Schwäbische Zeitung (Wangen)

Grün-Schwarz vertagt erneut Entscheidu­ng zu Fahrverbot­en

Euro-5-Diesel sollen frühestens 2020 aus Stuttgart verbannt werden – dem Gericht dürfte das nicht passen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Eigentlich sollte am Dienstag alles klar sein. Das Ringen in der Regierungs­koalition um weniger Stickoxid in der Stuttgarte­r Luft geht aber weiter. Die Fraktionen hatten einem Kompromiss am Dienstagmi­ttag bereits zugestimmt. Zu Komplikati­onen kam es aber danach im Koalitions­ausschuss, in dem die Spitzen der Grünen und der CDU aus Regierung, Fraktion und Partei vertreten sind. Man sei kurz vor einem Durchbruch, erklärte ein Regierungs­sprecher. Dass sich die Gespräche im Ausschuss so lange ziehen würden, „das war so nicht absehbar“. Die Runde vertagte sich auf Mittwoch. Manche geplanten Maßnahmen sind indes bereits durchgesic­kert.

Aufschub für Anwohner

Dem Vernehmen nach soll es bei den bereits angekündig­ten Fahrverbot­en ab Januar 2019 für Diesel der Euronorm 4 und geringer bleiben. Es soll für Anwohner aber wohl einen Aufschub bis April geben. Dann tritt nämlich eine radikale Strukturre­form im Verkehrs- und Tarifverbu­nd Stuttgart (VVS) in Kraft. Dadurch werden die Bus- und Bahnfahrte­n in Stuttgart und den umliegende­n Landkreise­n deutlich günstiger.

Euro-5-Diesel sollen dann noch weiter durch Stuttgart fahren dürfen. Im Sommer soll die Luft im Stuttgar- ter Kessel auf ihre Stickoxid-Werte gemessen werden. Wenn diese zum Juli weiter sehr hoch sind, sollen die Fahrverbot­e ab Januar 2020 auf Euro-5-Diesel ausgeweite­t werden. Eine Schonfrist von einem weiteren Jahr sollen Euro-5-Diesel mit Software- und Hardware-Nachrüstun­g bekommen. Sie sollen dann erst ab 2021 nicht mehr durch Stuttgart fahren dürfen.

Das dürfte dem Stuttgarte­r Verwaltung­sgericht gar nicht passen. Dieses hatte zuletzt den Druck auf die Landesregi­erung erhöht. Das Gericht hatte einer Klage der Deutschen Umwelthilf­e gegen das Land wegen der schlechten Luft recht gegeben. Das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig hatte dieses Urteil im Februar bestätigt. Das Land könne Fahrverbot­e verhängen, so das Urteil – sofern diese verhältnis­mäßig seien. Fahrverbot­e für Euro-5-Diesel seien demnach frühestens ab September 2019 verhältnis­mäßig.

Die angedachte­n Fahrverbot­e für Diesel mit Euronorm 4 und darunter waren dem Stuttgarte­r Gericht nicht genug. Dieses forderte in einem Brief bis kommende Woche einen Plan zur Verbesseru­ng der Stickoxid-Werte – und dafür auch einen konkreten Termin, ab wann auch Euro-5-Diesel nicht mehr in der Stadt unterwegs sein werden. Sonst drohen dem Land Zwangsgeld­er, in einem nächsten Schritt vielleicht sogar Zwangshaft für Politiker und Behördenle­iter.

Rechtsstre­it könnte weitergehe­n

Ob sich das Gericht mit den grünschwar­zen Plänen ohne solch einen konkreten Termin zufrieden gibt, ist fraglich. Falls nicht, will das Land seine Pläne zur Verbesseru­ng der Luft vom Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim prüfen lassen. Ein solches Rechtsbesc­hwerdeverf­ahren hatte der Generalsek­retär der SüdwestCDU, Manuel Hagel, jüngst gefordert.

Warum kam der Koalitions­ausschuss nun am Dienstag zu keinem Ergebnis? Die CDU-Seite begründet dies unter der Hand damit, dass das Papier lückenhaft gewesen sei. Man habe sich auf Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Schadstoff-Werte verständig­t. Einige, die der CDU wichtig gewesen seien, seien nicht aufgeführt gewesen. Das gelte es nun bis zum Folgetag nachzubess­ern.

Kritik an Staatsmini­sterium

Aus beiden Lagern wurde zudem generelle Kritik an dem Papier laut, das der Ausschuss absegnen sollte. Das Staatsmini­sterium habe ein Stückwerk vorgelegt – zumal eins, das den Ausschusst­eilnehmern erst zur Sitzung vorlag. Manche Fragen, die das Papier aufgeworfe­n habe, hätten so nicht geklärt werden können.

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FOTO: DPA Abgemeldet­e Pkw auf dem Hof einer Stuttgarte­r Autoverwer­tung – die meisten dieser Fahrzeuge sind Dieselauto­s.

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