Heimatdienst lässt alte Tradition wieder aufleben
Mitglieder wollen mit historischem Floß-Nachbau am „Nabada“in Ulm teilnehmen
ILLERBEUREN - Früher wurde Holz aus dem Illerwinkel zum Bau von „Zillen“und „Ulmer Schachteln“(Einweg-Boote) per Floß nach Ulm gebracht. Urkundlich erwähnt wurde diese Transportmethode erstmals 1397. Im Jahr 1918 wurde dieser Transfer eingestellt. Genau 100 Jahre später entschloss sich der Heimatdienst Illertal (HDI), diese Tradition mit der Teilnahme beim diesjährigen „Nabada“in Ulm wieder aufleben zu lassen. Weil die Iller durch die vielen Staustufen und Kraftwerke heute aber nicht mehr durchgängig befahrbar ist, wird das Floß an einer ruhigen Stelle in Ulm-Wiblingen in die Iller eingesetzt.
Als die neue Vorsitzende des HDI, Simone Zehnpfennig-Wöhrle, dem Gremium diesen Vorschlag machte, wurde erst einmal überprüft, ob sich das auch umsetzen lässt. Die HDIMitglieder waren in Wolfratshausen bei den Isar-Flößern, besichtigten die Verhältnisse der Donau in Ulm und erkundeten die Iller-Ufer. Schließlich wurde der ehrgeizige Plan in die Tat umgesetzt. Das Holz stammt – wie vor Jahrhunderten – aus den Wäldern des Kronburger Barons. Elf HDI-Mitglieder zogen 18 Stämme aus dem Wald und entrindeten sie in mühevoller Handarbeit.
In der Kiesgrube Unterbinnwang wurden die 18 Meter langen Stämme gleich mal probeweise zu einem sechs Meter breiten Floß zusammengefügt. Dazu wurden die dickeren und dünneren Stamm-Enden abwechselnd aneinandergereiht. Zusammengehalten wurde das Ganze früher von den geschmeidigen Ruten des „Wollschneeballs“sowie hinten, in der Mitte und vorne jeweils von einem oben quer liegenden Baumstamm. Die Illerwinkler verwendeten dazu jedoch vorgefertigte Stahlseilschlaufen, die mithilfe von in das Holz eingeschlagene Schnallen die Baumstämme zusammenhalten. Die gesamte Ausrüstung lieh ihnen der oberbayerische Isarflößer Michael Angermeier kostenlos aus.
Jeweils zwei Männer stehen bei der rund sieben Kilometer langen Floßfahrt (etwa drei in der Iller – vier in der Donau) an der Stirnseite und hinten am Floß: Sie haben die Aufgabe, das rund 20 Tonnen schwere, 18 Meter lange und rund sechs Meter breite Gefährt mit langen paddelähnlichen Rudern sicher durch den Fluss zu manövrieren und unbeschadet durch die Durchfahrten zwischen den Brückenpfeilern der Ulmer Eisenbahnbrücke zu steuern. Mit am Ruder steht unter anderem auch der seit Jahrzehnten erfahrene „letzte Fährmann der Iller“, der Fischer Sepp: Er muss das Wasser „lesen“, also die Strömung richtig interpretieren. Der Wagsberger übernimmt auch das Kommando, das dann von Mann zu Mann nach hinten weitergegeben wird.
Mit dabei ist der aktuelle HDIKustor Ruprecht Schmid, der heute noch in dem Haus des letzten Illerfloßmeisters Josef Bärtle wohnt. Andreas Hengler ist mit gerade mal 30 Jahren das jüngste Mitglied der Besatzung, Hans-Willi Urban ist mit 74 Jahren der Älteste auf dem tonnenschweren Koloss. Die „Flößer“nehmen zu ihrer Jungfernfahrt auch einige Stangen mit, damit sie das Floß notfalls wieder flott machen können, falls es wider Erwarten in ein zu ruhiges Fahrwasser geraten sollte.
Los geht es nun am sogenannten „Schwörmontag“um 16 Uhr, der heuer in Ulm am 23. Juli gefeiert wird. Mit einem Langholzwagen wollen die Männer nach Wiblingen fahren und die tonnenschweren Fichtenstämme bereits frühmorgens an einem ruhigen Anlegeplatz an der Iller über das Ufer hinunterrollen. Danach werden die Stämme mit vereinten Kräften zu einem Floß zusammengebaut. Nach dem „Nabada“wird das Holz von einem Kran wieder aus der Donau geborgen und über die Forstbetriebsgemeinschaft Neu-Ulm vor Ort vermarktet.