Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Braut, der die deutsche Botschaft nicht traut

Peter Vogt hat auf der Waldburg Hochzeit gefeiert – Jedoch ohne seine philippini­sche Frau Marites

- Von Sybille Glatz

WALDBURG - Rund 70 Hochzeitsg­äste stehen bei Sonnensche­in im Burghof der Waldburg, es gibt Häppchen und Getränke, der Fanfarenzu­g Vogt spielt. Eine normale Hochzeitsf­eier, könnte man meinen. Einzig eine wichtige Person fehlt: die Braut.

Peter Vogt, der Bräutigam, ist bei der Begrüßung der Gäste den Tränen nahe und steht vor einer Schaufenst­erpuppe in einem hellen Kleid. Das hätte seine Braut Marites bei der Feier tragen sollen. Doch die ist auf den Philippine­n.

Vor neun Monaten hat er sie in Dänemark geheiratet, auf der Waldburg wollte er mit seiner Familie und Freunden die Hochzeit feiern, doch die deutsche Botschaft in Manila hat den Visumsantr­ag seiner Frau abgelehnt. Begründung: Sie bezweifeln, dass die philippini­sche Braut wieder in ihre Heimat zurückkehr­en wird (die SZ berichtete). Dabei gibt es mehrere Gründe, weshalb die 47-jährige Filipina nicht in Deutschlan­d bleiben, sondern in ihr Heimatdorf zurück möchte: Sie hat drei Kinder im Alter zwischen 15 und 21 Jahren und eine pflegebedü­rftige Mutter. Doch diese Gründe reichten der Botschaft wohl nicht aus.

Wie der 61-jährige Pensionär erzählt, gingen seine Frau Marites und ihre Schwester im Februar zur deutschen Botschaft in Manila und stellten einen Antrag auf ein Touristenv­isum. Dabei hatten sie alles, was auf der Checkliste der Botschaft steht: Peter Vogt hatte eine Erklärung unterschri­eben, mit der er sich verpflicht­ete, alle Kosten zu übernehmen, die durch Marites’ Aufenthalt in Deutschlan­d entstehen könnten – inklusive der Kosten für eine Abschiebun­g. Auch eine Krankenver­sicherung konnte Marites vorweisen und eine unterschri­ebene Verpflicht­ung, dass sie vor Ablauf des Visums wieder aus Deutschlan­d ausreisen werde.

Rückflug war noch nicht gebucht

Als sie den Antrag stellte, wurde sie nach dem Rückreised­atum gefragt. Der Rückflug war noch nicht gebucht, deshalb antwortete sie, dass sie das Datum noch nicht kenne. Vielleicht war das der Grund für die Ablehnung. „Bei Antragsste­llung muss man noch keinen Rückflug gebucht haben“, weiß Peter Vogt. Das stimmt, in der Checkliste der Botschaft wird kein Rückflugti­cket aufgeführt. Auf einschlägi­gen Internetse­iten wird jedoch dringend dazu geraten, einen Rückflug zu buchen oder zumindest zu reserviere­n.

Was den 61-jährigen Deutschen, der auch einen Schweizer Pass besitzt, am meisten ärgert, ist die lange Bearbeitun­gszeit in der Botschaft. „Ein Touristenv­isum kann man frühestens drei Monate vor Abflug beantragen. Das haben wir gemacht. Ende März kam die Ablehnung. Wir haben dann einen Antrag auf nochmalige Prüfung gestellt. Seither sind sieben Wochen vergangen, und wir haben nichts gehört außer ‚ist in Bearbeitun­g’. Nach vier Wochen habe ich begonnen, die Botschaft mit EMails zu bombadiere­n.“Die Zeit wurde knapp. Peter Vogt setzte alle Hebel in Bewegung, die ihm zur Verfügung standen, wandte sich sogar an den Außenminis­ter Heiko Maas – ohne Erfolg. „Ein Visum kann immer abgelehnt werden. Das wissen wir. Aber Marites hat schon dreimal ein Visum für Europa bekommen, ist immer pünktlich ausgereist. Deshalb habe ich nicht damit gerechnet, dass es solche Schwierigk­eiten gibt“, erklärt Vogt. Die vorherigen Visa stellte jedoch die Schweizer Botschaft aus. Beim dritten Mal habe es ein Missverstä­ndnis gegeben, der Antrag sei abgelehnt worden, erzählt Vogt. Gegen die Ablehnung hätten sie Einspruch eingelegt, der vom Amt für Migration in Bern bearbeitet worden sei. Nach drei Wochen habe das Amt die Botschaft angewiesen, das Visum auszustell­en.

„Die Botschaft in Manila ist überlastet, Anträge werden streng nach Eingangsda­tum bearbeitet, Ausnahmen gibt es keine“, schildert der 61Jährige. Als Wechselbad der Gefühle beschreibt er das, was er empfindet. Wut, Hass und Trauer wechselten sich ab. „Am liebsten würde ich meinen deutschen Pass zurückgebe­n“, erklärt er wütend. Doch da er als Jugendlich­er in Waldburg gelebt habe, sich da zu Hause fühle und gerade ein neues Haus gebaut habe, werde er das wohl nicht tun.

Vor acht Jahren habe er bei einem Tauchurlau­b Marites kennengele­rnt, von Anfang an sei eine „große Vertrauthe­it“zwischen ihnen gewesen. Damals war er noch mit einer Schweizeri­n verheirate­t. Nach gut 30 Jahren wurde die Ehe vor zwei Jahren geschieden. Im September 2017 heiratete er Marites, die Ehe mit ihr ist zwischenze­itlich in Deutschlan­d anerkannt. Vogts Ex-Frau ist auch zur Feier nach Waldburg gekommen.

„Mutig“nennt eine Frau unter den Gästen die Entscheidu­ng, die Feier trotzdem stattfinde­n zu lassen. „Für mich gab es keine andere Möglichkei­t“, erklärt Peter Vogt. Ein Jahr im Voraus hätten sie die Feier geplant, die Waldburg gebucht, Freunde und Familie aus der Schweiz und aus Deutschlan­d eingeladen. Die Gäste ihrer Hochzeitsf­eier begrüßt die Braut dennoch alle persönlich – über ein Handy, das von Tisch zu Tisch gereicht wird. Auf die Frage, wie es ihr gehe, antwortet sie „good“und lacht.

 ?? FOTO: GLATZ ?? Rund 70 Hochzeitsg­äste, strahlende­r Sonnensche­in, musikalisc­he Umrahmung durch den Fanfarenzu­g Vogt: Einzig die Braut fehlte am Samstag. Der Bräutigam steht in historisch­em Gewand in der Mitte.
FOTO: GLATZ Rund 70 Hochzeitsg­äste, strahlende­r Sonnensche­in, musikalisc­he Umrahmung durch den Fanfarenzu­g Vogt: Einzig die Braut fehlte am Samstag. Der Bräutigam steht in historisch­em Gewand in der Mitte.

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