Land bildet Lehrer auch in Teilzeit aus
Südwesten will als Arbeitgeber attraktiver werden – und plant dafür etliche Neuerungen
STUTTGART - Angehende Lehrer sollen ihr Referendariat in BadenWürttemberg vom Frühjahr 2019 an auch in Teilzeit absolvieren können. So will die Landesregierung die Familienfreundlichkeit der Lehrerausbildung steigern.
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte bereits im vergangenen Oktober einen entsprechenden Vorstoß gestartet. Dafür muss zunächst das Landesbeamtengesetz geändert werden. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“ hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) einen Gesetzentwurf erarbeitet. Diesen will er dem Kabinett am kommenden Dienstag, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, vorlegen.
Das Teilzeit-Referendariat kommt zu einer Zeit, in der gerade an Grundschulen massiv Lehrer fehlen. Das Angebot richtet sich an angehende Lehrer, die Kinder unter 18 Jahren betreuen, oder einen Angehörigen pflegen, wie eine Sprecherin des Kultusministeriums erklärt. Auch Menschen mit schwerer Behinderung können es in Anspruch nehmen. In anderen Bundesländern ist das Referendariat in Teilzeit bereits möglich – etwa in Rheinland-Pfalz. Bayern strebt dies indes nicht an.
Der Entwurf zur Änderung des Landesbeamtengesetzes sieht weiter reichende Änderungen vor, um das Land als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Beamte, die wegen eines kranken Kindes Sonderurlaub brauchen, müssen nicht mehr zwingend ein ärztliches Attest vorlegen – sondern nur dann, wenn der Vorgesetzte das verlangt oder wenn die Krankheit wohl länger als eine Woche andauert. Wer eine Führungsaufgabe übernimmt und noch in der Probezeit steckt, soll künftig auch eine Auszeit, etwa Elternzeit, nehmen können.
Zudem will das Land künftig einspringen, wenn ein Beamter Anrecht auf Schmerzensgeld hat, der Täter aber nicht zahlen kann. Strobl will dabei weiter gehen als andere Bundesländer, die in Teilen erst ab einem Mindestbetrag zahlen. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik werden vor allem Polizisten im Dienst verletzt. Strobl rechnet dem Vernehmen nach mit Kosten von 60 000 Euro – Tendenz steigend.
STUTTGART - Baden-Württemberg will als Arbeitgeber familienfreundlicher werden. Dazu soll das Landesbeamtengesetz geändert werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag ins Kabinett einbringen, wie ein Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“bestätigt. Die neuen Regelungen sollen im Herbst in Kraft treten. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Referendariat in Teilzeit für angehende Lehrer
Ist ein Lehrer verbeamtet, kann er vergleichsweise einfach in Teilzeit arbeiten. Für angehende Lehrer gilt das bislang nicht. Ihr Referendariat leisten sie 18 Monate lang in Vollzeit ab – zumindest bisher. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will das ändern. Ihr Konzept hatte sie bereits im vergangenen Oktober vorgestellt. Es sieht vor, das Referendariat auf 30 Monate zu strecken. Die Teilzeit umfasst dann 60 Prozent der normalen Arbeitszeit, flexible Quoten soll es nicht geben.
Das Teilzeit-Referendariat sollen Eltern mit minderjährigen Kindern beantragen können. Für angehende Lehrer, die schwerbehindert sind oder Angehörige pflegen, gilt das ebenso. Nach Schätzungen des Kultusministeriums werden diese Möglichkeit weniger als ein Prozent der jährlich 5500 Referendare in Anspruch nehmen. „Mit dem Vorbereitungsdienst in Teilzeit gestalten wir die Lehrerausbildung attraktiver und zeitgemäßer“, sagt Eisenmann der „Schwäbischen Zeitung“. Als Motivation dürfte außerdem dienen, dass der Lehrermangel massiv ist. Vor allem an Grundschulen fehlen Pädagogen – Lehrer an dieser Schulart sind überwiegend Frauen.
Die Idee ist nicht ganz neu. Andere Bundesländer haben bereits das Teilzeit-Referendariat, unter anderem Rheinland-Pfalz und Hessen. Verbände wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordern es schon lange. Die konkrete Ausgestaltung übernimmt Eisenmann in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für angehende Lehrer. Die Voraussetzung ist aber eine Änderung des Landesbeamtengesetzes – und die hat Strobl nun erarbeitet.
Juristen müssen Referendariat weiter in Vollzeit leisten
Justizminister Guido Wolf (CDU) möchte auch seinen Rechtsreferendaren die Teilzeit bieten. Dafür ist er aber, anders als seine Kabinettskollegin Eisenmann, auf den Bund angewiesen. Seit 2016 engagiere sich Wolf deshalb in einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe zum Thema, erklärt ein Sprecher.
Weniger Bürokratie für Beamte, die Eltern sind
Wer Sonderurlaub braucht, um beim kranken Kind zuhause zu bleiben, muss bislang immer ein ärztliches Attest einreichen. Strobls Gesetzentwurf sieht vor, dass dies nur noch auf Verlangen des Arbeitgebers nötig ist – und dann, wenn das Kind wohl länger als eine Woche krank ist. Außerdem sollen künftig auch die Beamten problemlos in Eltern- oder Pflegezeit gehen können, die gerade in der Probezeit für einen Führungsposten sind. Bislang ist eine Unterbrechung der Probezeit nicht vorgesehen.
Land zahlt Schmerzensgeld, wenn Täter das nicht kann
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sind im vergangenen Jahr 2400 Landesbeamte im Dienst verletzt worden. In 80 Prozent der Fälle waren das Polizisten. Wenn die Opfer Anspruch auf Schadensersatz haben, die Täter aber nicht zahlen können, haben sie bislang schlicht Pech gehabt. Dem Vernehmen nach soll das Land künftig diese Lücke füllen.
Andere Bundesländer sind mit gutem Beispiel vorangegangen und springen ein, wenn die Angreifer kein Schmerzensgeld zahlen. Aber: „Wir werden in Sachen Schmerzensgeld die bundesweit polizeifreundlichste Lösung in den Ministerrat bringen“, so Strobl zur „Schwäbischen Zeitung“. Anders als andere Bundesländer soll das Opfer nicht erst selbst versuchen müssen, an sein Geld zu kommen. Auch will BadenWürttemberg auf eine Mindestsumme verzichten, die es in anderen Ländern gibt.
Auch Bedienstete im Strafvollzug werden Opfer von Gewalt. Deren Vorsitzender Alexander Schmid forderte lange schon vom Land, beim Schmerzensgeld im Notfall einzuspringen. Daher lobt er die geplante Änderung. Im Gesetzentwurf sei aber nur von Kostenübernahme nach „tätlichen Angriffen“die Rede. „Das sollte man weiter fassen, damit das Opfer nicht ein zweites Mal zum Opfer wird“, fordert Schmid.
Nicht nur Beamte, auch Angestellte im öffentlichen Dienst sollen entschädigt werden, erklärt ein Sprecher des zuständigen Finanzministeriums. „Sobald die Übernahme der Kosten gegenüber Beamten Gesetz ist, wenden wir sie auch auf die Angestellten an.“