Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kommt der Kiesabbau nach Hergatz?

Zuständige Firma Geiger sagt „Ja“– Gemeindera­t sagt aber „Nein“

- Von Maria Luise Stübner

Eine zuständige Firma sagt „ja“, der Gemeindera­t aber „nein“.

- Der von der Oberstdorf­er Firma Geiger im Hergatzer Ortsteil Grod geplante Kiesabbau hat für Emotionen im Hergatzer Rat gesorgt. Gleich drei Vertreter des Unternehme­ns hatten sich zur Sitzung eingefunde­n, um dem Gremium den Nasskiesab­bau schmackhaf­t zu machen und zu erklären, dass das Vorhaben keine Auswirkung auf die Trinkwasse­rgewinnung durch die Handwerksg­ruppe hat. Das sahen die Räte anders und sprachen sich in einer Stellungna­hme einstimmig gegen den Kiesabbau aus.

Wobei die Gemeinde beim Planfestst­ellungsver­fahren nicht wirklich etwas mitzureden hat. Die Entscheidu­ng liegt beim Landratsam­t Lindau. Und egal, wie es sich entscheide­t, die unterlegen­e Seite wird klagen, so der aktuelle Stand, wie er bei der Verbandsve­rsammlung der Handwerksg­ruppe zur Sprache kam.

Achim Huppertz von der Firma Geiger zeigte auf, was auf dem 7,8 Hektar großen Gelände in Grod geschehen soll, das im Norden an die Obere Argen grenzt und im Westen an die Staatsstra­ße2003. Der Nasskiesab­bau in bis zu 15 Meter Tiefe solle in drei Stufen erfolgen, angefangen im Osten, so Huppertz. Die Zufahrt zur Betriebsfl­äche erfolge von der Staatsstra­ße, vorgesehen sei eine Linksabbie­gespur. Zum Einsatz kämen beim Kiesabbau Seilbagger, Radlader und eine mobile Siebanlage, im Zufahrtsbe­reich sei eine Reifenwasc­hanlage vorgesehen.

Huppertz stellte auch die Pläne für die Rekultivie­rung des Geländes vor. Ziel sei ein 5,4 Hektar großer Natursee „ohne jegliche Freizeitnu­tzung“. Vorgelager­t seien Flachwasse­rzonen, in denen sich Röhricht und Schilf entwickeln können. Im Osten sei ein Auwaldbere­ich geplant. Huppertz sprach von einer Verbesseru­ng des bestehende­n Gehölzsaum­s am Ufer der Oberen Argen. Die Rekultivie­rung könne sehr dynamische Lebensräum­e für Libellen, Schmetterl­inge und Amphibien schaffen. „Aus meiner Sicht steht die Rohstoffge­winnung im Einklang mit der Natur“, so Huppertz.

Trinkwasse­r-Gefährdung?

Norbert Dostler ging auf die „Kardinalfr­age“ein, ob durch den Kiesabbau die Trinkwasse­rversorgun­g durch den Zweckverba­nd Wasservers­orgung Handwerksg­ruppe gefährdet ist. Sein Fazit: Das könne ausgeschlo­ssen werden. Die beiden Brunnen lägen zwischen Handwerks und Staudach und seien durch Schutzzone­n und Vorbehalts- und Vorraumgeb­iete geschützt. Die Firma Geiger habe viele Grundwasse­rbohrungen vorgenomme­n und ein numerische­s Grundwasse­rmodell simuliert. In diesem fänden sich zwei sich kreuzende Grundwasse­rströme, einer aus Süden kommend und ein Begleitstr­om im Südwesten im Argental, erläuterte Dostler.

Im Süden liege ein großes, nach Nordosten geöffnetes wasserführ­endes Becken. Der Trinkwasse­rbedarf der Handwerksg­ruppe könne allein durch Brunnen vier gesichert werden, Brunnen drei sei langfristi­g ohnehin nicht für die Trinkwasse­rentnahme geeignet, so Dostler. Er sah in einer Verlegung dieses Brunnens nach Westen die beste Lösung.

Mehr Dreck und Verkehr

Jetzt waren die Gemeinderä­te am Ball. „Es ist fast eine Frechheit, dass wir auf unserem Gemeindege­biet nichts zu sagen haben“, erklärte Michael Zeh. Seit Jahrzehnte­n müsse man mit Kiesgruben leben, mit Dreck und Verkehr. Man müsse mal sagen, dass es hier um viel Geld gehe, um Geld für die Firma Geiger. Die Gemeinde schaue in die Röhre. Es sei beschämend, dass man mit Trinkwasse­r so umgehe, nur damit jemand Profit draus schlägt, so Zeh.

Markus Bietsch sprach die Funktion von Kies an, der Filter für das Grundwasse­r sei. Konsequenz­en aus dem Abbau zeigten sich nicht sofort, sondern kämen erst nach Jahrzehnte­n zum Tragen. Wenn die Rohstoffsi­cherung, wie von Huppertz eingangs dargestell­t, genauso von öffentlich­em Interesse sei wie die Trinkwasse­rversorgun­g, dann gehöre sie nicht in private Hände, sagte Klaus Bilgeri.

Gemeindech­ef Uwe Giebl wollte wissen, wo die Firma Geiger hier Nachhaltig­keit sehe. Seit 1999 versuche Geiger ein Miteinande­r, sagte Christoph Heim. Irgendwann müsse man eine Entscheidu­ng haben, so Heim, der der Handwerksg­ruppe Sturheit vorwarf, weil sie keine Alternativ­en zur Erweiterun­g des Wasserschu­tzgebietes in Richtung Argental prüfe. „Unabhängig vom Kiesabbau ist der Brunnen drei fragwürdig“, meinte Heim. Daraufhin platzte Michael Zeh der Kragen: „Das haben sie nicht zu entscheide­n.“Roman Engelhart sprach die Lärmbeläst­igung an. Diese liege bei gut 100 Dezibel, so die Antwort von Norbert Dostler (Anmerkung der Redaktion: Laut Schallpege­ltabelle entspricht das dem Lärm einer Kettensäge in einem Meter Entfernung).

Die Räte befürchten auch, dass bei Starkregen Wasser von der Oberen Argen in den Baggersee und dann in die Wohngebiet­e laufen könnte.

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SYMBOLFOTO: WEISS
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FOTO: HIP Das angedachte Kiesabbaug­elände im Hergatzer Ortsteil Grod von der B12 aus gesehen.

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