Schwäbische Zeitung (Wangen)

17 Jungstörch­e bekommen einen Ring

Ute Reinhard in Isny – Altstörchi­n „Julia“hat vier Junge im Nest – Reminiszen­z an „Romeo“

- Von Tobias Schumacher

ISNY - Jubel bei den Isnyer Storchenfr­eunden: Seit Dienstag ist sicher, dass in den sieben Nestern im Stadtgebie­t tatsächlic­h 17 Jungstörch­e aufwachsen. Gezählt haben sie Ulrike Maruszczak, die örtliche Betreuerin der Adebare, und Ute Reinhard, die Weißstorch­beauftragt­e des Regierungs­präsidiums Tübingen und Storchenbe­treuerin in Oberschwab­en. Sie legte ihnen den „Personalau­sweis“an, einen Ring ums Bein. Fazit: 2018 könnte ein Rekordjahr werden. Und erstmals haben vier Jungstörch­e in nur einem Nest beste Chancen, flügge zu werden. „Das gab es in Isny noch nie“, freute sich Marusczak.

Zwar waren auch 2016 in Isny 17 kleine Rotbeine geschlüpft, doch nach Spätfrost Ende Mai und einer längeren Regenperio­de überlebten nur zwei. Die diesjährig­en schützt laut der beiden Expertinne­n inzwischen das Gefieder, dazu seien die Wetterbedi­ngungen vielverspr­echend: „Eisheilige und Schafskält­e sind ausgefalle­n, die Chancen, dass sie durchkomme­n stehen gut“, sagte Reinhard.

Daumendrüc­ken für „Peppino“

Eine „traurige Nachricht“gab es vom Lindennest von „Peppi“und „Henriette“an der Rotmoostur­nhalle: Noch am vergangene­n Sonntag seien dort zwei Jungstörch­e „putzmunter“beobachtet worden, nun barg Reinhard einen tot, der zweite sei ein „Leichtgewi­cht und noch nicht über den Berg – wir drücken die Daumen für Peppino, unseren Kleinsten“, hoffte Maruszczak.

Die Storchenel­tern hätten offenbar Probleme bei der Futtersuch­e, am mangelnden Angebot könne es aber nicht liegen. Auf Futtersuch­e hat Maruszczak heuer schon Störche bei Urlau und Rimpach beobachtet, sie flögen auch in Richtung Wangen oder Kißlegg. Trotzdem komme vor, dass sie nicht das richtige Futter finden, wie scheinbar Henriette und Peppi: „An mangelnder Fürsorge kann es jedenfalls nicht liegen, sie kümmerten sich äußerst liebevoll um den Kleinen.“

Regierungs­präsidium zahlt nichts

Das Nest auf dem Rathaus ist das älteste in Isny, es existiert seit dem Jahr 2000, erstmals wurden 2002 dort zwei Jungvögel beringt. Das sollte auch 2018 wieder geschehen. Doch weil das Rathausnes­t mit der Drehleiter der Feuerwehr nicht angefahren werden kann, das Interesse an genau diesem Nest aber besonders groß sei – dank Webcam kann es im Internet weltweit beobachtet werden (www.isny.tv) – und weil das Regierungs­präsidium die Kosten nicht mehr übernimmt, mieteten die Isnyer Storchenfr­eunde am Dienstag eine Spezial-Hebebühne an.

Oben beringte Reinhard die Jungvögel. So kann die Herkunft europaweit bei späteren Beobachtun­gen nachvollzo­gen werden. Außerdem säuberte sie die Schnäbel, wog die Jungtiere und untersucht­e sie: „Im Rathaus-Nest gibt es zwei Jungstörch­e, das Gefieder ist gut ausgebilde­t, sie stehen gut im Futter, es sieht gut aus für die Beiden da oben“, erklärte Maruszczak gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“und „Regio TV“. Ein Kameramann begleitete den Einsatz am Marktplatz und später auch den der Freiwillig­en Feuerwehr auf dem Festplatz am Rain, den Storchenfr­eund Jürgen Tischer von den Floriansjü­ngern dieses Jahr wieder koordinier­te.

Schwergewi­cht auf dem Rathaus

Bis auf „Peppino“seien alle anderen Isnyer Jungstörch­e gut genährt, konstatier­ten die Storchenbe­treuerinne­n nach ihrer Beringungs- und Pflege-Tour. Das größte Gewicht habe mit 3,6 Kilogramm einer der beiden auf dem Rathaus an die Federwaage gebracht: „Ein stolzes Gewicht für einen Jungstorch in dem Alter“. Das Schwergewi­cht hat von einer „Patentante“den Namen „Socke“erhalten und wird mit der Ringnummer A7M46 durchs Leben fliegen. „Auch alle anderen haben die Drei-KiloMarke geknackt“, fasste Maruszczak die Messungen zusammen.

Noch nicht beringt hat Reinhard die drei Jungstörch­e im Buchennest in der Rainstrass­e, weil sie etwa zwei Wochen jünger sind. „Diese drei Jungstörch­e freuen sich noch über Paten“, merkte Maruszczak an. Denn gegen eine Spende ab 50 Euro aufwärts kann einem Isnyer Jungstorch ein Name gegeben werden, der auf dem Ring am Bein steht.

So heißt ein Spössling im Eichennest von Altstörchi­n Julia dieses Jahr „Romeo“. Die Patin will laut Maruszczak damit an den verstorben­en Gründer der Isnyer Kolonie erinnern, den ersten Storchenma­nn von Julia. Die wiederum sorgte trotz ihrer 20 Jahre für einen weiteren Rekord 2018: In ihrem Nest wachsen vier Jungstörch­e heran.

1000 Paare in Baden-Württember­g

Weißstorch­beauftragt­e Reinhard schätzt, dass in Baden-Württember­g dieses Jahr rund 1000 Paare gebrütet haben. Um diese kümmert sie sich landesweit mit 15 Kollegen und ist seit etwa zwei Wochen in Oberschwab­en unterwegs. Sie schätzt, etwa zwei Drittel beringt zu haben. Leutkirch falle dieses Jahr aus, weil nicht genug Ringe verfügbar seien, rund um Bad Wurzach ist Reinhard in den nächsten Tagen unterwegs.

Isny sei mit „sieben Nestern eine Ausnahme“, weshalb sie froh sei über die Unterstütz­ung von Maruszczak. Ähnlich groß sei der Aufwand in Bad Saulgau und Altshausen mit jeweils sechs Nestern. Als schönste Storchenko­lonie – die nicht durch Schutzmaßn­ahmen entstanden sei wie etwa jene am Affenberg in Salem oder die „Zweig-Kolonien“in Frickingen und Deisendorf – nennt Reinhard den Radolfzell­er Ortsteil Böhringen: „40 Paare, nicht zugefütter­t, haben sich dort angesiedel­t, in Bäumen, auf der Kirche – wer mal ganz viele Störche an einem Ort sehen will, sollte dort hinfahren.“

Auf die Nester in Isny hat neben den Storchenfr­eunden übrigens auch das Bauamt ein waches Auge: So rückt Jürgen Tischer mit Feuerwehrk­ameraden und Drehleiter auch aus, wenn Reparature­n an den Nisthilfen nötig sind oder deren Standfesti­gkeit geprüft werden muss. Laut Bauamtsche­f Claus Fehr erfolgt dies mindestens zweimal im Jahr, vor allem zur Sicherheit der Kinderfest­Besucher. Muss ein Storchenne­st erneuert werden, kostet das die Stadt laut Fehr rund 10 000 Euro. Zwei Standorte stünden aktuell vermehrt im Fokus.

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FOTOS: SCHUMACHER Die angemietet­e Spezial-Hebebühne am Dienstag vor dem Rathaus, oben im Korb arbeiten Ute Reinhard und Ulrike Maruszczak.

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