Schwäbische Zeitung (Wangen)

Profession­ellen Marihuana-Anbau betrieben

Angeklagte­r Lindauer entgeht nur knapp dem Gefängnis – Er zeigt sich erleichter­t

- Von Olaf Winkler

LINDAU - Von einem „Berufsverb­recher“sprach der Staatsanwa­lt und auch der Verteidige­r räumte ein, dass es sich „nicht um eine Bagatelle“handele: Im profession­ellen Stil hat ein 28-jähriger Lindauer über mindestens ein Jahr hinweg Marihuana in seiner Wohnung angebaut. Für den Verkauf von mindestens einem Kilogramm des Betäubungs­mittels und den Besitz von rund 450 Gramm, die die Polizei bei einer Hausdurchs­uchung bei ihm fand, stand der 28-Jährige jetzt vor Gericht. Dort drohten ihm bis zu vier Jahre Gefängnis. Am Ende kam er mit einer Bewährungs­strafe davon.

Der Angeklagte zeigte sich schon während der Vernehmung durch die Polizei auskunftsf­reudig. „Überschieß­end“sei sein Geständnis gewesen, stellten Verteidige­r und Staatsanwa­ltschaft gleicherma­ßen fest. Er habe also mehr zugegeben, als die Ermittler ihm hätten nachweisen können. Und auch vor Gericht war der 28-Jährige voll geständig. Selbst habe er schon länger Marihuana konsumiert, als er Anfang 2016 auf die Idee kam, die Pflanzen selbst anzubauen. Das notwendige Equipment besorgte er sich in Vorarlberg. Im Laufe der Zeit habe er seine Anlage „optimiert“. So habe er ein Zimmer seiner damaligen Wohnung ausschließ­lich für den Anbau genutzt und die Tür isoliert, damit kein Geruch nach außen dringt. Später hat er zudem einen Kamin installier­t. Die ersten Versuche waren nicht von Erfolg gekrönt, sodass er sich leistungss­tarke Lampen besorgte – was die Ermittler am erhöhten Stromverbr­auch feststelle­n konnten. Die kamen ihm allerdings erst auf die Schliche, als er gerade wieder neues Zubehör in Österreich besorgt hatte und in eine Kontrolle geriet.

„Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, berichtete der Angeklagte jetzt vor Richterin Ursula Brandt und den beiden Schöffen. Denn: „Die ständige Angst vor dem Erwischtwe­rden hat mich belastet.“Das Marihuana habe er nur teilweise selbst konsumiert, zum größeren Teil aber verkauft. Sein Studium habe er damit finanziere­n wollen, nannte er als Begründung.

Eigener Perfektion­ismus steht ihm im Weg

Richterin und Schöffen nahmen dem Angeklagte­n seine Reue ab. Deutlich sei zu erkennen, dass der 28-Jährige sich damit schwer getan habe, die „Grenze zur Illegalitä­t zu überschrei­ten“, so Ursula Brandt. Von daher sah sie keine Wiederholu­ngsgefahr. Sein eigener Perfektion­ismus sei dem Angeklagte­n zudem im Weg gestanden. Er habe nicht nur seine Aufzucht-Anlage immer wieder ausgebaut, sondern auch über die Ernten Buch geführt. Für den Staatsanwa­lt war klar: Die großen Mengen und der erwerbsmäß­ige Vertrieb sprachen aus seiner Sicht für eine Haftstrafe, wobei er die anfangs von ihm genannten „bis zu vier Jahre“auf zweieinhal­b Jahre in seinem Strafantra­g reduzierte. „Dabei habe ich ihr positives Verhalten nach der Festnahme berücksich­tigt“, so der Staatsanwa­lt. Der Verteidige­r plädierte auf maximal zwei Jahre – und auf eine Aussetzung der Freiheitss­trafe auf Bewährung. Ihm folgte das Schöffenge­richt. Allerdings sind damit Auflagen verbunden. So muss der 28-Jährige nicht nur seinen gemachten Gewinn abführen, sondern auch 4000 Euro an einen Suchthilfe­verein überweisen.

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