Zum Abschied fordert Juso-Chef von der SPD mehr Haltung
Leon Hahn gibt am Wochenende seinen Posten ab
STUTTGART - Er hat die Jusos in Baden-Württemberg geprägt – zuerst als Vizechef, die vergangenen drei Jahre als Vorsitzender. Dieses Ehrenamt gibt er am Wochenende beim Juso-Landeskongress in Rastatt ab. Aber vorher hat er noch einen Appell an die SPD: „Wir müssen uns wieder mehr Haltung zutrauen.“
Seit Anfang des Monats hat Hahn einen Job, einen jenseits der Politik. Der 27-Jährige arbeitet in Reutlingen als Unternehmensberater für betriebliche Altersvorsorge. „Politisch bleibt meine Heimat der Bodenseekreis“, sagt er. Dem dortigen Kreisvorstand bleibt der gebürtige Salemer erhalten und er will sich auch weiter in der SPD engagieren – etwa als Mitglied der Lenkungsgruppe zum Grundsatzprogramm BW 2030. Dieses hatte er mit anderen jüngeren Funktionären auf einem Parteitag vergangenes Jahr mit durchgeboxt. Denn: Nach Hahns Meinung hat die Landes-SPD die Schlappe der Landtagswahl 2016 nie wirklich aufgearbeitet.
Aus Fehlern nicht gelernt
Ein wenig neidisch blickt Hahn auf das Analysepapier, das die Wahlschlappe der Bundes-SPD jüngst gnadenlos aufgedröselt hat. Er hatte auch für den Bundestag kandidiert. „Den Prozess, den die Partei im Bund jetzt macht, hätten wir im Land auch gebraucht“, sagt er mit Verweis auf die jüngste Landtagswahl. „Die Leute haben nicht den Eindruck, dass wir im Land aus den 12,7 Prozent gelernt haben.“Fehler müssten erkannt und eingestanden werden. Zum Beispiel der, dass die SPD aus Angst, Wähler zu verprellen, keine klare Haltung in der Flüchtlingskrise erkennen ließ – und das, obwohl die SPD zu dieser Zeit noch Integrations-, Innen- und Sozialministerium innehatte.
Hahns Vorschlag: „Um die besten Politikansätze nach vorne gerichtet zu streiten, ist Teil unserer DNA. Demokratische Beschlüsse müssen dann aber auch von allen akzeptiert werden.“Zu tief sitze die Angst, dass alte Streitereien in der Partei wieder ausbrechen könnten. „Mein großer Wunsch ist, dass wir über die nächsten 15 Jahre diskutieren, nicht über die letzten 15.“
Unter ihm haben sich die LandesJusos im Eiltempo modernisiert. Mit ihren digitalen Beteiligungsformaten wurden sie bundesweit Vorreiter. Und Hahn versteht seine Jugendorganisation als Treiber der Partei – weniger durch Polemik und Lärm, sondern durch konstruktive Konzepte. Das attestieren ihm nicht nur die, die ihm wohlgesonnen sind. So ist Hahn auch nicht mit markigen Sprüchen in der Debatte um eine Neuauflage der Großen Koalition im Bund aufgefallen.
Deutlicher Zuwachs an Mitgliedern
Ein wenig stolz ist er, dass der massive Mitgliederzuwachs der vergangenen Jahre nicht nur auf die Popularität des Juso-Bundeschefs Kevin Kühnert zurückgeht. Als er vor drei Jahren den Vorsitz übernahm, gab es 4200 Jusos im Südwesten, heute sind es 6500.
Um seinen Posten bewerben sich nun zwei Frauen, beide sind bereits seine Stellvertreterinnen. Da ist die 21-Jährige Chiara Breiner aus Heidelberg. Die größeren Chancen werden indes der Ehingerin Stephanie Bernickel zugerechnet. Ganz verschwinden aus der Politik wird Hahn sicher nicht – dafür ist er zu sehr Überzeugungstäter. Wann und wie er zurückkommt, lässt er aber noch offen.