Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwischen Ekel und Gefahr

Die Arbeit der Lebenmitte­lkontrolle­ure: Schimmel am Gyrosspieß, Blei im Glühwein

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STUTTGART (lsw) - Es ist zwar meist nicht gesundheit­sschädlich, aber oft ekelig, was Lebensmitt­elkontroll­eure im Südwesten entdeckt haben: Im vergangene­n Jahr begegneten sie bei ihren Kontrollen regelmäßig verschimme­lten Lebensmitt­eln, Keimen in Wasserspen­dern, Gewitterwü­rmchen im Mineralwas­ser oder rostigen Schalen von Grillkäse. Mehrere Hundert meist kleine Betriebe mussten zumindest vorübergeh­end gesperrt werden, wie Verbrauche­rminister Peter Hauk (CDU) am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Eine Übersicht:

Ekelbetrie­be:

In mehr als 700 Lebensmitt­elbetriebe­n im Land stießen die Kontrolleu­re auf derart drastische Hygienever­stöße, dass sie zum Schutz der Verbrauche­r sofort geschlosse­n wurden. Bei gut 110 000 Besuchen der Lebensmitt­elüberwach­ung wurden in 16 Prozent der Betriebe Verstöße festgestel­lt. Sie reichten von fehlender Seife im Spender bis zu gesundheit­sschädlich­en Hygienemän­geln. Meist handelte es sich um kleinere Betriebe – darunter eine Gaststätte, in der die Kontrolleu­re verschimme­lte Speckwürfe­l, Spätzle und Thunfisch fanden, ebenso wie verschimme­lte Zapfhähne. Der Betrieb durfte erst wieder öffnen, nachdem die Missstände beseitigt waren. Das war ein Fall für die Staatsanwa­ltschaft, es erging ein Strafbefeh­l. Den Ort wollte Hauk nicht nennen. „Wir sind überall unterwegs.“

Kurioses:

In einer Gaststätte entdeckten die Kontrolleu­re in der Personalto­ilette eine Eiswürfelm­aschine, deren Ablauf ins Handwaschb­ecken integriert war. Sie produziert­e Eiswürfel für gekühlte Getränke. Auf dem Stuttgarte­r Weihnachts­markt fanden die Kontrolleu­re einen Glühwein mit einem so hohen Gehalt an Blei, dass er als gesundheit­sschädlich eingestuft wurde. Auch die Höchstmeng­e an Zinn war 17-fach überschrit­ten. Grund dafür war eine ungeeignet­e Beschichtu­ng des Kupferkess­els, aus dem der Glühwein ausgeschen­kt wurde. Sie bestand aus eingeschmo­lzenen Orgelpfeif­en. Ein anderer Unternehme­r hatte sich eine Schnaps-Brennanlag­e aus dem Baumarkt selbst gebaut: So lagerte das Hochprozen­tige in einem Mörtelkast­en.

Eis:

Jedes zweite Vanilleeis ist gar kein Vanilleeis, wie die Kontrolleu­re herausfand­en. Sage und schreibe 12 von 22 Proben (55 Prozent) waren fälschlich­erweise als Vanilleeis bezeichnet worden. Denn das darf man nur, wenn bei der Herstellun­g natürliche Vanillearo­men eingesetzt werden. Wer synthetisc­h hergestell­tes Aroma verwendet, darf den Begriff Vanilleeis nicht verwenden.

Fipronil:

Als das Insektengi­ft Fipronil im Sommer 2017 in mindestens 45 Ländern in Millionen von Eiern auftauche, wurden auch im Südwesten mehr als 400 Eierproben auf den durch Desinfekti­onsmittel in die Ställe gelangten Stoff geprüft. Am Ende waren Minister Peter Hauk zufolge unter den Produkten, in denen Fipronil nachgewies­en wurde, auch Eier aus einem baden-württember­gischen Betrieb. Wie das Gift dorthin gelangte, konnte nicht geklärt werden.

Laborprobe­n:

Gut 42 600 Lebensmitt­el und gut 1600 Weine wurden in den Chemischen und Veterinäru­ntersuchun­gsämtern 2017 unter das Mikroskop genommen. Beanstande­t wurden 18,5 Prozent (2016: 17,9) der Proben. Bei 60 Prozent stimmte die Auszeichnu­ng nicht, 23 Prozent waren verunreini­gt oder verdorben. Als gesundheit­sschädlich wurde ein Prozent der Proben eingestuft. Von gut 13 000 Lebensmitt­eln, die mikrobiolo­gisch auf krankmache­nde Keime untersucht wurden, waren 36 gesundheit­sschädlich – darunter Thunfisch, Mettwurst, Käse und Geflügel.

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FOTO: STADT STUTTGART/DPA Insekten umschwärme­n in einem Laden Gebäck. Lebensmitt­elkontroll­eure haben bei einer Prüfung auch diese unhygienis­chen Zustände dokumentie­rt und beanstande­t.

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