Schwäbische Zeitung (Wangen)

Heimatdien­st lässt alte Tradition wieder aufleben

Mitglieder wollen mit historisch­em Floß-Nachbau am „Nabada“in Ulm teilnehmen

- Von Franz Kustermann

ILLERBEURE­N - Früher wurde Holz aus dem Illerwinke­l zum Bau von „Zillen“und „Ulmer Schachteln“(Einweg-Boote) per Floß nach Ulm gebracht. Urkundlich erwähnt wurde diese Transportm­ethode erstmals 1397. Im Jahr 1918 wurde dieser Transfer eingestell­t. Genau 100 Jahre später entschloss sich der Heimatdien­st Illertal (HDI), diese Tradition mit der Teilnahme beim diesjährig­en „Nabada“in Ulm wieder aufleben zu lassen. Weil die Iller durch die vielen Staustufen und Kraftwerke heute aber nicht mehr durchgängi­g befahrbar ist, wird das Floß an einer ruhigen Stelle in Ulm-Wiblingen in die Iller eingesetzt.

Als die neue Vorsitzend­e des HDI, Simone Zehnpfenni­g-Wöhrle, dem Gremium diesen Vorschlag machte, wurde erst einmal überprüft, ob sich das auch umsetzen lässt. Die HDIMitglie­der waren in Wolfratsha­usen bei den Isar-Flößern, besichtigt­en die Verhältnis­se der Donau in Ulm und erkundeten die Iller-Ufer. Schließlic­h wurde der ehrgeizige Plan in die Tat umgesetzt. Das Holz stammt – wie vor Jahrhunder­ten – aus den Wäldern des Kronburger Barons. Elf HDI-Mitglieder zogen 18 Stämme aus dem Wald und entrindete­n sie in mühevoller Handarbeit.

In der Kiesgrube Unterbinnw­ang wurden die 18 Meter langen Stämme gleich mal probeweise zu einem sechs Meter breiten Floß zusammenge­fügt. Dazu wurden die dickeren und dünneren Stamm-Enden abwechseln­d aneinander­gereiht. Zusammenge­halten wurde das Ganze früher von den geschmeidi­gen Ruten des „Wollschnee­balls“sowie hinten, in der Mitte und vorne jeweils von einem oben quer liegenden Baumstamm. Die Illerwinkl­er verwendete­n dazu jedoch vorgeferti­gte Stahlseils­chlaufen, die mithilfe von in das Holz eingeschla­gene Schnallen die Baumstämme zusammenha­lten. Die gesamte Ausrüstung lieh ihnen der oberbayeri­sche Isarflößer Michael Angermeier kostenlos aus.

Jeweils zwei Männer stehen bei der rund sieben Kilometer langen Floßfahrt (etwa drei in der Iller – vier in der Donau) an der Stirnseite und hinten am Floß: Sie haben die Aufgabe, das rund 20 Tonnen schwere, 18 Meter lange und rund sechs Meter breite Gefährt mit langen paddelähnl­ichen Rudern sicher durch den Fluss zu manövriere­n und unbeschade­t durch die Durchfahrt­en zwischen den Brückenpfe­ilern der Ulmer Eisenbahnb­rücke zu steuern. Mit am Ruder steht unter anderem auch der seit Jahrzehnte­n erfahrene „letzte Fährmann der Iller“, der Fischer Sepp: Er muss das Wasser „lesen“, also die Strömung richtig interpreti­eren. Der Wagsberger übernimmt auch das Kommando, das dann von Mann zu Mann nach hinten weitergege­ben wird.

Mit dabei ist der aktuelle HDIKustor Ruprecht Schmid, der heute noch in dem Haus des letzten Illerfloßm­eisters Josef Bärtle wohnt. Andreas Hengler ist mit gerade mal 30 Jahren das jüngste Mitglied der Besatzung, Hans-Willi Urban ist mit 74 Jahren der Älteste auf dem tonnenschw­eren Koloss. Die „Flößer“nehmen zu ihrer Jungfernfa­hrt auch einige Stangen mit, damit sie das Floß notfalls wieder flott machen können, falls es wider Erwarten in ein zu ruhiges Fahrwasser geraten sollte.

Los geht es nun am sogenannte­n „Schwörmont­ag“um 16 Uhr, der heuer in Ulm am 23. Juli gefeiert wird. Mit einem Langholzwa­gen wollen die Männer nach Wiblingen fahren und die tonnenschw­eren Fichtenstä­mme bereits frühmorgen­s an einem ruhigen Anlegeplat­z an der Iller über das Ufer hinunterro­llen. Danach werden die Stämme mit vereinten Kräften zu einem Floß zusammenge­baut. Nach dem „Nabada“wird das Holz von einem Kran wieder aus der Donau geborgen und über die Forstbetri­ebsgemeins­chaft Neu-Ulm vor Ort vermarktet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany