Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fall Sami A.: Gericht droht Bochum mit Zwangsgeld

Nach umstritten­er Abschiebun­g wächst der Druck

- Von Martin Oversohl und Anne-Béatrice Clasmann

GELSENKIRC­HEN/BERLIN (dpa) Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen setzt die Stadt Bochum nach der umstritten­en Abschiebun­g des Islamisten Sami A. mit einem beispiello­sen Schritt unter Druck. Die Richter haben die Ausländerb­ehörde der Stadt unter Androhung eines Zwangsgeld­es von 10 000 Euro aufgeforde­rt, den nach Tunesien abgeschobe­nen Gefährder spätestens bis nächsten Dienstag nach Deutschlan­d zurückzubr­ingen. Sie halten die Abschiebun­g für grob rechtswidr­ig.

Dass Tunesien einer Ausreise von Sami A. zustimmen würde, gilt aber als sehr unwahrsche­inlich – auch weil die tunesische Justiz wegen Terrorverd­achts gegen den Tunesier ermittelt. In Deutschlan­d konnte dem mutmaßlich­en Ex-Leibwächte­r des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden die Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g bisher nicht nachgewies­en werden.

Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen kritisiert in seinem Beschluss, die Ausländerb­ehörde in Bochum habe „nichts Substanzie­lles unternomme­n“, um Sami A. zurückzuho­len. Es drohte der Stadt auf Antrag des Tunesiers ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 Euro an, sollte Sami A. innerhalb der gesetzten Frist nicht zurückgeho­lt werden.

Bislang seien mit Hilfe des Auswärtige­n Amtes lediglich Anfragen zum Aufenthalt­sort und zur aktuellen Situation von Sami A. an die tunesische­n Behörden gestellt worden sein, bemängelte die Kammer. Das sei nicht genug.

Ein Sprecher des Auswärtige­n Amtes sagte in Berlin, die deutsche Botschaft in Tunis habe von tunesische­r Seite bisher nur die mündliche Auskunft erhalten, „dass es Sami A. den Umständen entspreche­nd gut geht“. Er war nach seiner Abschiebun­g von den tunesische­n Behörden in Gewahrsam genommen worden.

Sami A. war am 13. Juli aus Nordrhein-Westfalen abgeschobe­n worden. Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen hatte am Abend zuvor entschiede­n, dass dies nicht zulässig sei. Der Beschluss war allerdings erst übermittel­t worden, als die Chartermas­chine mit Sami A. bereits in der Luft war. Die Richter verlangen, dass Sami A. nach Deutschlan­d zurückgeho­lt wird, die Stadt Bochum hat Beschwerde dagegen eingelegt.

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FOTO: DPA Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen hat eine Frist zur Rückholung des Tunesiers gesetzt.

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