Pferd versinkt im Degermoos
Vermeintlicher Wanderweg: Ein ehemaliger Torfstich wird zur Falle für Reiterinnen
WOHMBRECHTS - Es sollte ein gemütlicher Heimritt werden. Vier Reiterinnen aus Opfenbach wollten ihre Ponys am Sonntagnachmittag von Brententann hinter Wangen, wo sie am Wochenende geweidet hatten, zurück in den Stall bringen, als der Ausflug im Degermoos jäh endete. Eines der vier Ponys sank im Degermoos in einem ehemaligen Torfstich so tief ein, dass zuletzt nur noch Kopf, Hals und Rücken zu sehen waren. Kathrin Behrens, Besitzerin des Pferds, stand gestern noch unter Schock. Sie selbst war Teil der Gruppe, ritt aber ein anderes Pferd. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren kann“, sagt die erfahrene Reiterin. Die Feuerwehr Wohmbrechts konnte in einem gut zweistündigen Einsatz das Pony unverletzt aus dem Moor bergen.
Die vierköpfige Gruppe auf ihren Islandpferden wollte im Degermoos die Asphaltstraße entlang der Bahnschienen vermeiden, die zur Bikermühle in Obernützenbrugg (Gemeinde Hergensweiler) führt. Deshalb folgte sie einem vermeintlichen Wanderweg. „Da war ein Schild mit Pfeil – für mich eindeutig die Ausschilderung eines Wanderwegs“, erläutert Kathrin Behrens, die häufig mit ihrem Pferd im Gelände unterwegs ist und auch nach Karten ihre Routen findet. Die Schilder hätten zu einer Schautafel geführt, erzählt sie. „Dahinter sah ich Radspuren. Es bestand für mich kein Zweifel, dass der Weg hier weitergeht“, erklärt Behrens und betont, dass sie immer ausschließlich auf Wegen reitet.
Laut Edwin Miller, Gruppenführer der Feuerwehr Wohmbrechts, die über die Leitstelle alarmiert wurde, befindet sich der Unglücksort am Ende eines Wegstücks, das als Teil der „Westallgäuer Wasserwege“gekennzeichnet ist. „Die Reiter haben ihn vermutlich als beschilderten Wanderweg aufgefasst“, sagt er. Deutlich erkennbar war die Gefahr nach seiner Beschreibung nicht. Eine etwa zehn Zentimeter dicke Schicht mit Bewuchs verbirgt den bodenlosen, wässrigen Untergrund.
Als das vorangehende Pferd der Vierergruppe in den Torfstich ge- riet und einsank, versuchte es umzudrehen und rauszukommen. „Dabei ist es abgerutscht und ganz im Moor gelandet“, schildert Behrens. Erst lag das etwa 400 Kilogramm schwere Tier in dem Moorloch, allmählich sank es ein. Der 15-jährigen Reiterin, Jüngste der Gruppe, gelang es, mit Hilfe ihrer Begleiterinnen abzusteigen. „Wir haben ihr die Hände gereicht und sie hergezogen“, erzählt Kathrin Behrens. Per Handy haben die Frauen einen Notruf abgesetzt.
Hilfe leistete die Feuerwehr Wohmbrechts mit etwa 20 Einsatzkräften – sie waren in mehrfacher Hinsicht die idealen Retter in dieser Situation. Als Landwirte und Reiter wussten die meisten der Helfer, wie sie anpacken müssen. Als die Wehr feststellte, dass das Tier nur von einer Seite aus auf einigermaßen fes- tem Boden zu erreichen war, legten sie auf der anderen Seite Leitern aus, um dann Leinen unter dem eingesunkenen Körper durchzuziehen und das Absinken zu stoppen. Für die Bergung holte einer der Feuerwehrmänner ein spezielles Hebegeschirr von seinem nahe gelegenen Hof. Beim Anheben des Tiers setzten sie zwei Traktoren ein: Einer sicherte den anderen vor dem Abrutschen im morastigen Gelände.
Die Helfer unter Einsatzleitung von Jens Wißelinck hatten auch eine Tierärztin verständigt. Sie gab dem Pferd eine Beruhigungsspritze, damit es bei der Befreiung nicht in Panik gerät. Eineinhalb Stunden war das Pony im Moor festgesteckt. Kurz nach 21 Uhr holten zwei Fahrzeuge mit Hänger die vier Pferde und ihre Besitzerinnen ab – allesamt am Ende mit den Nerven.
Bei aller Aufregung ist Kathrin Behrens heilfroh, dass alle Beteiligten den Unfall unversehrt überstanden haben. Bei der Feuerwehr Wohmbrechts will sie sich mit einem Weißwurstfrühstück bedanken. „Wir waren in einer krassen Notfallsituation – und die Rettung war spitze“, sagt sie. „Alle waren sehr einfühlsam und haben uns gut aufgefangen.“An den alten Torfstich im Degermoos gehört ihrer Meinung nach unbedingt ein deutliches Warnschild. „Nicht wegen der Reiter. Da sind ja auch Familien mit Kindern als Wanderer unterwegs.“