Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kempten sichert Immenstädt­er Geburtshil­fe

Ab Herbst gibt es eine gemeinsame Hauptabtei­lung – Die Belegstati­on hat Personalpr­obleme

- Von Franz Summerer

KEMPTEN/IMMENSTADT - Mitunter ist es gut, zu einer größeren Organisati­on zu gehören. Im Fall der Geburtssta­tion im Krankenhau­s von Immenstadt ist das der Klinikverb­und Kempten-Oberallgäu. So sichern künftig Ärzte aus Kempten die Zukunft der Immenstädt­er Geburtshil­fe. In einer gemeinsame­n Hauptabtei­lung sollen ab Herbst insgesamt 25 Ärzte – sechs mehr als jetzt – die beiden Standorte betreuen. Wobei in Immenstadt mindestens ein Mediziner und eine Hebamme rund um die Uhr vertreten sein werden. Für die Kemptener Ärzte stellt der Klinikverb­und sogar eine Dienstwohn­ung bereit.

„Während an anderen Krankenhäu­sern die Geburtshil­fen geschlosse­n werden, gehen wir den umgekehrte­n Weg – das ist wohl einmalig in Bayern“, sagte gestern stolz der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende des Klinikverb­unds, Gebhard Kaiser. Denn am Immenstädt­er Krankenhau­s versorgen bisher Belegärzte die Mütter und helfen ihnen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen. Am 1. Oktober gründen Kempten und Immenstadt die standortüb­ergreifend­e Hauptabtei­lung. Dann stellen sieben Fachärzte in Vollzeit rund um die Uhr Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Immenstadt sicher. „Eine von uns sieben Hebammen ist ebenfalls immer da“, sagt Sabine Anwander. Wobei die Hebammen freiberufl­ich tätig sind.

Nachdem 2005 die Geburtshil­fen in Sonthofen und Oberstdorf geschlosse­n wurden, sicherten sechs Belegärzte deren Bestand in Immenstadt. Doch ihre Zahl nahm in den vergangene­n Jahren beständig ab – bis auf derzeit drei Gynäkologe­n, die zudem ihre eigenen Praxen betreiben. „Es ist immer schwierige­r geworden, Kollegen zu finden“, erklärten Dr. Jürgen Mende und Dr. Günther Schönfelde­r.

Gründe dafür gebe es genug: Bürokratie und Dokumentat­ionsaufwan­d hätten genauso zugenommen wie die Anforderun­gen an die Behandlung­squalität. „Auch die Haftpflich­tprämien sind derart stark angestiege­n, dass die Einnahmen durch die Belegarztt­ätigkeit die Kosten für die Versicheru­ng kaum noch decken“, erläuterte Mende. Hinzu komme laut Schönfelde­r, dass viele jüngere Frauenärzt­e den zusätzlich­en Zeitaufwan­d und die ständigen Bereitscha­ftsdienste – auch nachts und an den Wochenende­n – scheuten. Dies gilt offenbar nicht für die beiden langjährig­en Geburtshel­fer Mende und Schönfelde­r. Sie wollen auch künftig an der Immenstädt­er Klinik Babys zur Welt bringen.

Mehr Sicherheit für Schwangere

Hinzu komme eine höhere Sicherheit für die werdenden Mütter, sagte Professor Ricardo Felberbaum, künftig Chefarzt der gemeinsame­n Hauptabtei­lung: Für Frauen, die eine problemlos­e Schwangers­chaft erlebt haben und bei denen keine Komplikati­onen zu erwarten sind, „ist die Immenstädt­er Geburtshil­fe der optimale Ort für eine Entbindung“. Dort würden zudem „gynäkologi­sche Operatione­n bei gutartiger Indikation“erfolgen, entweder durch Felberbaum oder die leitende Oberärztin Dr. Marita Anwander. Ihr Oberarzt-Kollege Dr. Alexander Puhl sei für die Geburtshil­fe und pränatale Untersuchu­ngen zuständig. Bei Risikoschw­angerschaf­ten oder Frühgeburt­en würden die Frauen in Kempten versorgt.

Der höhere Aufwand und die größere Anzahl von Ärzten kostet den Klinikverb­und auch mehr Geld. Bei der Finanzieru­ng setzt Vorsitzend­er Kaiser auf einen Zuschuss durch den Freistaat Bayern. Dort gibt es ein neues Förderprog­ramm mit einem Topf von insgesamt 25 Millionen Euro, das die Geburtshil­fen im ländlichen Raum stärken soll. So hofft Kaiser, dass ab nächstem Jahr bis zu einer halben Million Euro für die neue Hauptabtei­lung abfallen könnte.

 ?? FOTO: FRANZ SUMMERER ?? Rahel kam in der Geburtssta­tion in Immenstadt zur Welt und liegt hier in den Armen ihres Vaters Benjamin Boss.
FOTO: FRANZ SUMMERER Rahel kam in der Geburtssta­tion in Immenstadt zur Welt und liegt hier in den Armen ihres Vaters Benjamin Boss.

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