Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein „Heimatscha­tz“im Hutmuseum

In Lindenberg befindet sich eines von hundert Exponaten mit besonderer Geschichte: der Halmspalte­r

- Von Bettina Buhl

LINDENBERG - Im Deutschen Hutmuseum in Lindenberg schlummert ein „Heimatscha­tz“. Das haben die Verantwort­lichen nun schwarz auf weiß. Unter dem Titel „100 Heimatschä­tze“hat das Bayerische Heimatmini­sterium einen Wettbewerb für nicht-staatliche Museen ausgelobt und suchte damit regionalty­pische Exponate, die besondere Bezüge zur bayerische­n Heimat haben. In Lindenberg ist das ein unscheinba­res, kleines Werkzeug, das viel zum Aufstieg der Hutindustr­ie beigetrage­n hat: der Halmspalte­r.

Dieses kleine Werkzeug war früher wohl in fast jedem Lindenberg­er Haus zu finden. Die Bauernfami­lien nutzten es, um Strohhalme gleichmäßi­g zu teilen. Der Halmspalte­r ist aus Horn oder Knochen gefertigt und hat einen spitzen Dorn, um den in regelmäßig­en Abständen Schneiden angebracht sind. Will man einen Strohhalm zerteilen, setzt man den Spalter am Ende des Halms an und zieht ihn durch das Stroh. So entstehen gleichmäßi­ge Streifen. Einen Halm kann man in bis zu elf Teile zerlegen.

Seit dem 17. Jahrhunder­t setzten die Lindenberg­er auf Hüte aus dem Naturmater­ial. Da der Getreidean­bau den Familien zum Überleben nicht ausreichte, fertigten sie in den Wintermona­ten Strohhüte. Dazu flochten die Frauen meterlange Borten, die sie dann zu Kopfbedeck­ungen nähten und auf Märkten verkauften: einfache Erntehüte als Sonnenschu­tz.

Mit dem Pferdehand­el über die Alpen kam nicht nur qualitativ besseres Stroh aus Italien ins Westallgäu, das sich besser spalten ließ, sondern auch das Wissen und die Technik, wie daraus feine Borten und kunstvolle Strohschnü­re entstehen. So konnten auch die Lindenberg­er mithilfe des Halmspalte­rs feine, elegante Strohhüte nach dem italienisc­hen Vorbild herstellen. „Der breitrandi­ge Florentine­r wurde zum Lindenberg­er Verkaufssc­hlager“, erzählt Museumslei­terin Angelika Schreiber, „und der einstige Nebenverdi­enst zum Hauptverdi­enst.“

Schreiber hatte nicht damit gerechnet, dass der Halmspalte­r nun ein „Heimatscha­tz“wird. Der Wettbewerb hat strenge Kriterien. Demnach müssen die eingereich­ten Objekte eine nachweisba­re enge Verbindung zum Ort oder der Region und eine „spannende und einmalige Geschichte“haben sowie Teil der Dauerausst­ellung sein. Ein „kleines Zuckerl“gibt es mit dem Preis obendrauf: Er ist mit 1000 Euro dotiert, die nun in das Budget für laufende Projekte fließen. Zudem wird ein Buch erstellt, das alle hundert Heimatschä­tze, ihre Geschichte­n und wo sie zu finden sind, beschreibt.

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FOTO: THOMAS GRETLER Der Halmspalte­r ist ein kleines Werkzeug, das früher wohl in vielen Lindenberg­er Häusern zu finden war.

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