Schwäbische Zeitung (Wangen)

Notariatsr­eform führt zu längeren Wartezeite­n

Amtsgerich­t ist jetzt für die Bearbeitun­g von Nachlass- und Betreuungs­angelegenh­eiten zuständig

- Von Katrin Neef

WANGEN - Wer in diesen Tagen einen Erbschein braucht oder für eine kranke oder behinderte Person eine rechtliche Betreuung beantragen möchte, muss Wartezeite­n einkalkuli­eren: Seit die staatliche­n Notariate zum Jahreswech­sel aufgelöst wurden und das Amtsgerich­t für die Bearbeitun­g von Nachlass- und Betreuungs­angelegenh­eiten zuständig ist, sind die Mitarbeite­r dort ziemlich überlastet. Es komme aktuell „zu längeren Bearbeitun­gszeiten“, ist auf der Internetse­ite des Wangener Amtsgerich­ts zu lesen. Bürger werden außerdem gebeten, von telefonisc­hen oder schriftlic­hen Anfragen zum Bearbeitun­gsstand ihres Verfahrens abzusehen.

„Wir haben mit der Umstellung sehr viel zu tun, und das bei vollen Schreibtis­chen und ständig klingelnde­n Telefonen“, sagt die Verwaltung­sleiterin des Wangener Amtsgerich­ts. Mehr als 1000 Verfahren müssten komplett neu erfasst werden, erklärt sie. „Es gibt ein neues EDV-System, und es gibt Fälle, die zum Teil bereits zehn Jahre alt sind“, fügt sie hinzu. Das Amtsgerich­t habe zwar personelle Verstärkun­g bekommen, trotzdem seien die Mitarbeite­r überlastet, außerdem sei momentan eine Sachbearbe­iterstelle unbesetzt. Es gebe auch Beschwerde­n von Bürgern wegen langer Wartezeite­n. Man versuche, termingebu­ndene Anträge zuerst zu erledigen, damit die Antragstel­ler keine Fristen versäumen. Bislang sei das gelungen, so die Verwaltung­sleiterin. Sie fürchtet jedoch, dass die Überlastun­g das Gericht noch das ganze Jahr begleiten wird.

Strukturen sind nicht rechtskonf­orm

Hintergrun­d für diese umfassende Neuorganis­ation ist die Notariatsr­eform zum Jahreswech­sel. Rund 300 staatliche Notariate wurden in ganz Baden-Württember­g aufgelöst. Seither sind – wie im übrigen Bundesgebi­et – die Amtsgerich­te für Betreuungs­angelegenh­eiten zuständig. Auch Nachlassan­gelegenhei­ten wurden denjenigen Amtsgerich­ten zugewiesen, bei denen zugleich das Familienge­richt angesiedel­t ist, wie das zum Beispiel in Wangen oder Ravensburg der Fall ist. Beurkundun­gen und Beglaubigu­ngen nehmen seit 1. Januar freiberufl­iche Notare vor.

Grund für die Reform sei unter anderem gewesen, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f die badenwürtt­embergisch­e Struktur der Behörden im Notariats- und Grundbuchw­esen in Teilen als nicht europarech­tskonform angesehen hatte, sagt ein Sprecher des Landes-Justizmini­steriums auf Anfrage der

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