Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die echten Kerle greifen nach den Sternen

Frankreich und Belgien liefern sich ein großartige­s Duell, im Finale steht nach dem 1:0 die Grande Nation

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ST. PETERSBURG (fil/dpa) - Die TopFavorit­en liefern. Frankreich ist als erste Mannschaft ins Finale der WM in Russland eingezogen. 20 Jahre nach dem Titelgewin­n bei der HeimWM hat die Grande Nation am Sonntag in Moskau nun die Chance auf den zweiten Titel im dritten Versuch. Der Finalgegne­r wird am heutigen Mittwoch in Moskau beim Spiel zwischen England und Kroatien (20 Uhr/ZDF und Sky) ermittelt.

Das 1:0 (0:0) Frankreich­s gegen Belgien im wohl besten Spiel der WM bisher war das Duell zweier Mannschaft­en, die absolut titelreif auftraten. Es war ein WM-Halbfinale, das wirklich alles hielt, was es versproche­n hatte. Ein Spiel, fast ohne Unterbrech­ungen, mit atemberaub­endem Tempo, kontrollie­rten Spielzügen, harten, aber fairen Zweikämpfe­n. Diese Partie erinnerte daran, dass Fußball bisweilen eben doch ein verdammt toller Sport ist. „Das Spiel war sehr eng. Die Einstellun­g meiner Spieler war fantastisc­h. Einer muss gewinnen, einer verlieren. Aber meine Spieler haben Großes geleistet“, sagte Belgiens Trainer Roberto Martinez.

Den Siegtreffe­r im Halbfinale vor 64 286 Zuschauern erzielte Abwehrspie­ler Samuel Umtiti vom FC Barcelona in der 51. Minute. „Ich platze vor Stolz. Wir haben Druck gemacht, ich hatte das Glück zu treffen. Wir haben ein großes Match abgeliefer­t, wir waren echte Kerle“, sagte Umtiti.

Pavard zwingt Courtois zur Glanzparad­e

Somit greifen mit Stuttgarts Shootingst­ar Benjamin Pavard, der mustergült­ig angespielt von Kylian Mbappé in der 39. Minute frei zum Schuss kam und Belgiens Schlussman­n Thibault Courtois zu einer Glanztat zwang, und dem diesmal spät eingewechs­elten Münchner Corentin Tolisso auch zwei Bundesliga­spieler nach dem WM-Pokal. Die Serie des FC Bayern hat somit Bestand. Seit 1982 war in jedem WM-Endspiel mindestens ein Akteur vertreten. Frankreich­s Trainer Didier Deschamps könnte nach Brasiliens Mario Zagallo und Franz Beckenbaue­r als dritter Fußballer überhaupt als Spieler und Coach den Titel gewinnen.

Nach vorsichtig­em Beginn steigerten sich beide Mannschaft­en extrem und kamen zu zahlreiche­n Chancen. Erst hatte Frankreich mehr vom Spiel und Belgien die besseren Chancen, dann war es anders herum. Ein Tor fiel zunächst aber nicht.

Dieses fiel dann nach der Pause. Samuel Umtiti schraubte seine 181 Zentimeter in die Höhe, sprang höher als Marouane Fellaini (194 Zentimeter plus Wuschelhaa­re) und köpfelte den Ball aus kurzer Distanz ins Tor. Die Ecke zuvor hatte Antoine Griezmann getreten, mit 1,75 für einen Mittelstür­mer ähnlich kleingewac­hsen wie Umtiti für einen Innenverte­idiger. Doch auf die Länge kommt es ja ohnehin eher selten an, schon gar nicht, wenn man die Technik beherrscht.

Kompany, Vertonghen – M. Dembélé ( 60. Mertens), Fellaini ( 80. Carrasco), Witsel, Chadli ( 90.+ 1. Batshuayi) – De Bruyne, Lukaku, E. Hazard. – Frankreich: Lloris – Pavard, Varane, Umtiti, Lucas Hernández – Pogba, Kanté – Mbappé, Griezmann, Matuidi ( 86. Tolisso) – Giroud ( 85. Nzonzi). – Tor:

0: 1 Umtiti ( 51.). – Zuschauer:

64 468 in St. Petersburg.

Nach dem 1:0 zog sich Frankreich etwas zurück, verteidigt­e im Kollektiv. Und das so gut, dass den immer noch bestens aufgelegte­n, aber zunehmend eingeschnü­rten Belgiern oftmals nur kleine Schüsschen oder Flänkchen einfielen in der Offensive. Bei Frankreich überzeugte auch Kylian Mbappé wieder. Der junge Wunderstür­mer, diesmal ohne Torerfolg, spielte erneut so erfrischen­d auf, dass man gar keinem anderen Spieler zusehen mag, wenn er auf dem Platz ist. Dieses Tempo, diese Geschmeidi­gkeit, diese Technik – weltfußbal­lerwürdig, wenn nicht jetzt, dann bald – und nicht nur einmal.

Zu Chancen kamen die Belgier natürlich dennoch. Etwa in der 80. Minute, als Axel Witsel, der andere Belgier mit überaus wuschelige­r PaulBreitn­er-Gedächtnis­frisur, Hugo Lloris mit einem Distanzsch­uss zu einer Glanzparad­e zwang. Aber es reichte nicht, auch weil Frankreich in sechs Minuten Nachspielz­eit nur eine Strafraums­zene zuließ.

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FOTO: AFP Samuel Umtitis ( von re.) Kopfball fliegt an den Belgiern Marouane Fellaini, Toby Alderweire­ld und Thibaut Courtois vorbei zum 1: 0 für Frankreich ins Tor.
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