„Badebänkle“sorgt für reichlich Diskussion
Weingarten will bei der „Mitfahrbank“mit Schildern nachrüsten – Polizeirevierleiter äußert Bedenken
WEINGARTEN - Was als Service für die Bürger gedacht war und von einigen Weingartenern auch schon gut angenommen wird, sorgt nun für reichlich Gesprächsstoff. Die Rede ist von der städtischen Mitfahrgelegenheit, dem sogenannten „Badebänkle“. Aufgestellt am St.-Longinus-Brunnen und vor dem Freibad Nessenreben, um die Bürger zum Mitfahren und Mitnehmen mit Privatautos zu animieren, stellen sich nun immer stärker die Fragen von Sicherheit und Haftung. So ist die Aufregung nach einem SZ-Bericht nicht nur in den Sozialen Netzwerken groß. Auch CDU-Stadtrat Dieter Pfleghar sprach das Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung an. Während die Stadtverwaltung das Projekt auf Nachfrage verteidigt, appelliert Weingartens Polizeichef Nicolas Riether an den gesunden Menschenverstand. „In Weingarten mache ich mir da eigentlich keine Sorgen, aber man sollte schon überlegen, was man tut“, sagt er. „Das ist wie mit den Anhaltern. Das würde ich meinen Kindern auch nicht erlauben.“
Er empfiehlt vielmehr, dass sich Jugendliche und Kinder nur in Begleitung Erwachsener oder in Kleingruppen auf die Bänke setzen. Auf jeden Fall nicht alleine. Damit deckt sich Riethers Meinung mit den meisten Aussagen in den Facebook-Gruppen der „Schwäbischen Zeitung“und „Weingarten Live“. „Prinzipiell eine gute Idee, doch in der heutigen Zeit halte ich das für eine sehr riskante Geschichte. Den Kindern und Jugendlichen wird gepredigt, zu keinem/keiner Fremden ins Auto zu steigen, hier dürfen sie es tun. Ich finde, hier wird ein ,Präsentierteller’ geschaffen. Welches Kind ist in der Lage zu unterscheiden, wo es einsteigen darf oder nicht?“, schreibt eine Userin und spricht damit aus, was viele in der Community denken: Die Sorge, dass Menschen mit pädophilen Neigungen die Bank ausnutzen, ist groß: „Ich finde die Idee grundsätzlich gut. Aber wie oben schon erwähnt sollten Kinder nicht in fremde Autos einsteigen. Das Bänkle lädt ja förmlich ein, dass ,böse Menschen’ anhalten und unbedarfte Kinder einsteigen, da diese ja ins Freibad wollen [...]“, schreibt ein User.
Das sieht die Weingartener Stadtverwaltung etwas anders. Auch in anderen Städten, wie beispielsweise Leutkirch, gäbe es solche „Mitfahrbänke“. Zudem habe die Stadtverwaltung seit der Einführung vor einigen Wochen bereits zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten. „Hinter dem Badebänkle steht der Ansatz der ,Shared Community’. Dies bedeutet, dass Bürger sich aktiv für das Gemeinwohl einbringen, sich gegenseitig unterstützen und auch Konsumgüter wie das Auto oder das Fahrrad miteinander teilen“, schreibt die städtische Pressestelle. Mit dem „Badebänkle“sei man einer Anregung von Studenten nachgekommen, die von ihren positiven Erfahrungen aus anderen Städten berichtet hatten. Die Stadtverwaltung habe die Idee geprüft und für gut befunden.
Zur politischen Verantwortung, und genau diese Frage muss sich die Stadt gefallen lassen, gab es von der Pressestelle keine Auskunft. Vielmehr beruft man sich auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. „Das Badebänkle richtet sich an alle Altersgruppen. Jede Person, die das Angebot nutzt, handelt auf eigene Gefahr und Verantwortung“, heißt es in dem Schreiben der Stadt, die nun zur weiteren rechtlichen Absicherung noch Schilder mit der Aufschrift „Nutzung auf eigene Verantwortung“anbringen möchte. Darüber hinaus liege es im Ermessen der Erziehungsberechtigten, mit ihren Kindern über die Nutzung der Badebänkle zu sprechen und diese gegebenenfalls zu untersagen. Denn für Minderjährige sind in Deutschland die Erziehungsberechtigten verantwortlich. Und auch versicherungstechnisch hätte die Stadt bei etwaigen Vorkommnissen, wie beispielsweise einem Verkehrsunfall, wohl nichts zu befürchten. In einem solchen Fall würde die Kfz-Haftpflichtversicherung des Autofahrers greifen, der andere Bürger mitnimmt.
Badebus keine Option
Das spielt für einige User in den Sozialen Netzwerken aber ohnehin keine Rolle. Sie fordern angesichts des „Badebänkles“vielmehr die Wiedereinführung des Badesbusses. „Ich finde auch, der Badebus sollte wieder her. Bei Kindern und Jugendlichen ist das Mitfahren unverantwortlich. Ich persönlich setzte mich auch nur dort ins Auto, wo ich weiß, dass ich und mein Leben gut aufgehoben ist.
Eigentlich eine nette und gute Idee, jedoch leider nicht bis zum Ende fertig gedacht“, schreibt eine Userin und eine andere kommentiert: „Wir sollen unsere Kinder mit Fremden mitfahren lassen? Niemals! Der Badebus gehört sofort zurück, dass zumindest die Kinder sicher von A nach B kommen, und wenn er nur 2-3 mal am Tag hochfährt.“
Doch wird der Badebus auch in absehbarer Zukunft kein Thema sein. Wie schon mehrfach hat die Stadt auf Nachfrage der Wiedereinführung des Badebusses eine Absage erteilt. Dieser war vor mehreren Jahren aufgrund der geringen Nutzung und der damit verbundenen hohen Kosten abgeschafft worden. Auch ein Testbetrieb in den Sommerferien 2017 brachte keinerlei neue Ergebnisse, weswegen die Stadtverwaltung das weiterhin ablehnt.
Sie setzt weiterhin auf das Badebänkle, welches sich an alle Altersgruppen richtet. Und genau dafür gibt es in den Sozialen Netzwerken auch Lob. „Ich finde es gut. Steht auch nirgends, dass nur Kinder drauf sitzen dürfen. Viele junge Erwachsene haben heute kein eigenes Auto. Gemeinsam mit meinem Sohn würde ich jederzeit einsteigen. Und am Wochenende, wenn wir ein Auto haben, schaue ich in Zukunft, dass unsere zwei freien Plätze genutzt werden“, schreibt eine Mutter und ein User kommentiert: „Ich persönlich finde die Idee gut. Weil es einfach ein guter Gedanke ist, Menschen den Respekt voreinander, die Hilfsbereitschaft und das Für-einander-da-Sein, wieder zu lehren. In der heutigen Gesellschaft kommt das viel zu kurz, weil jeder nur auf sich schaut. Ich bin nicht kirchlich oder sonst was aber ich finde, dass Nächstenliebe das größte Gut ist.“