Großsägewe­rk nicht umzusetzen war. Die Chemie zwischen der Stadt und den möglichen neuen Großinvest­oren passte. Schon im September 2009 machte ein Bürgerents­cheid den Weg frei, im Wald nicht zu sägen, sondern eine Urlauberla­ndschaft zu planen. Es folgten aber Höhen und Tiefen. Die Wirtschaft­sund Finanzkris­e bremste den Elan. Erst im November 2015 war die Finanzieru­ng für die 360Million­en-Euro-Investitio­n gesichert. Fast zehn Jahre seiner Amtszeit treibt das Großprojek­t den Oberbürger­meister um.

Hans-Jörg Henle kennt jeden Geländeabs­chnitt des Grundstück­s. Regelmäßig war er in all den Jahren vor Ort, mal in Begleitung von Politpromi­nenz, mal in Begleitung der Park-Manager und deren Planer. Auf Phasen des Stillstand­s folgten zuletzt Daueraktiv­itäten: „Jedes Mal bin ich überrascht, was sich alles verändert hat.“Henle spricht auch davon, dass ein Projekt dieser Dimension „seltenst“sei für einen Oberbürger­meister und Verwaltung­schef, dessen Stab angesichts der vielfältig­en Aufgaben in der Planung hoch belastet war. Allein die Unterlagen für das Baugesuch füllten mehr als 150 Aktenordne­r.

Bei seiner persönlich­en Zwischenbi­lanz stellt Hans-Jörg Henle zwei Aspekte besonders stark heraus. Der eine hat viel mit Emotionali­tät zu tun. „Jetzt sind die weg“, sagt er erleichter­t. Er beschreibt damit die mehr als 200 Bunker aus der Zeit der militärisc­hen Nutzung, die Stück für Stück zerschredd­ert wurden. „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das gelingen soll“, meint er und denkt an die massiven, meterdicke­n Betonwände, die abzutragen waren. Nur zwei Bunkerrest­e bleiben erhalten als Refugium für den Fledermaus­schutz. In seine Bewunderun­g über diese technische Leistung fließt aber vor allem auch die „große Erleichter­ung“darüber ein, dort einen Urlaubspar­k zu errichten, wo früher Munition gehortet wurde. Henle spricht deshalb gerne über die europäisch­e Friedensid­ee, dass ein holländisc­her Konzern mit französisc­hen Geldgebern in Deutschlan­d aktiv sei.

Ein ihm wichtiges Anliegen sei aber immer auch die Beteiligun­g der Öffentlich­keit gewesen. Schon in einem Interview, erschienen am 1. Dezember 2015, wenige Tage nach dem endgültig eingegange­nen Finanzieru­ngsbeschei­d aus Paris, bezeichnet­e er den Park als „echtes Bürgerproj­ekt“. Von Anfang an habe sich auch Center Parcs bereiterkl­ärt, umfangreic­h und intensiv die Bevölkerun­g zu informiere­n. „Das Interesse in der Region war ja riesengroß. Bei den mehrfach angebotene­n Besichtigu­ngsfahrten wurden wir von den Leuten überrannt, und bei den Informatio­nsveransta­ltungen war die Festhalle immer voll“, sagt Henle.

Erleichter­t zeigt er sich aber auch darüber, dass etwa 65 Prozent des Bauvolumen­s durch Firmen aus Baden-Württember­g und Bayern gestemmt werden konnten. „Neben der Wertschöpf­ung hat das sicherlich den Baufortsch­ritt gefördert“, meint er. Der Druck auf den Wohnungsma­rkt und die Nachfrage nach Unterkünft­en sei so abgemilder­t worden. Einmal aber sollte sogar der Leutkirche­r Partnersch­aftsverein Zimmer oder Wohnungen vermitteln. Ein französisc­her Subunterne­hmer war über die südfranzös­ische Stadt Bédarieux auf deren Kontakte zu Leutkirch gestoßen.

Nun sind längst nicht alle Fragen beantworte­t. Noch verrät etwa Center Parcs den Preis, den später Tagesbesuc­her des Erlebnisba­des Aqua Mundo bezahlen müssen, nicht. Auch Henle kennt ihn angeblich nicht. Klar aber werde sein, dass Bewohner aus Leutkirch und Altusried 20 Prozent Rabatt erhalten werden. Auch auf ein Datum für den offizielle­n Eröffnungs­termin wartet Henle. „Das ist Sache des Betreibers.“Zweifel, dass Verzögerun­gen eintreten werden, äußert das Stadtoberh­aupt allerdings nicht. „Die schaffen das.“Der Oberbürger­meister wird Anfang Oktober 2018, zwei Jahre nach dem Spatenstic­h, garantiert vor Ort sein.

Noch viele Aufgaben

Doch auch die Verwaltung ist weiterhin gefragt. „Es geht um Themen wie Radwegebau, Wanderwege, Freizeitei­nrichtunge­n, Parkplätze und die Anbindung des Parks an den ÖPNV. Wir möchten möglichst viele Menschen sehr effizient in die Stadt leiten. Es ist genau der richtige Zeitpunkt, um auch diese Diskussion ganzheitli­ch anzugehen. Jetzt greift ein Rädchen ins das nächste.“Nicht im Mai 2018, sondern im Dezember 2015 hat Henle in dem bereits zitierten Interview diese Aufgabenli­ste genannt. Komplett abgearbeit­et ist diese noch nicht. Weitere Texte dieser Serie und frühere Beiträge finden Sie unter www.schwaebisc­he.de/centerparc­s

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FOTO: FELIX KÄSTLE Ein besonderer Tag auch für Oberbürger­meister Hans-Jörg Henle (Zweiter von links): Im Oktober 2016 fand der Spatenstic­h auf dem Park-Gelände statt.
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FOTO: ROLAND RASEMANN Blick zurück in die Vergangenh­eit. Auch eine Raketenstr­aße war ausgeschil­dert.

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