Notariatsreform führt zu längeren Wartezeiten
Amtsgericht ist jetzt für die Bearbeitung von Nachlass- und Betreuungsangelegenheiten zuständig
WANGEN - Wer in diesen Tagen einen Erbschein braucht oder für eine kranke oder behinderte Person eine rechtliche Betreuung beantragen möchte, muss Wartezeiten einkalkulieren: Seit die staatlichen Notariate zum Jahreswechsel aufgelöst wurden und das Amtsgericht für die Bearbeitung von Nachlass- und Betreuungsangelegenheiten zuständig ist, sind die Mitarbeiter dort ziemlich überlastet. Es komme aktuell „zu längeren Bearbeitungszeiten“, ist auf der Internetseite des Wangener Amtsgerichts zu lesen. Bürger werden außerdem gebeten, von telefonischen oder schriftlichen Anfragen zum Bearbeitungsstand ihres Verfahrens abzusehen.
„Wir haben mit der Umstellung sehr viel zu tun, und das bei vollen Schreibtischen und ständig klingelnden Telefonen“, sagt die Verwaltungsleiterin des Wangener Amtsgerichts. Mehr als 1000 Verfahren müssten komplett neu erfasst werden, erklärt sie. „Es gibt ein neues EDV-System, und es gibt Fälle, die zum Teil bereits zehn Jahre alt sind“, fügt sie hinzu. Das Amtsgericht habe zwar personelle Verstärkung bekommen, trotzdem seien die Mitarbeiter überlastet, außerdem sei momentan eine Sachbearbeiterstelle unbesetzt. Es gebe auch Beschwerden von Bürgern wegen langer Wartezeiten. Man versuche, termingebundene Anträge zuerst zu erledigen, damit die Antragsteller keine Fristen versäumen. Bislang sei das gelungen, so die Verwaltungsleiterin. Sie fürchtet jedoch, dass die Überlastung das Gericht noch das ganze Jahr begleiten wird.
Strukturen sind nicht rechtskonform
Hintergrund für diese umfassende Neuorganisation ist die Notariatsreform zum Jahreswechsel. Rund 300 staatliche Notariate wurden in ganz Baden-Württemberg aufgelöst. Seither sind – wie im übrigen Bundesgebiet – die Amtsgerichte für Betreuungsangelegenheiten zuständig. Auch Nachlassangelegenheiten wurden denjenigen Amtsgerichten zugewiesen, bei denen zugleich das Familiengericht angesiedelt ist, wie das zum Beispiel in Wangen oder Ravensburg der Fall ist. Beurkundungen und Beglaubigungen nehmen seit 1. Januar freiberufliche Notare vor.
Grund für die Reform sei unter anderem gewesen, dass der Europäische Gerichtshof die badenwürttembergische Struktur der Behörden im Notariats- und Grundbuchwesen in Teilen als nicht europarechtskonform angesehen hatte, sagt ein Sprecher des Landes-Justizministeriums auf Anfrage der