Biene gegen Biene?
Wegen vieler Hobbyimker bleibt laut BUND für wilde Bestäuber oft nichts mehr übrig – Züchter widersprechen
ALLGÄU - Während die Landwirte im Frühjahr ihre Ernte einfahren, stehen die Bienen vor einem riesigen Problem: Auf einen Schlag verschwindet ihre Nahrung. Was die Honigbienen der Imker hart trifft, sei für ihre wilden Artgenossen umso schlimmer, erklärt Marcus Haseitl aus Bad Grönenbach (Unterallgäu). Denn: „Den Wildbienen fehlt die begleitende und oft rettende Hand des Imkers.“
Auf der Suche nach übrig gebliebenen Blüten müssten sich die wenigen Wildbienen als Einzelgänger mit den Schwärmen der Hobbyimker auseinandersetzen. Und zögen dabei oft den Kürzeren, erklärt der Initiator des Projektes Blühendes Allgäu. Damit vertritt Haseitl eine Meinung, die auch der Bund Naturschutz teilt: Die Honigbienen stellen für ihre wilden Artgenossen eine Konkurrenz dar.
„So ein Blödsinn“, entgegnet Johann Fischer, staatlicher Fachberater für Bienenzucht in Schwaben. Zwar gebe es Studien, die eine Rivalität belegen – doch die beziehen sich lediglich auf Nordamerika. „Bei uns haben sich die Wild-und Honigbienen dagegen gut arrangiert“, sagt Fischer. Größtenteils fliegen sie sogar unterschiedliche Blumen an.
Für ihn lenkt die ganze Konkurrenz-Debatte von dem eigentlichen Problem ab: „Der Blütenreichtum nimmt ab.“Um dem Bienensterben entgegenzutreten, brauche es daher vor allem eine Lösung in der Landwirtschaft, die für Wirte und Imker gleichermaßen tragbar ist. Einen Anfang haben einige Bauern schon gemacht, indem sie Blühstreifen für die Insekten stehen lassen. Außerdem wünscht sich Fischer wieder mehr Pflanzenvielfalt in den Gärten. Das sieht Haseitl genauso. Beide finden auch, dass Naturschutzgebiete „Refugien für die wild lebenden Bestäuber“ bleiben sollen. Wiederum unterschiedlicher Meinung sind beide, wenn es um die steigende Anzahl der Hobbyimker im Allgäu geht. Der Kritik, dass es inzwischen zu viele von ihnen gibt, kann Fischer nicht zustimmen. Ganz im Gegenteil: Vor 25 Jahren flogen noch 60 000 Bienenvölker durch Schwaben, aktuell seien es nur noch um die 33 000. Ein Volk besteht aus etwa 30 000 Bienen. Für Haseitl haben derweil 300 000 Bienen auf einem Quadratmeter nicht mehr viel mit natürlichen Bedingungen zu tun. „Das allein sorgt bei den Bienenvölkern für eine hohe Konkurrenzdichte.“Zwischen 30 000 und 90 000 Bienen in einem Stand entsprächen eher seinen Vorstellungen.
Haseitl setzt sich außerdem für ein Umdenken in der Imkerei ein. „Hobbyimker sollten Bienen mit weniger großen Honig-Augen halten“, sagt er. Was das für ihn bedeutet? Die Tiere selbst gehören wieder in den Mittelpunkt, nicht der Ertrag an Honig. Klappen könnte das mit der extensiven, naturnahen Imkerei, findet Haseitl: Weniger manipulieren und stören, dafür den Honigbienen ihren natürlichen Freiraum lassen. „Man kann die Bienen nicht einfach schwärmen lassen“, sagt dagegen Fischer. Denn auf sich allein gestellt könnten sie nicht mit der für sie lebensgefährlichen Varroamilbe fertig werden.
„Es ist schon seltsam, dass man die gleichen Zielrichtungen gegeneinander ausspielt“, fasst Fischer die Kontroverse zusammen. Denn im Endeffekt geht es den Imkern um das gleiche: Die Bienen zu retten. „Jede Blüte, die Pollen gibt, ist für die Insekten eine kleine Überlebenshilfe“, sagt Haseitl. Helfen kann jeder, der einen Garten, etwas Platz auf dem Balkon oder der Terrasse hat. Ideal für alle Bestäuber sind naturnahe Gärten, die auf heimische Pflanzen statt Exoten setzen.
Die guten Freunde im Garten malte die zehnjährige Florentine Mennel aus Kempten. „Zu Hause haben wir viele Bäume und einen Rosenbogen“, erzählt sie.