Hörsaal statt Bundesliga
Bundesligaschiedsrichter Robert Hartmann gibt an der Hochschule in Weingarten Einblicke in sein Wirken
WEINGARTEN (falx) - Hörsaal statt Bundesliga – für Schiedsrichter Robert Hartmann aus Wangen war die Umstellung kein großes Problem. Wie auch in der Bundesliga moderierte der 39-Jährige die Veranstaltung souverän, verwarnte wenig und ließ sich nur am Ende etwas in Diskussionen verstricken.
Doch waren die Protagonisten, mit denen er an diesem Abend agieren musste, keine emotionsgeladenen Bundesligaspieler, sondern Studenten, Professoren und Interessierte, denen er im Hörsaal der Hochschule Ravensburg-Weingarten aus seinem Leben als Schiedsrichter berichtete. Dabei ließ der Wangener beinahe kein Thema aus, sprach offen über seinen persönlichen Weg an die nationale Spitze der Schiedsrichter, den Druck, der auf den Unparteiischen lastet und auch über den viel diskutierten Videobeweis. Die Frage, die er am Anfang an die Hand gab lautete: „Ist der Schiedsrichter vielleicht auch nur ein Sportler, der versucht, das beste für sich und seinen Sport zu erreichen?“Kein Wesen, das unaufhörlich beschimpft werden kann und es gefühllos hinnimmt, sondern immer ein Mensch.
76 000 Schiedsrichter gebe es in Deutschland, 24 pfeifen derzeit 1. Bundesliga, reisen jeweils einen Tag vor den Spielen an, haben einen Physiotherapeuten dabei, bereiten jeden Einsatz intensiv nach und versuchen, möglichst nicht im Vordergrund zu sein. „Ich habe einfach Spaß daran, Entscheidungen zu treffen, Maßnahmen zu ergreifen und habe dadurch auch gelernt, mit Kritik umzugehen – berechtigt und unberechtigt“, sagt Hartmann, der vor 23 Jahren seine Schiedsrichterprüfung ablegte. Die Arbeit in der Bundesliga sei immer noch Spaß, aber auch anstrengend. „Wer einmal in Dortmund vor der Südtribüne einen Elfmeter gegen die Borussia gepfiffen hat, der weiß, was Druck ist“, sagt Hartmann.
Dabei sei der Videobeweis vor allem hilfreich. „Die Spielsysteme haben sich in den letzten Jahren geändert, es wird viel gepresst, höher verteidigt, mehr Zweikämpfe geführt – die Spiele sind enger und unübersichtlicher. Die Schiedsrichter brauchen da technische Hilfsmittel, anders geht es nicht mehr“, ist sich Hartmann sicher. Dass der Videoassistent auch für Schiedsrichter ein gravierender Einschnitt war, sei unbestritten, nun gelte es, an Stellschrauben zu drehen. „Es wird immer Szenen geben, die sind nicht klar, da gibt es Interpretationsspielraum. Aber auch wir sind Sportler und nicht fehlerfrei. Ein fehlerfreies Spiel wird es nicht geben“, sagt Hartmann.