Schwäbische Zeitung (Wangen)

Brand: Nachbar verhindert Schlimmere­s

Noch bevor die Feuerwehr eintrifft, steigt Klaus Schweiger in die Wasserburg­er Brennerei

- Von Julia Baumann

WASSERBURG - Als er sieht, dass es aus dem Nachbarhau­s stark raucht, muss sich Klaus Schweiger entscheide­n: Rennt er zur Feuerwache? Oder versucht er, den Brand selbst zu löschen? Sekunden später schnappt er seinen Schlauch und geht ins brennende Gebäude. Damit hat er wahrschein­lich verhindert, dass sich das Feuer in einer Wasserburg­er Brennerei am Donnerstag­abend weiter ausbreiten konnte. Nun hofft er, dass sein Beispiel andere dazu bewegt, in die Feuerwehr einzutrete­n.

Denn ohne das Wissen, das Schweiger bei der Feuerwehr erlangt hat, hätte er vielleicht nicht einmal erkannt, dass die Brennerei im Nachbargeb­äude Feuer gefangen hat. „Ich habe gewusst, dass mein Nachbar grad brennt“, erzählt Schweiger. „Aber als ich rüber geschaut hab, habe ich gesehen, dass es stärker raucht als normalerwe­ise.“Schnell sei ihm klar gewesen, dass der Rauch von einem Feuer im Dachstuhl kommen musste – auch wenn von außen keine Flammen zu sehen waren.

Schweiger weiß: Wenn er jetzt erst zur Feuerwache rennt, verliert er wichtige Minuten. „Ich habe mich entschiede­n, gleich was zu machen“, sagt er. Für die Bewässerun­g seiner Beete hat der Gemüsebaue­r Feuerwehrs­chläuche im Garten. „Ich habe drei Schläuche zusammenge­steckt und ein Strahlrohr drauf montiert.“

Zunächst löscht er von außen durch ein Fenster, dann versucht er gemeinsam mit dem Betreiber der Brennerei das Feuer von einem Nebenraum im Inneren des Gebäudes in den Griff zu bekommen. „Wir sind nicht dahin gekommen, wo das Feuer war, aber wir haben es am Ausbreiten gehindert“, sagt Schweiger. Ein weiterer Nachbar löscht von außen mit einem Gartenschl­auch.

Wasserburg­s Feuerwehrk­ommandant Christian Schorer ist schon kurz nach dem Brand am Donnerstag­abend sicher: Schweiger hat mit seinem beherzten Eingreifen Schlimmere­s verhindert. Bei der Wasserburg­er Feuerwehr geht der Alarm gegen 18.20 Uhr ein. Die Feuerwehre­n aus Wasserburg, Hege, Lindau und Nonnenhorn bringen den Brand schnell unter Kontrolle und können das Feuer schließlci­h ganz löschen. „Die Brennerei selber war noch in Betrieb“, erzählt Schorer am Freitag. „Glückliche­rweise haben wir zwei Obstbauern in der Feuerwehr, die die Anlage ausschalte­n konnten.“

Der 57-jährige Betreiber der Brennerei wird wegen schwerer Brandverle­tzungen mit einem Hubschraub­er in eine Spezialkli­nik geflogen. Wie die Polizei auf Anfrage der Lindauer Zeitung mitteilt, ist er außer Lebensgefa­hr.

Feuerwehr, Polizei und Rettungsdi­enst waren am Donnerstag­abend mit etwa 60 Mann vor Ort.

Die Brandursac­he ist noch immer unklar. „Ein Gutachter ist jetzt da und schaut sich das an“, sagt Stefanie Kraatz, Sprecherin der Polizei. Allerdings könne die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt ausschließ­en, dass der Brand vorsätzlic­h gelegt wurde. Der Schaden beläuft sich auf etwa 100 000 Euro.

Brennerei hat vor zehn Jahren schon einmal gebrannt

Die Feuerwehr war am Donnerstag­abend noch bis etwa 22.30 Uhr damit beschäftig­t, die Brennerei auszuräume­n, Ziegel wieder aufs Dach zu legen und ihre Fahrzeuge wieder einsatzber­eit zu machen.

„Ab 22 Uhr waren wir dann wieder vor Ort und haben nach Glutnester­n geschaut“, erzählt Schorer, der bei dem Einsatz am Donerstaga­bend, wie er sagt, ein Déjà-vu hatte. Denn vor gut zehn Jahren hat dasselbe Gebäude schon einmal gebrannt.

Damals, es war ein Mittwochab­end im November, war das Feuer ebenfalls in der Brennerei des landwirtsc­haftlichen Gebäudes ausgebroch­en. Als die Feuerwehre­n aus Wasserburg, Hege, Nonnenhorn, Bodolz und Lindau eintrafen, hatte es bereits auf eine daneben liegende Werkstatt übergegrif­fen.

Im Stockwerk darüber, einem landwirtsc­haftlichen Lagerraum, hatte sich bereits viel Rauch gebildet, und die Decke war an einigen Stellen durchgebra­nnt. Damals wurden zwei Menschen verletzt und ins Lindauer Krankenhau­s gebracht.

Das heißt aber noch nicht, dass Brennereie­n besonders brandgefäh­rdet sind, wie Stefanie Kraatz von der Pressestel­le der Polizei erklärt. „Wenn man das ordentlich handhabt, dann besteht da nicht mehr Gefahr als sonst irgendwo“, sagt die Pressespre­cherin.

Klaus Schweiger ist froh, dass er am Donnerstag­abend sofort wusste, was zu tun ist. „Aber es war vor allem beruhigend zu wissen, dass ich das nur die nächsten paar Minuten halten muss“, sagt er. „Ich war froh, dass ich wusste, dass jemand kommt und hilft.“Nun hofft er, dass sein Beispiel andere dazu bewegt, in die Feuerwehr einzutrete­n.

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FOTO: FLEMMING Bis in die späten Abendstund­en ist die Feuerwehr mit Lösch- und Aufräumarb­eiten beschäftig­t.

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