Ronaldo beehrt die alte Dame
Wieso der fünfmalige Weltfußballer Real Madrid tatsächlich verlässt und nach Italien geht
TURIN/MADRID (SID/dpa) - Am Dienstag um 17.32 Uhr war der Megatransfer perfekt: Der fünfmalige Weltfußballer Cristiano Ronaldo setzt seine Karriere nach einem der spektakulärsten Vereinswechsel der FußballGeschichte bei Juventus in Turin fort. In knappen Worten bestätigte sein bisheriger Club Real Madrid, was sich seit Tagen angedeutet hatte, aber bis zuletzt irgendwie unwirklich geschienen hatte.
Der 33-Jährige erhält beim italienischen Rekordmeister einen Vertrag über vier Jahre, dotiert angeblich mit 30 Millionen Euro Gehalt. Pro annum. Netto. Er wäre wieder der bestbezahlte Fußballer der Welt. Die Ablösesumme soll bei 105 Millionen liegen, inklusive Beraterhonorar beträgt das Transferpaktet damit rund 350 Millionen Euro – viel Geld für einen Routinier, doch angesichts des total überhitzten Marktes vergleichsweise ein angemessen scheinender Preis. Ronaldo ist Ronaldo. In Turin wird er auf die deutschen Nationalspieler Sami Khedira, mit dem er bereits bei Real spielte, und Emre Can treffen.
Der Star fühlte sich verfolgt
Der Portugiese bedankte sich auf sehr pathetische Art für seine neun Jahre bei Real, „beim Club, bei den Fans und dieser Stadt. Aber ich denke, es ist an der Zeit, einen neuen Abschnitt in meinem Leben zu beginnen. Deshalb habe ich den Club gebeten, dem Transfer zuzustimmen. Ich bitte alle, vor allem unsere Fans, um Verständnis. Diese Jahre in Madrid waren wahrscheinlich die glücklichsten meines Lebens.“
Real gab den Wechsel als Erster bekannt. „Real Madrid teilt mit, dass er sich nach dem Willen und Wunsch des Spielers Cristiano Ronaldo bereit erklärt hat, ihn zu Juventus zu transferieren. Real Madrid möchte seine Dankbarkeit gegenüber einem Spieler ausdrücken, der sich als der beste der Welt erwiesen hat und der eine der brillantesten Zeiten in der Geschichte unseres Vereins und Weltfußballs markiert hat.“
Vorausgegangen war am Dienstag ein Treffen zwischen Ronaldo und Juve-Präsident Andrea Agnelli, milliardenschwerer letzter Spross des Agnelli-Clans. Man traf sich in einem exklusiven Resort an der griechischen Costa Navarino, wo Ronaldo seinen Urlaub verbringt. Am Morgen war Agnelli nach angeblich exakt 28 Telefonaten mit Ronaldo nach Kalamata geflogen. Dort kam es schließlich zur Einigung.
Ronaldo-Manager Jorge Mendes habe zuvor das Angebot der Turiner mit der Ablöse an Real übergeben, berichteten spanische Medien. Real habe sofort zugestimmt, der Vertrag zwischen dem Europameister und Juve war ohnehin schon fertig. Unklar ist noch, ob Ronaldo bereits am 23. Juli mit den Italienern auf US-Tour geht.
Ronaldo hatte nach dem Champions-League-Finale im Mai in Kiew erstmals mit zweideutigen Äußerungen die Spekulationen genährt. „Es war sehr schön, bei Real zu sein“, sagte er nach dem 3:1 über Liverpool. Auf Nachfrage, ob er in Madrid bleibe, ergänzte er: „Ich kann es nicht versichern.“Es gilt als gesichert, dass Ronaldo bei Real zuletzt nicht mehr die Wertschätzung fühlte, die er für angemessen hält, besonders vonseiten des Clubchefs Florentino Perez. „Ich habe mit dem Präsidenten nichts zu besprechen“, sagte er in Kiew. Klare Worte.
Die WM in Russland hatte Ronaldo nach dem 1:2 im Achtelfinale gegen Uruguay schweigend verlassen. Manager Mendes habe seither mit Perez gesprochen, um die Chance eines Wechsels zu erkunden, hieß es. Der Torjäger hatte bei Real noch einen Vertrag bis 2021, die fixe Ablöse lag eigentlich bei einer Milliarde Euro. Juventus konnte und wollte diese Summe nicht zahlen – musste es aber auch nicht. Es ist die siebtgrößte Ablöse, die je für einen Fußballer gezahlt wurde.
Ronaldo ist mit 451 Toren Rekordtorschütze des Clubs. Viermal gewann er mit dem Rekordmeister die Champions League (zuvor einmal mit ManUnited), sein Jahresgehalt soll zuletzt bei 21 Millionen Euro gelegen haben. Dennoch war er unzufrieden:, auch weil er sich von den Steuerbehörden zu Unrecht verfolgt fühlte. Unmittelbar vor WM-Beginn war er zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 18 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt worden wegen Steuerhinterziehung.
In Turin dagegen hatten ihn im Februar im Achtelfinale, als Ronaldo ein Traumtor per Fallrückzieher erzielte,, sogar die fremden Fans, die nun seine sind, gefeiert.