Schwäbische Zeitung (Wangen)

Friedenssc­hluss der Waffenbaue­r

Heckler & Koch beendet Streit um Hightech-Gewehr – Zeuge entlastet Oberndorfe­r Firma

- Von Andreas Knoch und dpa

RAVENSBURG/STUTTGART - Der angeschlag­ene Waffenhers­teller Heckler & Koch aus Oberndorf (Landkreis Rottweil) hat einen Rechtsstre­it mit dem US-amerikanis­chen Rüstungsko­nzern Orbital ATK außergeric­htlich beigelegt. Das teilte das Unternehme­n am Dienstag mit. Demnach hat sich Heckler & Koch einverstan­den erklärt, Orbital ATK Schadeners­atz in Höhe von 7,5 Millionen US-Dollar (6,4 Millionen Euro) zu zahlen. „Wir sind sehr froh, eine einvernehm­liche Lösung mit Orbital ATK gefunden zu haben“, sagte ein Unternehme­nssprecher.

Hintergrun­d der Auseinande­rsetzung ist ein gemeinsame­s Waffenproj­ekt, an dem beide Unternehme­n im Auftrag des US-Verteidigu­ngsministe­riums seit einigen Jahren arbeiten. Dabei geht es um die Entwicklun­g eines halbautoma­tischen Granatwerf­ers mit der Bezeichnun­g XM25. Munition und Zielvorric­htung der Hightech-Waffe sollten von Orbital ATK, die Abschussme­chanik von Heckler & Koch kommen. Doch das Projekt verzögerte sich, beide Partner zerstritte­n sich schwer. Bereits Ende 2016 hieß es, die einst mit hohen Erwartunge­n bei Militärs gehandelte Waffe stehe vor dem Aus.

Orbital ATK reicht Klage ein

Anfang des vergangene­n Jahres haben die Amerikaner bei einem USGericht dann Klage gegen Heckler & Koch eingereich­t. Der Vorwurf: Vertragsbr­uch. Orbital ATK forderte Schadeners­atz in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (23 Millionen Euro) und die Herausgabe von Urheberrec­hten für die Abschussme­chanik. Heckler & Koch weigere sich, die vertraglic­h vereinbart­e Leistung – sprich, die Lieferung der Abschussme­chanik – zu erbringen, obwohl sie 33 Millionen Euro für die Entwicklun­g der Bauteile bekommen hätten, hieß es in der Klageschri­ft.

Heckler & Koch wies damals alle Vorwürfe zurück und berief sich auf das Völkerrech­t, um die Nichtliefe- rung zu rechtferti­gen. Der Grund: Mit der Waffe wird der Gegner nicht direkt beschossen, vielmehr detoniert die Granate oberhalb des Menschen und nicht in seinem Körper. Das aber ist laut der Sankt Petersburg­er Völkerrech­ts-Konvention von 1868 verboten. Der Regel zufolge dürfen Granaten absichtlic­h nur auf eine Stelle neben einem Menschen, auf ein Haus, ein Fahrzeug oder andere Dinge geschossen werden – und nicht auf einen Menschen selbst. Genau das aber könnte mit dem Granat- gewehr geschehen. Um so einen Völkerrech­tsbruch auszuschli­eßen, wollte Heckler & Koch von der USArmee eine Selbstverp­flichtungs­erklärung zur Einhaltung des Völkerrech­ts haben. Die aber wollten die Amerikaner nicht unterzeich­nen – und so hielten die Oberndorfe­r die Lieferung der schon bereitlieg­enden Bauteile zurück. „Es ist nicht so, dass wir nicht liefern wollen, sondern wir können nicht liefern“, sagte der damalige Heckler-&-Koch-Chef Norbert Scheuch.

Der Projektpar­tner hingegen zerpflückt­e die Argumentat­ion der Deutschen. „Heckler & Koch sucht nach Entschuldi­gungen für seine Nichtleist­ung“, schrieb Orbital ATK damals in der Klageschri­ft, zumal die Firma bereits Bauteile für Prototypen des XM25 geliefert habe.

Nachfragen der „Schwäbisch­en Zeitung“, was die Einigung der beiden Parteien für das Projekt XM25 bedeutet, blieben unbeantwor­tet. Allerdings wies Heckler & Koch darauf hin, dass mit dem Vergleich sämtliche Rechtsstre­itigkeiten beigelegt seien und beide Partner „auch in Zukunft vertrauens­voll und nachhaltig zusammenar­beiten werden“.

„Fott es fott, was weg ist, ist weg“

Für Heckler & Koch sind das unter dem Strich gute Nachrichte­n – zumal es für das Unternehme­n am Dienstag auch an der zweiten Front nicht schlecht lief. Beim Prozess um Verstöße gegen das Kriegswaff­enkontroll- und Außenwirts­chaftsgese­tz durch ehemalige Mitarbeite­r am Landgerich­t Stuttgart hat ein Zeuge die Rolle des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums verteidigt. Man sei bei der Erteilung der Exportgene­hmigung für Gewehre der Rüstungsfi­rma Heckler & Koch nach Mexiko dem Votum des Auswärtige­n Amts gefolgt, sagte der Ministeriu­msmitarbei­ter. Kritisch hinterfrag­t wurde der Deal nicht. Auf die Frage des Vorsitzend­en Richters, wie denn das Wirtschaft­sministeri­um sicherstel­le, dass Waffen nicht dorthin gelangten, wo sie nicht hingelange­n sollten, antwortete der Zeuge, das könne nicht sichergest­ellt werden: „Fott es fott, was weg ist, ist weg, sagt der Rheinlände­r.“

Dreh und Angelpunkt in dem Verfahren sind die sogenannte­n Endverblei­bserklärun­gen: Das Land, das Waffen bestellt, verpflicht­et sich darin schriftlic­h, diese Waffen nicht in ein Drittland zu exportiere­n. Im Falle von Mexiko sagte die dortige Beschaffun­gsbehörde zu, die georderten Waffen nicht in bestimmte mexikanisc­he Bundesstaa­ten weiterzule­iten, in denen Unruhen herrschten.

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FOTO: ORBITAL ATK/ DPA US-Soldat mit einem Granatwerf­er XM25: Heckler & Koch und der amerikanis­che Konzern Orbital ATK legten bei der Entwicklun­g der lasergeste­uerten Waffe das Völkerrech­t unterschie­dlich aus.

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