Friedensschluss der Waffenbauer
Heckler & Koch beendet Streit um Hightech-Gewehr – Zeuge entlastet Oberndorfer Firma
RAVENSBURG/STUTTGART - Der angeschlagene Waffenhersteller Heckler & Koch aus Oberndorf (Landkreis Rottweil) hat einen Rechtsstreit mit dem US-amerikanischen Rüstungskonzern Orbital ATK außergerichtlich beigelegt. Das teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Demnach hat sich Heckler & Koch einverstanden erklärt, Orbital ATK Schadenersatz in Höhe von 7,5 Millionen US-Dollar (6,4 Millionen Euro) zu zahlen. „Wir sind sehr froh, eine einvernehmliche Lösung mit Orbital ATK gefunden zu haben“, sagte ein Unternehmenssprecher.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein gemeinsames Waffenprojekt, an dem beide Unternehmen im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums seit einigen Jahren arbeiten. Dabei geht es um die Entwicklung eines halbautomatischen Granatwerfers mit der Bezeichnung XM25. Munition und Zielvorrichtung der Hightech-Waffe sollten von Orbital ATK, die Abschussmechanik von Heckler & Koch kommen. Doch das Projekt verzögerte sich, beide Partner zerstritten sich schwer. Bereits Ende 2016 hieß es, die einst mit hohen Erwartungen bei Militärs gehandelte Waffe stehe vor dem Aus.
Orbital ATK reicht Klage ein
Anfang des vergangenen Jahres haben die Amerikaner bei einem USGericht dann Klage gegen Heckler & Koch eingereicht. Der Vorwurf: Vertragsbruch. Orbital ATK forderte Schadenersatz in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (23 Millionen Euro) und die Herausgabe von Urheberrechten für die Abschussmechanik. Heckler & Koch weigere sich, die vertraglich vereinbarte Leistung – sprich, die Lieferung der Abschussmechanik – zu erbringen, obwohl sie 33 Millionen Euro für die Entwicklung der Bauteile bekommen hätten, hieß es in der Klageschrift.
Heckler & Koch wies damals alle Vorwürfe zurück und berief sich auf das Völkerrecht, um die Nichtliefe- rung zu rechtfertigen. Der Grund: Mit der Waffe wird der Gegner nicht direkt beschossen, vielmehr detoniert die Granate oberhalb des Menschen und nicht in seinem Körper. Das aber ist laut der Sankt Petersburger Völkerrechts-Konvention von 1868 verboten. Der Regel zufolge dürfen Granaten absichtlich nur auf eine Stelle neben einem Menschen, auf ein Haus, ein Fahrzeug oder andere Dinge geschossen werden – und nicht auf einen Menschen selbst. Genau das aber könnte mit dem Granat- gewehr geschehen. Um so einen Völkerrechtsbruch auszuschließen, wollte Heckler & Koch von der USArmee eine Selbstverpflichtungserklärung zur Einhaltung des Völkerrechts haben. Die aber wollten die Amerikaner nicht unterzeichnen – und so hielten die Oberndorfer die Lieferung der schon bereitliegenden Bauteile zurück. „Es ist nicht so, dass wir nicht liefern wollen, sondern wir können nicht liefern“, sagte der damalige Heckler-&-Koch-Chef Norbert Scheuch.
Der Projektpartner hingegen zerpflückte die Argumentation der Deutschen. „Heckler & Koch sucht nach Entschuldigungen für seine Nichtleistung“, schrieb Orbital ATK damals in der Klageschrift, zumal die Firma bereits Bauteile für Prototypen des XM25 geliefert habe.
Nachfragen der „Schwäbischen Zeitung“, was die Einigung der beiden Parteien für das Projekt XM25 bedeutet, blieben unbeantwortet. Allerdings wies Heckler & Koch darauf hin, dass mit dem Vergleich sämtliche Rechtsstreitigkeiten beigelegt seien und beide Partner „auch in Zukunft vertrauensvoll und nachhaltig zusammenarbeiten werden“.
„Fott es fott, was weg ist, ist weg“
Für Heckler & Koch sind das unter dem Strich gute Nachrichten – zumal es für das Unternehmen am Dienstag auch an der zweiten Front nicht schlecht lief. Beim Prozess um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz durch ehemalige Mitarbeiter am Landgericht Stuttgart hat ein Zeuge die Rolle des Bundeswirtschaftsministeriums verteidigt. Man sei bei der Erteilung der Exportgenehmigung für Gewehre der Rüstungsfirma Heckler & Koch nach Mexiko dem Votum des Auswärtigen Amts gefolgt, sagte der Ministeriumsmitarbeiter. Kritisch hinterfragt wurde der Deal nicht. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, wie denn das Wirtschaftsministerium sicherstelle, dass Waffen nicht dorthin gelangten, wo sie nicht hingelangen sollten, antwortete der Zeuge, das könne nicht sichergestellt werden: „Fott es fott, was weg ist, ist weg, sagt der Rheinländer.“
Dreh und Angelpunkt in dem Verfahren sind die sogenannten Endverbleibserklärungen: Das Land, das Waffen bestellt, verpflichtet sich darin schriftlich, diese Waffen nicht in ein Drittland zu exportieren. Im Falle von Mexiko sagte die dortige Beschaffungsbehörde zu, die georderten Waffen nicht in bestimmte mexikanische Bundesstaaten weiterzuleiten, in denen Unruhen herrschten.