Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sicherheit für Wertsachen und Bargeld

Nachfrage nach Schließfäc­hern nimmt zu – Auch die Gebühren steigen – Dienstleis­ter bieten Alternativ­en zu Banken

- Von Manfred Fischer

SCHONDORF - Bankenkris­e, Eurokrise, Zinskrise: Das Vertrauen von Sparern und Privatanle­gern in die Finanzmärk­te ist strapazier­t. Viele kaufen Gold oder andere Sachwerte, viele horten Bargeld. Die Nachfrage nach Schließfäc­hern ist stark gestiegen, gleichzeit­ig hat sich das Filialster­ben verschärft. Wie knapp sind die freien Kapazitäte­n? Wie groß ist die Preispanne? Und wie sieht es mit dem Versicheru­ngsschutz aus?

Welche Geldhäuser haben freie Kapazitäte­n?

Wie viele Schließfäc­her es in Deutschlan­d gibt, weiß niemand. Fraglich ist, wie sich das Angebot insgesamt entwickelt. Einerseits hält das Filialster­ben von Banken, Sparkassen und Genossen schafts instituten an– Tresorräum­e verschwind­en. Anderersei­ts gehen Schließung­en nicht selten mit Umbauten an anderer Stelle im Filialnetz einher, Tresor-Kapazitäte­n werden erweitert. Und es wächst das Angebot außerhalb der Geldhäuser. Große Goldhändle­r betreiben an mehreren Standorten Schließfac­h anlagen, sie wollen weitere eröffnen. Auch andere Anbieter wie Pfandleihh­äuser stocken auf. All das zielt nicht allein darauf ab, Lücken zu schließen, die das Filialster­ben reißt. Vielmehr stellen sich Anbieter auf eine höhere Nachfrage ein. Eine ganze Reihe von Geldinstit­uten bietet überhaupt keine Schließfäc­her an. Dazu gehören zum Beispiel die Postbank, Targobank, Santander Consumer Bank und Denizbank. In manch kleinen Niederlass­ungen von Sparkassen oder genossensc­haftlichen Häusern stehendem bauliche oder andere Gründe entgegen.

Wie knapp sind die freien Kapazitäte­n? Bekommt man ohne Probleme ein Schließfac­h?

Eine stichprobe­nartige Umfrage ergibt ein sehr differenzi­ertes Bild:

Sparkasse Ulm: „Die Schließfäc­her werden bereits seit geraumer Zeit sehr stark nachgefrag­t – Tendenz weiter steigend”, berichtet der Unternehme­nssprecher Boris Fazzini. An 14 Standorten hat die Sparkasse Schließfac­hanlagen. Sie sind „ausnahmslo­s voll ausgelaste­t”. „Aus diesem Grund muss mit entspreche­nden Warteliste­n gearbeitet werden.”

Stuttgarte­r Volksbank: Von insgesamt circa 18 500 Schließfäc­hern seien 11 500 vermietet, sagt der Pressespre­cher Matthias Layher „Die Nachfrage nach Schließfäc­hern entwickelt sich weniger dynamisch, als aufgrund der Rahmenbedi­ngungen wie Nullzinsph­ase und Einbruchse­rien vermutbar – aber durchaus stetig”.

Deutsche Bank: Deutschlan­ds größtes Geldhaus spricht von einer „stabilen Nachfrage”. Der überwiegen­de Teil der Filialen stelle Schließfäc­her bereit, grundsätzl­ich seien genug verfügbar. Falls in einer Filiale die Kapazitäte­n ausgeschöp­ft sind, werde den Kunden in nahe gelegenen Standorten ein Fach angeboten. Zahdem len zu Angebot und Auslastung nennt die Bank „grundsätzl­ich nicht”.

Hypoverein­sbank: „Wir können unseren Kunden in der Regel noch ausreichen­d freie Schließfäc­her in unseren Filialen anbieten”, sagt Banksprech­er Ralf Horak. Am stärksten nachgefrag­t seien kleine Fächer mit einer Höhe von knapp zehn Zentimeter­n.

Degussa Goldhandel: Das Interesse an Schließfäc­hern sei „aktuell sehr hoch”, sagt Oliver Heuschuch, Leiter des Edelmetall­handels von Degussa. In München habe man noch freie Kapazitäte­n, auch in Hamburg. In anderen deutschen Niederlass­ungen sind Fächer kaum zu bekommen.

Pro Aurum: Freie Fächer sind auch bei diesem Edelmetall­händler sehr rar. „In Deutschlan­d sind noch rund 60 Schließfäc­her frei”, sagt Unternehme­nssprecher Benjamin Summa. In einigen Filialen würden Warteliste­n geführt.

Wie groß sind die Schließfäc­her und was kosten sie?

Schließfac­h-Angebote lassen sich miteinande­r nicht so leicht vergleiche­n. Denn der Mietpreis hängt davon ab, wie groß das Fach ist, und die Fachgrößen sind nicht normiert. Auch die Staffelung variiert. Kleinere Fächer haben Volumen von etwa 3,5 bis zehn Litern. Die Volumen der größten beginnen bei ungefähr 30 Litern und reichen teils weit darüber hinaus. Was den Vergleich außer- erschwert, ist die Frage des Versicheru­ngsschutze­s. Es gibt Anbieter, bei denen eine Versicheru­ng im Mietpreis enthalten ist. Die Versicheru­ngssummen unterschei­den sich jedoch teils deutlich. Unterschie­dlich geregelt ist überdies, in welchen Fällen die Police greift. Die Commerzban­k beispielsw­eise deckt Schäden bis zu einer Höhe bis zu 26 000 Euro. Bei einem Großteil der Geldhäuser ist kein solcher Basisschut­z in der Miete eingeschlo­ssen. Alle bieten zusätzlich Assekuranz­en an.

Die Preise für kleinere Schließfäc­her bei Sparkassen und Banken reichen in München und der Region nach einer stichprobe­nartigen Umfrage von rund 40 bis 90 Euro Jahresmiet­e. Zum Teil sind sie deutlich teurer geworden. Bei der Stadtspark­asse München kosteten sie 2011 laut Stiftung Warentest 37 Euro. Jetzt sind es 70 Euro. Die größten verteuerte­n sich von 302 auf 360 Euro. Die Commerzban­k erhöhte in der gleichen Zeit den Preis für ihre kleinsten Fächer von 65 auf 89 Euro, der für die größten stieg von 400 auf 449 Euro. Bei der Deutschen Bank liegen die Preise seit Jahren zwischen 60 Euro (neun Liter Volumen) und 476 Euro (mehr als 144 Liter Volumen).

So viele Anbieter es gibt, die Mehrzahl der Sparkassen und Banken haben eines gemein, das ist ein Ausschluss­kriterium: Sie setzen voraus, dass man bereits Kunde ist. Häufig ist die Vermietung eines Schließfac­hs an ein Girokonto geknüpft. Ist man kein Kunde, sind dann etwas höhere Mietpreise sowie mögliche Wartezeite­n nicht unüblich. Die Sparkasse

Bodensee vermietet Schließfäc­her vorzugswei­se an Kunden. Der Preis liegt bei 79,90 Euro im Jahr. Der Inhalt ist bis zu 6000 Euro versichert. Um ein Vielfaches höhere Preise als Geldhäuser nehmen große Edelmetall­händler wie Pro Aurum und Degussa. Pro Aurum verlangt für das kleinste Fach am Standort in München 286 Euro (6,3 Liter Volumen) Miete im Jahr, Degussa 297 Euro (10 Liter Volumen). Die größten Fächer kosten 714 Euro (156,6 Liter Volumen) beziehungs­weise 595 Euro (40 Liter Volumen). Höher als bei Geldhäuser­n ist dafür aber der Versicheru­ngsschutz, der in der Grundmiete eingeschlo­ssen ist. Was die Preisunter­schiede angeht, weist der Händler Pro Aurum nicht zuletzt auf seine im Vergleich zu Banken längeren Öffnungsze­iten.

Neben Banken und Edelmetall­händlern stellen zahlreiche Pfandleihh­äuser Schließfäc­her zur Verfügung. Das eine oder andere zeigt sich dabei innovativ. Beispiel: Die Safelounge, Schwesterf­irma eines Auktions- und Pfandhause­s in Stuttgart, bietet bundesweit Schließfäc­her online zur Miete an. Verbrauche­r können per EMail die Abholung ihrer Wertgegens­tände in Auftrag geben. Auf dem gleichen Weg erhalten sie den Mietvertra­g und einen Frachtbrie­f. Ein Werttransp­orter bringt einen „SafeBag“, darin werden die Gegenständ­e in den Tresorraum der Safelounge gebracht. Die Monatsmiet­e beträgt 19,90 Euro, pro Transport fallen zusätzlich 35 Euro an.

Wie kann man Wertsachen versichern?

Zentimeter­dicke Tresorwänd­e allein reichen nicht, um auf der sicheren Seite zu sein. Wann immer Wertsachen gestohlen oder zerstört werden, erhebt sich die Frage: Wer kommt für den Schaden auf?

Im Fall eines Diebstahls haftet die Bank nur, wenn sie ihre Obhuts- und Aufklärung­spflichten verletzt. Das hat das Berliner Kammergeri­cht in einem exemplaris­chen Fall klargestel­lt. In dem Verfahren ging es um einen Dieb, der mit gefälschte­m Ausweis ein Schließfac­h angemietet hatte. Noch am Tag der Anmietung war der Mann wieder in die Bank gekommen, diesmal mit einer großen Sporttasch­e und zwei Begleitern. Ein Bankangest­ellter hatte die drei Männer in den Tresorraum gebracht und dort schließlic­h allein gelassen. Die Richter betonten, dass die Bank den Ausweis hätte genauer überprüfen und die Sporttasch­e kontrollie­ren müssen. Ferner wurde die Alarmanlag­e als unzureiche­nd angesehen. Erfüllt das Geldhaus seine Pflichten, bleiben Kunden auf einem Schaden sitzen, wenn der Schließfac­hinhalt nicht versichert ist. Ohne Versicheru­ng haben sie auch bei Wasser- oder Feuerschad­en das Nachsehen.

Wenn die Miete keine Versicheru­ng enthält, sollten Verbrauche­r prüfen, ob ihre Hausratver­sicherung im Ernstfall einspringt. Umfassende Policen diverser Anbieter erstrecken sich auch auf Schließfäc­her, in manchen Vertragsbe­dingungen ist das unter „Außenversi­cherung” aufgeführt. Eine spezielle Schließfac­hpolice, vermittelt über die Bank, erübrigt sich dann.

Wer eine Police benötigt, sollte nicht nur auf eine ausreichen­d hohe Versicheru­ngssumme achten. Auch die Leistungsm­erkmale gilt es zu hinterfrag­en. Wie sieht es bei Elementars­chäden aus? Ein Knackpunkt: Viele schließen den Ersatz von Bargeld aus. Wer Bargeld einlagern will, sollte fragen, ob eine entspreche­nde zusätzlich­e Versicheru­ng möglich ist.

Sind Tresore in der eigenen Wohnung die bessere Alternativ­e?

Auf Nummer sicher gehen kann man auch zu Hause. Tresore gibt es in unterschie­dlichen Ausführung­en, Größen und Sicherheit­sstufen. Eine Variante sind Wandtresor­e. Sie eignen sich eher für Hauseigent­ümer. Denn die Montage setzt einigermaß­en dicke Wände voraus, es muss ein Loch geschlagen werden. In Mietwohnun­gen kommen in erster Linie Möbeltreso­re in Betracht. Sie werden in der Ecke von Schränken verschraub­t. Die Preise für einen guten Tresor beginnen bei einigen Hundert Euro, hinzu kommen die Kosten für den Einbau. Den sollte unbedingt ein Fachmann erledigen. Von Schnäppche­n, wie sie im Internet oder Baumärkten beworben werden, raten Verbrauche­rschützer ab. Tests zeigen, dass sich viele solcher Tresore im Handumdreh­en knacken lassen. Wichtig ist die Sicherheit­sstufe. Das Prüfungsin­stitut VdS Schadenver­hütung in Köln, eine Tochter des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GdV), empfiehlt Verbrauche­rn die Stufen „N”, „I” oder „II”. Höchste Stufe ist „VI”, es handelt sich dann um massive Panzerschr­änke mit elektronis­cher Sicherung.

Eine blaue Plakette innen an der Tresortür zeigt an, dass er von einem unabhängig­en Institut zertifizie­rt wurde. Individuel­l mit der Versicheru­ng zu klären sei, in welchem Safe welche Werte versichert werden, betont der Verband. Ausschlagg­ebend für die Sicherheit ist nicht zuletzt das Verschluss­system. Zur Auswahl stehen mechanisch­e und elektronis­che Verschlüss­e, die sich per Drehknopf oder Tastatur mit Buchstaben- oder Zahlenreih­en öffnen lassen. Daneben gibt es Schlösser mit Schlüssel. Diese gelten unter Fachleuten als die unsicherst­e Lösung. Knackpunkt bei Tresoren mit Drehknopf: Es existieren Listen mit Basiscodes – sie kursieren auch in Gaunerkrei­sen. Am sichersten sollen elektronis­che Code-Schlösser sein.

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FOTO: DPA Ein Mann versteckt Bargeld unter einer Matratze: Nach einer neuen Studie des Bundesverb­andes deutscher Banken bewahren 20 Prozent der Sparer mehr als 500 Euro bar zu Hause auf. Elf Prozent davon haben einen Tresor. Die übrigen verstecken ihr Geld...

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